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Steuerberater

Kapitalerträge aus dem Ausland vergessen?

Der internationale Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden sorgt zunehmend dafür, dass im Ausland erzielte Kapitalerträge auch den deutschen Finanzämtern bekannt werden.
Doch was passiert, wenn solche Einkünfte versehentlich nicht angegeben werden?
Droht eine Strafverfolgung wegen Steuerhinterziehung, oder kann eine nachträgliche Berichtigung straffrei erfolgen?

Ein aktueller Praxisfall zeigt, worauf es ankommt.


1. Ausgangslage: Vergessene Kapitalerträge aus China

Eine Steuerpflichtige mit Wohnsitz in Deutschland hatte Kapitalanlagen in Hongkong.
Das Finanzamt erhielt im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs (AIA) Daten zu dortigen Zinserträgen und forderte die Steuerpflichtige auf, ihre Einkommensteuererklärungen für 2020 und 2021 zu überprüfen.

Nach anwaltlicher Beratung wurden:

  • für 2022 Zinsen i. H. v. 75.000 € per ELSTER nachträglich erklärt,
  • und für 2020 nachträglich 6.200 € Zinseinnahmen offengelegt.

Für 2021 bestand kein Nachmeldungserfordernis.
Trotz dieser freiwilligen Nachmeldung leitete das Finanzamt ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) ein.


2. Steuerlich: Pflicht zur Berichtigung nach § 153 AO

Sobald ein Steuerpflichtiger erkennt, dass eine abgegebene Steuererklärung unrichtig oder unvollständig war, ist er nach § 153 Abs. 1 AO verpflichtet, unverzüglich eine Berichtigungserklärung einzureichen.

Wichtig:

  • Diese Pflicht gilt unabhängig vom Verschulden.
  • Die Berichtigung muss aktiv erfolgen, nicht erst auf Nachfrage.
  • Eine rechtzeitige Selbstberichtigung kann strafbefreiend wirken, wenn noch kein Strafverfahren eingeleitet wurde.

Im vorliegenden Fall war die Aufforderung des Finanzamts jedoch bereits auf ausländische Kapitalerträge gestützt – also ein Hinweis, dass der Sachverhalt dem Amt bereits bekannt war. Damit war der Weg zu einer straffreien Selbstanzeige weitgehend versperrt.


3. Strafrechtlich: Vorsatz als entscheidender Faktor (§ 370 AO)

Eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung setzt Vorsatz voraus – also das Wissen und Wollen einer unrichtigen Steuererklärung.

Das bedeutet:

  • Wer Zinseinkünfte bewusst verschweigt, handelt vorsätzlich.
  • Wer sie versehentlich vergisst, nicht.

Die bloße Unkenntnis oder Nachlässigkeit begründet höchstens leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) – ein Ordnungswidrigkeitstatbestand, keine Straftat.

Entscheidend ist, ob das Finanzamt oder die Staatsanwaltschaft den Nachweis führen kann, dass der Steuerpflichtige die Zinseinnahmen bewusst verschwiegen hat.

Im vorliegenden Fall spricht die zeitnahe Nachmeldung nach Bekanntwerden und die nachvollziehbare Begründung („vergessen“) gegen einen Hinterziehungsvorsatz. Allerdings kann eine leichtfertige Steuerverkürzung mit einer Geldbuße bis 50.000 € geahndet werden.


4. Automatischer Informationsaustausch (AIA): Kein „sicherer Hafen“ mehr

Seit 2017 tauschen über 100 Staaten – darunter auch China (bzw. Hongkong) – Finanzdaten von Konten und Kapitalerträgen automatisch aus.
Das bedeutet:

  • Ausländische Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne werden jährlich an das deutsche Finanzamt gemeldet.
  • Spätestens beim Datenabgleich fällt eine Nichtdeklaration auf.

Damit entfällt das Argument, man habe „nicht gewusst“, dass auch ausländische Kapitalerträge steuerpflichtig sind.


5. Was ist jetzt zu tun, wenn Kapitalerträge vergessen wurden?

Schritt 1 – Sofortige Selbstberichtigung

Reichen Sie umgehend eine Berichtigungserklärung nach § 153 AO ein.
Das kann über ELSTER oder über Ihren Steuerberater erfolgen.
Wichtig ist, dass die Erklärung vor Einleitung eines Strafverfahrens eingeht.

Schritt 2 – Offenlegung aller betroffenen Jahre

Prüfen Sie, ob auch weitere Steuerjahre betroffen sind.
Eine Teilselbstanzeige (nur für ein Jahr) kann die Straffreiheit gefährden.

Schritt 3 – Offenlegung vollständiger Angaben

Legen Sie Kontoauszüge, Zinsabrechnungen und Nachweise über Kapitalanlagen vollständig vor – insbesondere bei ausländischen Banken.

Schritt 4 – Nachzahlung und Zinsen

Nachversteuern Sie die Einkünfte einschließlich Hinterziehungszinsen (§ 235 AO).
Die Zinsen betragen 6 % p. a., gerechnet ab dem 15. Monat nach Ablauf des Steuerjahres.

Schritt 5 – Verteidigungsstrategie bei eingeleitetem Verfahren

Ist bereits ein Strafverfahren eröffnet, sollte keine eigenständige Stellungnahme erfolgen.
Dann gilt: Schweigen und sofortige Beauftragung eines Steuerstrafverteidigers.
In vielen Fällen lässt sich durch frühzeitige Kooperation und Zahlung eine Verfahrenseinstellung gegen Auflage (§ 153a StPO) erreichen.


6. Fazit

Das Vergessen von ausländischen Kapitalerträgen kann steuerstrafrechtlich erhebliche Folgen haben – insbesondere seit dem weltweiten Informationsaustausch.
Gleichzeitig gilt: Nicht jeder Fehler ist eine Steuerhinterziehung.

Wenn die Einnahmen versehentlich nicht angegeben, aber nachträglich berichtigt werden, bestehen gute Chancen auf Straffreiheit oder zumindest eine milde Behandlung.

Unser Tipp:
Prüfen Sie regelmäßig alle Auslandskonten, Fonds und Depots.
Bei Unsicherheiten sollten Sie frühzeitig mit Ihrer Steuerberatung über eine vorsorgliche Berichtigung oder Selbstanzeige sprechen – bevor das Finanzamt Sie darauf aufmerksam macht.


Rechtliche Grundlagen:

  • § 153 AO – Berichtigung von Erklärungen
  • § 370 AO – Steuerhinterziehung
  • § 378 AO – Leichtfertige Steuerverkürzung
  • OECD Common Reporting Standard (CRS) – automatischer Informationsaustausch

Nicht umsatzsteuerbare Entnahme und Veräußerung von Ausstellungsstücken

FG Niedersachsen, Urteil vom 03.04.2025 – 5 K 15/24 (rechtskräftig)

Kernaussage:
Die Veräußerung eines zuvor ohne Vorsteuerabzug eingelegten Gegenstands (hier: Fahrzeuge) ist nur dann dem Unternehmensbereich zuzuordnen und damit umsatzsteuerbar, wenn der Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet war und nicht vorher nach außen erkennbar entnommen wurde.
Eine bloße Buchungsnotiz am Verkaufstag reicht nicht. Erforderlich sind objektive Entnahmeindizien vor der ersten Verkaufsbemühung (z. B. erstes Inserat) und eine gewisse Zeitspanne zwischen Entnahme und Verkauf.

Merke: Die maßgebliche Schwelle ist der Zeitpunkt des ersten Verkaufsangebots bzw. der ersten Verkaufsbemühung. Davor muss die Entnahme nach außen sichtbar erfolgt sein – andernfalls gilt die Veräußerung als unternehmerisch und ist umsatzsteuerpflichtig.


1. Sachverhalt in Kürze

  • Unternehmer mit Handel/Vermietung von Kfz/Wohnmobilen; EÜR nach § 4 Abs. 3 EStG.
  • Zwei Fahrzeuge (VW Multivan, Fiat Ducato Womo) aus Privatvermögen ohne Vorsteuerabzug ins Unternehmen eingelegt.
  • Laufende Vorsteuer aus Reparaturen/Betriebskosten geltend gemacht.
  • Späterer Verkauf mit privatem ADAC-Kaufvertrag und ohne USt-Ausweis; interne Buchung „Entnahme ohne USt“ am Tag des Kaufs/Übergabe.
  • FA: kein Nachweis einer vorherigen Entnahme; Verkäufe umsatzsteuerpflichtig.
  • FG: Klage abgewiesen – keine nach außen erkennbare, rechtzeitige Entnahme.

2. Rechtliche Leitplanken

  • Unternehmenszuordnung: Ein Gegenstand wird nur dann unternehmerisch veräußert, wenn er dem Unternehmen zugeordnet war und bis zum Verkauf nicht entnommen wurde.
  • Entnahme (§ 3 Abs. 1b UStG):
    • Bei ohne Vorsteuerabzug eingelegten Gegenständen kann die Entnahme nicht umsatzsteuerbar sein.
    • Aber: Die Entnahme muss objektiv erkennbar und zeitlich vor der Verkaufsbemühung liegen.
  • Beweislast/Indizien:
    • Inserate, Exposés, mobile.de-Anzeigen = Beginn der Verkaufsbemühung.
    • Interne Buchung am Verkaufstag genügt nicht.
    • Fortgeführter Vorsteuerabzug (z. B. Reparaturkosten) spricht gegen eine Entnahme.

3. Was das Gericht konkret verlangt

  1. Zeitliche Trennung: Zwischen Entnahme und Verkauf muss eine gewisse Zeitspanne liegen.
  2. Externe Sichtbarkeit: Entnahme muss nach außen erkennbar sein (z. B. Nutzungsänderung, Dokumentation, Kennzeichnung als Privatvermögen).
  3. Dokumentationssubstanz statt Etikett:
    • „Privater Kaufvertrag“ oder der Wille, keine Rechnung mit USt ausstellen zu wollen, ersetzt keine Entnahme.
  4. Kohärentes Verhalten:
    • Wer nach angeblicher Entnahme weiter Vorsteuer für das Objekt zieht, widerlegt die Entnahme faktisch.
  5. Außenvergleich: Gehört der Handel mit derartigen Gegenständen zum Unternehmensgegenstand, spricht dies für eine Veräußerung aus dem Unternehmen.

4. Praxisfolgen für Unternehmer:innen

  • Verkäufe aus dem Unternehmensvermögen sind regelmäßig umsatzsteuerpflichtig (Regelsteuersatz), auch wenn bei Einlage kein Vorsteuerabzug stattfand.
  • Eine nicht steuerbare Entnahme setzt vorherige, nachweisbare und extern erkennbare Entnahmehandlungen voraus – vor dem ersten Inserat/Angebot.
  • Buchung am Verkaufstag, privater Kaufvertrag oder kein USt-Ausweis genügen nicht als Entnahmenachweis.

5. Checkliste „Saubere Entnahme vor Verkauf“

Setzen Sie – vor dem ersten Verkaufsangebot – folgende Schritte:

  1. Entnahmebeschluss (intern, datiert, unterschrieben):
    • Begründung (z. B. künftig private Nutzung, Entnahme zum Zeitwert).
  2. Belegnachweis Entnahmezeitpunkt:
    • Anlagenverzeichnis: Umbuchung „Betriebsvermögen → Privatvermögen“ mit Zeitwert.
    • Inventar-/Nutzungsnachweis (z. B. Kilometerstand, Standortwechsel, Versicherungs-/Kennzeichenwechsel, Privatgaragenvertrag).
  3. Vorsteuer-Stoppschild:
    • Ab Entnahme keine Vorsteuer mehr aus laufenden Kosten ziehen.
  4. Beweis der Privatnutzung:
    • z. B. Privat-Haftpflicht/Versicherung umstellen, Privatkosten buchen.
  5. Erst danach:
    • Inserat/Angebot auf mobile.de & Co.
    • Wenn späterer Verkauf, dann privater Kaufvertrag ohne USt ist folgerichtig.

Tipp: Dokumentieren Sie den Entnahmezeitwert nachvollziehbar (Marktpreisgutachten, Vergleichsangebote). So vermeiden Sie Diskussionen zum Ertragsteuerteil (Entnahmegewinn).


6. Häufige Fehler (und wie Sie sie vermeiden)

  • Fehler: Entnahme am Verkaufstag buchen.
    Besser: Entnahme vor dem ersten Inserat, mit externen Nachweisen.
  • Fehler: Weiterhin Vorsteuer aus Reparaturen nach angeblicher Entnahme.
    Besser: Nach Entnahme konsequent keine Vorsteuer mehr; Kosten privat führen.
  • Fehler: Nur „privater Kaufvertrag“ als Beleg.
    Besser: Vollständige Entnahmedokumentation + zeitlicher Abstand zum Angebot.
  • Fehler: Unternehmensgegenstand umfasst Handel mit diesen Gütern, aber Verkauf wird als „privat“ deklariert.
    Besser: Prüfen, ob Überführung ins Privatvermögen tatsächlich gerechtfertigt und dokumentiert ist.

7. Fazit

Eine nicht umsatzsteuerbare Entnahme erfordert mehr als eine Buchungszeile:
Sie braucht vorverlagerte, nach außen erkennbare Schritte und einen zeitlichen Abstand zum Verkauf.
Fehlt es daran – oder fließen nach der Entnahme weiterhin Vorsteuerbeträge – wird die Veräußerung dem Unternehmen zugerechnet und ist umsatzsteuerpflichtig.


8. Handlungsempfehlung für die Praxis

  • Planen Sie den Verkauf von Ausstellungsstücken/Fuhrpark?
    Entnahmeprozess rechtzeitig starten, sauber dokumentieren, vor dem ersten Inserat.
  • Stimmen Sie Entnahme, Ertragsteuerfolgen (Entnahmegewinn) und USt-Thematik mit Ihrer Steuerberatung ab.
  • Für wiederkehrende Fälle (z. B. Fahrzeugwechsel) lohnt sich ein kanzleiweiter SOP/Leitfaden mit Mustern (Entnahmebeschluss, Checkliste, Nachweisvorlagen).

Fundstelle: FG Niedersachsen, Urteil vom 03.04.2025 – 5 K 15/24 (rechtskräftig)

DStV-Präsident Lüth appelliert an Gesetzgeber: „Praxistauglichkeit statt Tempo um jeden Preis“

48. Deutscher Steuerberatertag in Den Haag: Unabhängigkeit, Bürokratieabbau und faire Gesetzgebungsverfahren im Fokus

DStV, Mitteilung vom 20.10.2025


Unabhängigkeit des Berufsstands als unverrückbarer Grundpfeiler

Mit klaren Worten eröffnete DStV-Präsident StB Torsten Lüth den 48. Deutschen Steuerberatertag in Den Haag. In seiner Eröffnungsrede forderte er die Wahrung der Unabhängigkeit des Berufsstands, praxistaugliche Gesetzgebung und einen spürbaren Abbau von Bürokratie.

Lüth betonte, dass das Fremdbesitzverbot nicht aufgeweicht werden dürfe. Die Verantwortung der Steuerberater:innen gelte dem Mandantenwohl, nicht den Renditeerwartungen externer Investoren:

„Die für den Mandanten beste steuerliche Lösung darf nicht von kurzfristigen Renditeerwartungen eines Investors diktiert werden.“

Auch im digitalen Wandel sieht Lüth den Berufsstand gut aufgestellt – ganz ohne Private-Equity-Beteiligung:

„Wir stehen für Transparenz, Unabhängigkeit – und einen starken Berufsstand. Mischen Sie sich ein – zeigen Sie Haltung!“


Modernisierung der Steuerberaterprüfung gefordert

Ein weiteres zentrales Thema seiner Rede war die Reform der Steuerberaterprüfung. Lüth forderte eine Modernisierung des Prüfungsverfahrens, ohne die hohe fachliche Qualität zu gefährden.

Seine Vorschläge:

  • Modulprüfungen statt Blockprüfung,
  • mehr Flexibilität für Berufseinsteiger:innen,
  • Lockerung des Fakultätsvorbehalts und
  • mehr Wiederholungsmöglichkeiten.

„Das Prüfungsverfahren gehört auf den Prüfstand. Die Qualität steht nicht zur Disposition“, so Lüth.


Kritik an Express-Gesetzgebung

Deutliche Kritik übte der DStV-Präsident an der aktuellen Gesetzgebungspraxis. Gesetzgebungsverfahren liefen zunehmend unter zeitlich unrealistischen Bedingungen, wodurch eine seriöse Beteiligung der Fachverbände kaum möglich sei.

„Wir brauchen faire Fristen – sonst zahlen Qualität und Praxis den Preis!“

Die Folge der „Express-Gesetze“: mangelhafte Qualität, Rechtsunsicherheit und zusätzlicher Bürokratieaufwand. Lüth forderte daher eine Rückkehr zu sorgfältiger und praxisnaher Gesetzgebung.


Bürokratieabbau bleibt dringend notwendig

Trotz politischer Zusagen sieht der DStV bislang kaum Fortschritte beim Bürokratieabbau. Sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene müssten Verfahren vereinfacht und Verwaltungsaufwand reduziert werden.

Lüth nannte als Beispiele:

  • konsequente Umsetzung des Once-Only-Prinzips,
  • Einführung einer Rentenabzugsteuer,
  • und mehr steuerliche Pauschalierungen.

„Bürokratieabbau darf kein Lippenbekenntnis bleiben – die Entlastung muss endlich in der Praxis ankommen.“


Europa braucht Kooperation – ohne Preisgabe von Grundwerten

Der DStV engagiert sich auch auf europäischer Ebene aktiv für die Interessen des Berufsstands. Als Mitglied der Dachverbände ETAF und EFAA arbeitet der Verband an der frühzeitigen Mitgestaltung europäischer Gesetzgebung.

Für Lüth steht fest:

„Europa ist keine Frage des Ob, sondern des Wie. Kooperation ja – aber ohne Preisgabe berufsständischer Grundwerte.“

Einen besonderen Höhepunkt der Veranstaltung bildete die Keynote von Jean Asselborn, Luxemburgs Außenminister a. D., der mahnte:

„Die Demokratie ist kein Perpetuum mobile. Wir müssen um sie kämpfen!“


Ausblick: Steuerberatertag 2026 in Bonn

Nach einem abwechslungsreichen Fachprogramm und intensiven Diskussionen blickt der Berufsstand bereits voraus: Vom 4. bis 6. Oktober 2026 findet der 49. Deutsche Steuerberatertag in Bonn statt.


Quelle:
Deutscher Steuerberaterverband e. V. (DStV), Mitteilung vom 20.10.2025

Steuerbefreiung von Überstundenzuschlägen bringt kaum Entlastung

Neue WSI-Studie: Beschäftigte mit niedrigeren Einkommen gehen weitgehend leer aus

Hans-Böckler-Stiftung, Mitteilung vom 17.10.2025


Hintergrund

Nach den Plänen der schwarz-roten Koalition sollen künftig Überstundenzuschläge unter bestimmten Bedingungen steuerfrei gestellt werden. Ziel der Regelung ist es, Mehrarbeit steuerlich zu begünstigen und so Anreize für zusätzliche Arbeitsstunden zu schaffen.

Eine aktuelle Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt nun jedoch: Der Effekt der Steuerbefreiung ist äußerst gering – sowohl was die Zahl der Begünstigten als auch die finanzielle Entlastung betrifft.


Nur 1,4 % der Beschäftigten profitieren

Laut der auf Daten des Statistischen Bundesamtes basierenden Studie könnten nur etwa 1,4 % aller Beschäftigten von der geplanten Steuerbefreiung profitieren.
Im Durchschnitt ergibt sich damit eine monatliche Steuerersparnis von lediglich 0,87 Euro, die mittlere Entlastung liegt sogar nur bei 0,31 Euro pro Monat.

Besonders deutlich zeigt sich die ungleiche Verteilung:

  • Vollzeitbeschäftigte: profitieren mit 2,4 % am häufigsten,
  • Teilzeitkräfte: nur 0,2 %,
  • geringfügig Beschäftigte: gehen vollständig leer aus.

Frauen besonders benachteiligt

Frauen sind laut Studie überproportional von der Regelung ausgeschlossen, da sie häufiger in Teilzeit arbeiten.
Nur 0,5 % der Frauen könnten vom Steuerbonus profitieren – bei Männern sind es 2,2 %.

Auch die Entlastungshöhe unterscheidet sich deutlich:

  • Männer: Ø 1,46 € steuerfrei pro Monat,
  • Frauen: Ø 0,23 € steuerfrei pro Monat.

Studienautor Dr. Malte Lübker sieht darin einen klaren Hinweis auf eine mittelbare Benachteiligung von Frauen: Das Vollzeiterfordernis führe faktisch zu einer systematischen Ungleichbehandlung.


Ungleichheit in der Einkommensverteilung

Rund 95 % des Entlastungsvolumens kämen laut Studie Beschäftigten aus der oberen Hälfte der Einkommensverteilung zugute.
Für Arbeitnehmer:innen mit einem Bruttomonatsverdienst unter 3.041 € liegt die durchschnittliche Steuerersparnis bei gerade einmal 3 Cent pro Monat, während das oberste Zehntel der Einkommen durchschnittlich 1,18 € mehr im Monat hätte.

WSI-Direktorin Prof. Dr. Bettina Kohlrausch kritisiert die soziale Schieflage des Vorhabens deutlich:

„Statt eine breite Entlastung zu bewirken, würde von dem Steuerprivileg in erster Linie eine kleine Gruppe profitieren, die ohnehin überdurchschnittlich verdient. Das trägt weiter zur Ungleichheit in der Gesellschaft bei.“


Kritik von Expert:innen und Wissenschaftlichem Beirat

Auch der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hatte die geplante Steuerbefreiung bereits kritisiert. Neben der geringen Entlastung warnten die Expert:innen vor zusätzlicher steuerlicher Komplexität und Bürokratiekosten für Arbeitgeber und Finanzverwaltung.

Die neue WSI-Studie zeigt zudem: Der tatsächliche Steuerbonus pro Überstunde dürfte mit durchschnittlich 1,35 Euro noch deutlich geringer ausfallen als bislang angenommen. Für Beschäftigte mit niedrigen Einkommen liegt die Entlastung sogar nur bei 0,39 Euro pro steuerbegünstigter Überstunde.


Handlungsbedarf liegt woanders

Statt Steuerprivilegien für eine kleine Beschäftigtengruppe zu schaffen, sieht das WSI dringenden Reformbedarf bei der Arbeitszeiterfassung:
Mehr als die Hälfte aller geleisteten Überstunden wird derzeit weder bezahlt noch durch Freizeit ausgeglichen. Nach Berechnungen des Instituts haben sich inzwischen rund 500 Millionen Überstunden auf Arbeitszeitkonten angesammelt – im Gegenwert von rund 9,5 Milliarden Euro.

„Ob ein Überstundenzuschlag steuerfrei bleibt oder nicht, ist für viele Beschäftigte zweitrangig“, so Lübker. „Wichtiger ist, dass Überstunden überhaupt erfasst, vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen werden.“


Quelle

Hans-Böckler-Stiftung, Pressemitteilung vom 17.10.2025
WSI Policy Brief Nr. 93, Oktober 2025: „Steuerliche Freistellung von Überstundenzuschlägen – Geringe Entlastung und problematische Verteilungswirkungen“

Besteuerung von Streubesitzdividenden bei Familienstiftungen

FG Hamburg bestätigt Beschränkung des Werbungskostenabzugs

FG Hamburg, Urteil vom 27.06.2025 – 5 K 9/25 (rechtskräftig), Mitteilung vom 17.10.2025


Hintergrund

Das Finanzgericht Hamburg hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine Familienstiftung, die Streubesitzdividenden erzielt, Werbungskosten in vollem Umfang oder nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags geltend machen kann.

Im Streitfall erzielte die Klägerin – eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige, nicht steuerbefreite Familienstiftung – Einkünfte aus Kapitalvermögen, darunter Aktiendividenden, Zinserträge, Fondsausschüttungen und Veräußerungsgewinne. Die Stiftung machte Aufwendungen für Vermögensverwaltung, Büro, Personal und Beratung als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ließ diese nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG) zu.

Die Stiftung begehrte den vollständigen Abzug der Werbungskosten, soweit sie im Zusammenhang mit Streubesitzdividenden im Sinne des § 8b Abs. 4 KStG standen.


Entscheidung des FG Hamburg

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Nach Auffassung des Senats sind Werbungskosten einer Familienstiftung, die mit Streubesitzdividenden in Zusammenhang stehen, bei der Einkommensermittlung nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags zu berücksichtigen.

Kernaussagen des Urteils:

  1. Einkünfte aus Kapitalvermögen:
    Streubesitzdividenden führen bei Familienstiftungen zu Einkünften nach § 20 EStG. Die Gewerblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 2 KStG greift nicht, da die Stiftung nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 KStG, sondern unter Nr. 4 fällt.
  2. Abzugsbeschränkung:
    Nach §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 10 Satz 1 KStG i. V. m. § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG können Werbungskosten nur im Umfang des Sparer-Pauschbetrags berücksichtigt werden. Eine teleologische Reduktion oder Ausnahme für Stiftungen ist nicht vorgesehen.
  3. Abgrenzung zu § 8b KStG:
    § 8b Abs. 5 KStG betrifft ausschließlich Betriebsausgaben, nicht aber Werbungskosten. Da § 8b Abs. 4 Satz 7 KStG Streubesitzdividenden von der Anwendung dieser Vorschrift ausnimmt, ergibt sich hieraus kein weitergehender Werbungskostenabzug.
  4. Verfassungsmäßigkeit:
    Das Gericht sieht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG auf Familienstiftungen.
    Es liege weder ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip vor.

Das Urteil ist rechtskräftig.


Bewertung und Praxisfolgen

Mit dieser Entscheidung stellt das FG Hamburg klar:
Auch Familienstiftungen, die als Kapitalanleger auftreten, können Werbungskosten im Zusammenhang mit Streubesitzdividenden nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags (801 € bzw. 1.602 € bei Zusammenveranlagung) geltend machen.

Für Stiftungen bedeutet das:

  • Verwaltungskosten, Depotgebühren oder Beratungskosten, die mit solchen Dividenden in Zusammenhang stehen, können nicht voll abgesetzt werden.
  • Nur wenn eine Beteiligung von mehr als 10 % an der ausschüttenden Gesellschaft besteht, greift die Regelung des § 8b Abs. 1 und Abs. 5 KStG – dann wären die Dividenden zwar steuerfrei, aber auch 5 % der Erträge pauschal nicht abziehbar.

In der Praxis sollten Familienstiftungen ihre Kapitalanlage- und Beteiligungsstruktur regelmäßig steuerlich überprüfen, um die Zuordnung der Aufwendungen und die steuerliche Abzugsfähigkeit optimal zu gestalten.


Quelle:
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 27.06.2025 – 5 K 9/25 (rkr), Mitteilung vom 17.10.2025, FG Hamburg Newsletter 3/2025

Bundesrat warnt vor erheblichen Steuerausfällen

Mitteilung des Bundesrats vom 17. Oktober 2025


Steueränderungsgesetz 2025: Länder und Kommunen schlagen Alarm

Mit einer ausführlichen Stellungnahme hat sich der Bundesrat zum geplanten Steueränderungsgesetz 2025 positioniert.
Das umfangreiche Gesetzespaket der Bundesregierung sieht zahlreiche steuerliche Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger vor – darunter insbesondere die dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer in der Gastronomie.

Die Länderkammer warnt jedoch eindringlich vor den finanziellen Folgen für Länder und Gemeinden.


Länder befürchten Mindereinnahmen von über 12 Milliarden Euro

Nach Berechnungen des Bundesrats würde das Entlastungspaket zu erheblichen Steuerausfällen führen:

  • Länder: rund 11,2 Milliarden Euro weniger Einnahmen
  • Gemeinden: etwa 1,4 Milliarden Euro weniger Einnahmen

Da Bund, Länder und Gemeinden sich die Steuereinnahmen teilen, müssten letztere die Hälfte der Mindereinnahmen tragen.

Der Bundesrat erinnert daran, dass Länder und Kommunen bereits durch steigende Ausgaben in Bereichen wie Bildung, Betreuung, Gesundheit, Digitalisierung, Integration, Klimaschutz und innere Sicherheit stark belastet sind. Das Einnahmenwachstum halte mit dem Ausgabenanstieg nicht Schritt – die geplanten Entlastungen würden die Finanzlage weiter verschärfen.


Forderung nach Kompensation durch den Bund

Die Länder fordern daher, dass der Bund dauerhafte und umfassende Ausgleichsmaßnahmen bereitstellt. Nur so könne die Handlungsfähigkeit der Länder- und Gemeindehaushalte gewährleistet bleiben.

Ohne Kompensation drohe eine weitere Einschränkung öffentlicher Leistungen auf kommunaler Ebene.


Digitale Zahlungspflicht in der Gastronomie gefordert

Ein weiterer Vorschlag des Bundesrats betrifft die Gastronomie:
Restaurants und Cafés sollen künftig verpflichtend eine gängige digitale Zahlungsmöglichkeit (z. B. EC- oder Kreditkarte) anbieten müssen.

Dies könne, so die Argumentation, zur Steuerehrlichkeit beitragen und dabei helfen, Umsatzsteuerausfälle zu reduzieren.


Bundesregierung plant dauerhafte Senkung der „Gastrosteuer“

Die Bundesregierung plant, den Umsatzsteuersatz für Speisen in der Gastronomie ab dem 1. Januar 2026 dauerhaft von 19 % auf 7 % zu senken.
Davon ausgenommen bleiben Getränke.

Von der Reduzierung sollen auch profitieren:

  • Bäckereien und Metzgereien,
  • der Lebensmitteleinzelhandel,
  • Catering-Unternehmen sowie
  • Anbieter im Bereich der Kita-, Schul- und Krankenhausverpflegung.

Laut Bundesregierung führt die Maßnahme zu einer jährlichen Entlastung von rund 3,6 Mrd. Euro für Betriebe und Verbraucher.


Weitere Entlastungsmaßnahmen: Entfernungspauschale & Mobilitätsprämie

Ebenfalls zum 1. Januar 2026 sollen folgende Änderungen in Kraft treten:

  • Erhöhung der Entfernungspauschale auf 38 Cent pro Kilometer ab dem ersten Kilometer (bisher ab dem 21. Kilometer) → geschätzte Entlastung: 1,1 Mrd. Euro
  • Dauerhafte Verlängerung der Mobilitätsprämie für Geringverdiener

Damit will die Bundesregierung Pendlerinnen und Pendler gezielt entlasten und die Mobilität im ländlichen Raum fördern.


Stärkung des Ehrenamts: Erweiterte Haftungsprivilegien

Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf Verbesserungen im Vereinsrecht.
Ehrenamtlich Tätige sollen künftig besser haftungsrechtlich abgesichert werden. Ziel ist es, mehr Menschen zu motivieren, sich in Vereinen zu engagieren, und die gesellschaftliche Anerkennung des Ehrenamts weiter zu stärken.


Nächste Schritte im Gesetzgebungsverfahren

Die Stellungnahme des Bundesrats wurde an die Bundesregierung weitergeleitet.
Als nächstes befasst sich der Bundestag mit dem Gesetzentwurf. Nach der parlamentarischen Beratung wird das Gesetz erneut dem Bundesrat vorgelegt, der abschließend über seine Zustimmung entscheidet.


Fazit

Der Entwurf des Steueränderungsgesetzes 2025 zeigt:
Die Bundesregierung will Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen steuerlich entlasten – doch die finanzielle Lastverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bleibt umstritten.

Die Diskussion um Kompensation, Digitalisierung in der Gastronomie und steuerliche Gerechtigkeit dürfte die politische Agenda in den kommenden Monaten prägen.


Quelle: Bundesrat

Steuerliche Neuerungen in den Startlöchern

DStV-Mitteilung vom 16. Oktober 2025


Reformherbst 2025: Bewegung in der Steuerpolitik

Der Herbst 2025 markiert den Auftakt zu einer Reihe bedeutender steuerlicher und berufsrechtlicher Reformen. Wie der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) mitteilt, hat sich die Regierungskoalition auf mehrere zentrale Projekte verständigt, die sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch Steuerberaterinnen und Steuerberater direkt betreffen werden.

DStV-Präsident StB Torsten Lüth nutzte die Gelegenheit, sich frühzeitig mit führenden Mitgliedern des Bundestages über die anstehenden Änderungen auszutauschen. Zu den Gesprächspartnern zählten unter anderem MdB WP/StB Fritz Güntzler (CDU/CSU), MdB Frauke Heiligenstadt (SPD) sowie MdB StB Prof. Dr. Matthias Hiller (CDU/CSU, Finanzausschuss).


Steueränderungsgesetz und Aktivrente: Neue Impulse für Arbeitnehmer

Der Regierungsentwurf des Steueränderungsgesetzes 2025 ist inzwischen im Bundestag eingegangen. Ein zentrales Element des angekündigten „Arbeitnehmerpakets“ ist die geplante Aktivrente, auf die sich die Koalition nach längeren Verhandlungen geeinigt hat.

Torsten Lüth begrüßte die zügige Umsetzung nach der Sommerpause, mahnte jedoch zugleich an, Freie Berufe und Gewerbetreibende stärker einzubeziehen. Viele Selbstständige hätten großes Interesse an steuerlich geförderten Modellen zur Altersvorsorge, betonte er.

Auch bei der geplanten Steuerfreiheit von Überstundenzuschlägen sieht der DStV-Präsident noch Klärungsbedarf. Offene Fragen aus der Beratungspraxis müssten vor der Einführung sorgfältig geprüft werden, um Fehlanreize und Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden. Eine wohlüberlegte Umsetzung sei wichtiger als ein schneller politischer Erfolg.


Änderungen im Steuerberatungsgesetz: Schutz der Unabhängigkeit des Berufsstands

Besonders im Fokus der Gespräche standen die geplanten Anpassungen des Berufsrechts der Steuerberaterinnen und Steuerberater. Der aktuelle BMF-Referentenentwurf zum Neunten Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) wird vom DStV grundsätzlich positiv bewertet.

Lüth lobte das Ziel des BMF, der zunehmenden Marktdurchdringung durch Private-Equity-Investoren entgegenzuwirken. Diese drängen seit einiger Zeit – teils über Beteiligungsgesellschaften mit Sitz in Luxemburg – in den deutschen Steuerberatungsmarkt. Nach Einschätzung des DStV gefährden solche Kapitalbeteiligungen den Grundsatz der Unabhängigkeit der steuerlichen Beratung.

„Unternehmen und Verbraucher sind auf eine unabhängige, sachorientierte Steuerberatung angewiesen – nicht auf renditegetriebene Beteiligungsmodelle“, so Lüth. Er appellierte an die Bundestagsabgeordneten, die BMF-Initiative zum Schutz der Unabhängigkeit des Berufsstands aktiv zu unterstützen.


Fazit: Reformen mit Augenmaß gefragt

Die politischen Gespräche zeigen, dass die kommenden Monate entscheidend für die steuerliche und berufliche Weichenstellung in Deutschland sein werden. Während die Aktivrente und das Arbeitnehmerpaket neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen könnten, bleibt für die Steuerberaterbranche die Sicherung der beruflichen Unabhängigkeit von zentraler Bedeutung.

Der DStV wird den Gesetzgebungsprozess weiterhin eng begleiten – mit dem Ziel, praxisgerechte und rechtssichere Lösungen zu fördern.


Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.

Weiterführung der Konsultationsvereinbarung zu Artikel 15 Absatz 4 DBA-Schweiz bis Ende 2027

BMF-Schreiben vom 16. Oktober 2025 – IV B 2 – S 1301-CHE/01452/001/074
Veröffentlicht im Bundessteuerblatt Teil I


Hintergrund: Grenzüberschreitende Arbeit zwischen Deutschland und der Schweiz

Das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und der Schweiz vom 11. August 1971 regelt unter anderem die Besteuerung von Einkünften aus unselbständiger Arbeit. Nach Artikel 15 Absatz 4 DBA-Schweiz betrifft dies insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Rahmen von Homeoffice oder Telearbeit in einem der beiden Staaten tätig sind, während ihr Arbeitgeber im anderen Staat ansässig ist.

Um die praktische Anwendung dieser Regelung in Zeiten zunehmender grenzüberschreitender Telearbeit zu erleichtern, hatten die zuständigen Behörden beider Staaten im April 2023 eine Konsultationsvereinbarung geschlossen. Diese sollte ursprünglich vorübergehend gelten, um steuerliche Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Zuteilung des Besteuerungsrechts zu vermeiden.


Weiterführung bis zum 31. Dezember 2027

Mit dem neuen BMF-Schreiben vom 16. Oktober 2025 haben Deutschland und die Schweiz beschlossen, die bestehende Konsultationsvereinbarung vom 6. April 2023 bis zum 31. Dezember 2027 weiterzuführen.

Damit bleibt die bisherige Regelung zur Aufteilung des Besteuerungsrechts für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unverändert in Kraft. Eine weitere Verlängerung nach 2027 ist nicht ausgeschlossen, sofern sich die zuständigen Behörden beider Staaten darüber einigen.


Bedeutung für Grenzgänger und Arbeitgeber

Für Grenzgängerinnen und Grenzgänger sowie deren Arbeitgeber bedeutet die Verlängerung Planungssicherheit bis Ende 2027.
Konkret bleibt es bei folgenden Grundsätzen:

  • Homeoffice-Tage werden weiterhin so behandelt, dass sie – unter den in der Konsultationsvereinbarung definierten Bedingungen – keine abweichende Besteuerung im Ansässigkeitsstaat auslösen.
  • Unternehmen und Arbeitnehmer können somit eine konsistente steuerliche Behandlung ihrer grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnisse sicherstellen.
  • Gleichzeitig bleiben die Melde- und Nachweispflichten gegenüber den Finanzbehörden unverändert bestehen.

Veröffentlichung und weitere Informationen

Das BMF-Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Das vollständige Dokument finden Sie auf der Homepage des Bundesministeriums der Finanzen:


Fazit

Die Weiterführung der Konsultationsvereinbarung bringt Kontinuität und Rechtssicherheit für die nächsten Jahre.
Gerade in Zeiten zunehmender grenzüberschreitender Homeoffice-Arbeit ist dies ein wichtiger Schritt, um Doppelbesteuerungsrisiken zu vermeiden und bürokratische Hürden für Beschäftigte und Unternehmen zu reduzieren.


Quelle: Bundesministerium der Finanzen, BMF-Schreiben vom 16.10.2025 – IV B 2 – S 1301-CHE/01452/001/074

BFH konkretisiert Grundsätze zur Vermietung von Ferienwohnungen

BFH, Urteil vom 12. August 2025 – IX R 23/24
Pressemitteilung Nr. 65/25 vom 16. Oktober 2025

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung der Vermietung von Ferienwohnungen weiter präzisiert. Das Urteil stärkt die Position von Eigentümer:innen, die ihre Ferienimmobilien ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieten und dabei Verluste erzielen.


1. Hintergrund des Falls

Die Klägerin besaß eine Ferienwohnung in einem bekannten Tourismusort und vermietete diese ab dem Jahr 2016 an Feriengäste. Trotz dauerhafter Vermietungsbereitschaft erzielte sie über mehrere Jahre Verluste.

Das Finanzamt (FA) erkannte die Verluste nur teilweise an. Es vertrat die Auffassung, dass die Klägerin die ortsübliche Vermietungszeit in einigen Jahren zu stark unterschritten habe, sodass keine Einkünfteerzielungsabsicht vorgelegen habe.

Das Finanzgericht (FG) bestätigte diese Sichtweise teilweise – der BFH hob das Urteil nun auf.


2. Die Entscheidung des BFH

Der BFH hat die Grundsätze zur Anerkennung von Vermietungsverlusten bei Ferienwohnungen erneut bestätigt und zugleich konkretisiert:

Wird eine Ferienwohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten, so sind Verluste grundsätzlich steuerlich anzuerkennen, ohne dass eine zusätzliche Überschussprognose erforderlich ist.

Voraussetzung bleibt jedoch, dass die ortsübliche Vermietungszeit nicht erheblich unterschritten wird – konkret:

  • Eine Abweichung um mehr als 25 % gilt als „erheblich“.
  • Maßgeblich ist dabei nicht das einzelne Jahr, sondern ein Zeitraum von drei bis fünf zusammenhängenden Jahren.

Damit hat der BFH klargestellt, dass kurzfristige Schwankungen in der Vermietung – etwa durch Renovierungen, Pandemien oder Marktschwächen – nicht automatisch zu einem steuerlichen Verlust der Anerkennung führen.


3. Konsequenzen für die Praxis

Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung für Eigentümer:innen von Ferienwohnungen:

  • Eine jährliche Einzelbetrachtung der Vermietungsdauer ist nicht zulässig.
  • Entscheidend ist der mehrjährige Durchschnitt (3–5 Jahre).
  • Verluste aus der Vermietung sind steuerlich abzugsfähig, solange die ortsübliche Auslastung langfristig nur geringfügig unterschritten wird.
  • Nur bei einer dauerhaften Unterauslastung oder bei gemischter Nutzung (z. B. Eigennutzung) kann das Finanzamt eine private Veranlassung unterstellen.

Für die Finanzverwaltung bedeutet das Urteil zugleich eine Einschränkung der bisherigen Prüfungsweise, da sie Verluste nicht mehr auf Basis einzelner Jahre verwerfen darf.


4. Beispielhafte Anwendung

Vermietet ein Eigentümer seine Ferienwohnung in einer Region, in der die ortsübliche Vermietungszeit 120 Tage pro Jahr beträgt, so gilt:

  • Eine Vermietung von mindestens 90 Tagen (75 %) im Durchschnitt von drei bis fünf Jahren ist unschädlich.
  • Erst wenn die Vermietung dauerhaft unter 75 % der ortsüblichen Auslastung liegt, prüft das Finanzamt eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht.

5. Fazit

Mit dem Urteil IX R 23/24 hat der BFH erneut zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden und Rechtssicherheit für Ferienwohnungsbesitzer:innen geschaffen.
Die steuerliche Anerkennung von Verlusten bleibt möglich, wenn die Wohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit zur Vermietung bereitgehalten wird.

Wesentlich ist die mehrjährige Betrachtung der Vermietungszeit – nicht die isolierte Jahresauswertung.

Damit stärkt der BFH die steuerliche Planbarkeit und Transparenz für Eigentümer:innen von Ferienimmobilien.


Aktenzeichen: BFH, Urteil vom 12.08.2025 – IX R 23/24
Quelle: Bundesfinanzhof, Pressemitteilung Nr. 65/25 vom 16.10.2025

BFH zur Umsatzsteuerbefreiung für Unterrichtsleistungen selbstständiger Lehrer

BFH, Urteil vom 15. Mai 2025 – V R 23/24

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15. Mai 2025 die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiung von Unterrichtsleistungen selbstständiger Lehrer nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG konkretisiert.
Demnach sind Unterrichtsleistungen steuerfrei, wenn sie persönlich und unmittelbar gegenüber Schülern einer allgemein- oder berufsbildenden Einrichtung erbracht werden und ein vertragliches Verhältnis zum Einrichtungsträger besteht.


1. Hintergrund des Falls

Im Streitfall unterrichtete ein selbstständiger Dozent an einer berufsbildenden Einrichtung.
Er war nicht selbst Träger der Bildungseinrichtung, sondern wurde von dieser beauftragt, Unterrichtsstunden im Rahmen des Lehrplans durchzuführen.

Das Finanzamt unterwarf seine Umsätze der Umsatzsteuer mit der Begründung, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG greife nur, wenn der Lehrer selbst Träger einer anerkannten Bildungseinrichtung sei.

Der BFH folgte dieser engen Auslegung nicht.


2. Die Entscheidung des BFH

Der BFH stellte klar:

Ein selbstständiger Lehrer erbringt eine steuerfreie Unterrichtsleistung, wenn er im Auftrag einer berufsbildenden Einrichtung tätig ist, persönlich die Schüler unterrichtet und ein Rechtsverhältnis zum Einrichtungsträger besteht.

Damit erweitert der BFH den Anwendungsbereich der Umsatzsteuerbefreiung zugunsten freier Lehrkräfte, die im Auftrag von Schulen, Akademien oder Fortbildungsinstituten tätig sind.


3. Rechtliche Grundlage

Die Entscheidung beruht auf der Auslegung von

  • § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG sowie
  • Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie).

Nach diesen Vorschriften sind steuerfrei:

„Unterrichtsleistungen, die von Privatlehrern erteilt werden, sofern sie dem Schul- oder Bildungszweck unmittelbar dienen.“

Der BFH betont, dass die Steuerbefreiung nicht vom Status des Lehrers als Einrichtungsträger abhängt, sondern von der inhaltlichen Ausrichtung und der unmittelbaren Bildungswirkung der Tätigkeit.

Damit folgt das Gericht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der wiederholt auf die Zweckbezogenheit der Bildungsleistung abgestellt hat.


4. Abgrenzung: Wann keine Steuerbefreiung gilt

Die Umsatzsteuerbefreiung greift nicht, wenn

  • der Lehrer keine unmittelbare Unterrichtstätigkeit ausübt (z. B. nur Konzeptarbeit oder Organisation),
  • kein Vertragsverhältnis zum Einrichtungsträger besteht (z. B. Unterbeauftragung durch Dritte), oder
  • der Unterricht nicht unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck dient (z. B. Freizeit- oder Hobbykurse).

In diesen Fällen liegt eine steuerpflichtige sonstige Leistung vor.


5. Bedeutung für die Praxis

Das Urteil schafft Rechtssicherheit für freiberufliche Dozentinnen und Dozenten, insbesondere in der Erwachsenenbildung und der beruflichen Weiterbildung:

  • Steuerfreie Unterrichtsleistungen sind möglich, wenn die Tätigkeit inhaltlich dem Bildungszweck dient und vertraglich direkt mit dem Bildungsträger verbunden ist.
  • Eine eigene Anerkennung als Bildungseinrichtung ist nicht erforderlich.
  • Lehrkräfte sollten ihre Vertragsverhältnisse, Unterrichtsinhalte und Zielgruppen dokumentieren, um die Voraussetzungen der Befreiung im Prüfungsfall nachweisen zu können.

Damit erweitert der BFH den Handlungsspielraum vieler freier Lehrkräfte und Bildungsträger erheblich.


6. Fazit

Der BFH stärkt die steuerliche Stellung selbstständiger Lehrkräfte:

Unterrichtsleistungen an allgemein- oder berufsbildenden Einrichtungen sind umsatzsteuerfrei, wenn sie persönlich erbracht und vertraglich dem Bildungsträger zugeordnet sind.

Das Urteil sorgt für mehr Klarheit bei der Abgrenzung zwischen steuerfreien Bildungsleistungen und steuerpflichtigen Dienstleistungen – und bestätigt eine praxisnahe, europarechtskonforme Auslegung des Umsatzsteuerrechts.


Aktenzeichen: BFH, Urteil vom 15.05.2025 – V R 23/24
Quelle: Bundesfinanzhof