Hintergrund und Kontext Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 20. November 2024 Stellung zu den Folgen des BFH-Beschlusses vom 12. April 2023 (I B 74/22) genommen. In diesem Beschluss hat der Bundesfinanzhof (BFH) ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 8c Absatz 1 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) geäußert. Das betrifft insbesondere Fälle, in denen Verluste aus einem schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 50 % nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden können.
Was ist passiert? Der BFH hat im Streitjahr 2016 entschieden, dass die Vollziehung von auf § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG gestützten Bescheiden auszusetzen ist, wenn die Anwendung von § 8d KStG aufgrund der gesetzlichen Einschränkungen ausgeschlossen ist. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2017 entschieden, dass der schädliche Beteiligungserwerb von mehr als 25 % bis 50 % mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Dies führte zur Annahme, dass die Regelung zu schädlichen Beteiligungserwerben von mehr als 50 % ähnlich zu bewerten sei.
BMF-Position: Begrenzung der Auswirkungen Das BMF hat jedoch klargestellt, dass der BFH-Beschluss nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist. In Rechtsbehelfsverfahren, die sich auf Beteiligungserwerbe nach dem 31. Dezember 2015 beziehen, wird keine Aussetzung der Vollziehung gewährt. Dies gilt auch dann, wenn die Anwendung von § 8d KStG ausgeschlossen ist.
Argumentation der Finanzverwaltung Das BMF argumentiert, dass durch den ab dem 1. Januar 2016 eingeführten fortführungsgebundenen Verlustvortrag (§ 8d KStG) keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 8c KStG bestehen. Auch wenn der BFH in diesem Punkt anderer Meinung ist, bleibt die Finanzverwaltung dabei, dass der Schutz vor missbräuchlicher Verlustnutzung vorrangig ist.
Handlungsbedarf für Steuerpflichtige
- Für Beteiligungserwerbe nach dem 1. Januar 2016: Keine Aussetzung der Vollziehung, es sei denn, es liegt ein besonderer Ausnahmefall vor.
- Für Beteiligungserwerbe vor dem 1. Januar 2016: In bestimmten Fällen kann eine Aussetzung der Vollziehung gewährt werden, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt und glaubhaft gemacht wird.
Praxisempfehlungen:
- Steuerberater sollten betroffene Mandanten über die beschränkte Anwendbarkeit der BFH-Entscheidung informieren.
- In laufenden Rechtsbehelfsverfahren sollten Anträge auf Aussetzung der Vollziehung sorgfältig begründet werden.
- Unternehmen, die von der Regelung betroffen sind, sollten prüfen, ob ihre Beteiligungsstruktur unter die kritischen Bestimmungen fällt.
Fazit Die Entscheidung des BFH bringt Hoffnung für Steuerpflichtige, die unter den Verlustabzugsbeschränkungen leiden. Das BMF begrenzt jedoch die Auswirkungen auf Einzelfälle. Steuerpflichtige und Berater sollten die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Quelle: BMF-Schreiben vom 20. November 2024