Auslegungsfragen zu § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG bei Betrieben gewerblicher Art als Schuldner der Kapitalerträge

Nach dem Ergebnis einer Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG, soweit Betriebe gewerblicher Art (BgA) Schuldner der in der Vorschrift genannten Kapitalerträge sind, Folgendes:

A. Allgemeines

1 Durch das Steuersenkungsgesetz (StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BStBl I S. 1428) und das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz (UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BStBl 2002 I S. 35) sind in § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG für juristische Personen des öffentlichen Rechts neue Einkommenstatbestände eingeführt worden.

2 Zu Kapitaleinkünften der Trägerkörperschaft werden qualifiziert

– nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a EStG:

Leistungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit, z. B. Sparkassen und

– nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG:

  • der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit (soweit der Gewinn nicht den Rücklagen zugeführt wird),
  • der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn eines nicht bilanzierenden nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der die in § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG genannte Umsatz- oder Gewinngrenze überschreitet (vgl. auch Rdnrn. 16 bis 18),
  • verdeckte Gewinnausschüttungen,
  • die Auflösung von Rücklagen des BgA zu Zwecken außerhalb des BgA,
  • die Gewinne i. S. d. § 22 Abs. 4 UmwStG und
  • die Gewinne aus Werbesendungen durch inländische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten.

3 Diese Einkunftstatbestände führen nach § 2 Nr. 2 KStG zu einer beschränkten Steuerpflicht mit einer Kapitalertragsteuerbelastung von 15 % (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7b und 7c i. V. m. § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Damit wird die wirtschaftliche Betätigung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unabhängig davon, ob sie in der Form eines BgA oder einer Kapitalgesellschaft ausgeübt wird, im Ergebnis der gleichen Steuerbelastung unterworfen.

4 Die Körperschaftsteuer für diese – dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegenden – Einkünfte ist in der Regel nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch den Steuerabzug abgegolten. Die Kapitalertragsteuer von 15 % ist somit nicht anrechenbar (vgl. aber Rdnrn. 7 und 11). Erfüllt die Trägerkörperschaft des BgA die Voraussetzungen des § 44a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 oder 3 EStG, ist der Kapitalertragsteuerabzug nicht vorzunehmen; bei steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben von steuerbegünstigten BgA richtet sich die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug nach § 44a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 EStG.

2019-01-28-kapitalertragsteuerpflicht-bei-leistungen-eines-betriebs-gewerblicher-art