Sachverhalt:
Aus den Gründen:
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der Feststellungsbescheid sei rechtmäßig. Das FA habe die Umsatzsteuer zutreffend mit 19 % aus den Entgelten i. H. von 607.500 Euro mit 115.425 Euro errechnet und hiervon einen Vorsteuerbetrag i. H. von 17.794,66 Euro abgezogen (Umsatzsteuerschuld 97.630,34 Euro). Zudem sei der GmbH ein Umsatzsteuererstattungsanspruch für das Streitjahr i. H. von 270.535,72 Euro durch Verrechnung mit Steuerschulden gewährt worden, der nunmehr vom FA mit dem Feststellungsbetrag zurückgefordert werde.
Der Steuerausweis in den Anzahlungsrechnungen war nicht unberechtigt und daher nicht zu berichtigen
Gegen diese Steuerforderung stehe dem Kläger kein Berichtigungsanspruch aus § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG wegen eines unberechtigten Steuerausweises i. H. von 930.563,38 Euro (Anzahlungen 4.897.702 Euro x 19 %) zu.
Die GmbH habe als Unternehmerin und damit berechtigt Umsatzsteuer für die Anzahlungen in Rechnung gestellt (§ 14c Abs. 2 Satz 2, 2. Alternative UStG). Der GmbH könne die Unternehmereigenschaft nicht abgesprochen werden. Denn trotz der betrügerischen Absicht und der Errichtung eines Schneeballsystems habe von Anfang an die Absicht bestanden – wenn auch durch unzulässige Methoden – Einnahmen zu erzielen. Auch aus Sicht der Anzahlenden habe die GmbH mit ihren Tätigkeit Einnahmen erzielen und damit unternehmerisch tätig sein wollen.
Der ausgewiesene Steuerbetrag ist auch nicht wegen der nicht gelieferten BHKW zu berichtigen
Auch der Berichtigungstatbestand des § 14c Abs. 2 Satz 2, 2. Alternative UStG sei nicht gegeben. Zwar habe die GmbH an ihre Kunden keine Leistungen ausgeführt. Dennoch habe sie keine Umsatzsteuer unberechtigt ausgewiesen. Die in den Anzahlungsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer sei zutreffend. Sie beruhe auf der mit den Anzahlungen der Kunden entstandenen Umsatzsteuer (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). Vorliegend seien alle maßgeblichen Elemente der künftigen Lieferung des jeweiligen BHKW festgelegt gewesen. Wie sich aus den vorliegenden Anzahlungsrechnungen ergebe, seien die BHKW als Kaufgegenstand jeweils mit Seriennummer identifizierbar bezeichnet worden und der Gesamtkaufpreis mit 225.000 Euro ausgewiesen gewesen.
Dass es nicht zur Lieferung der BHKW gekommen sei, sei für die Steuerentstehung irrelevant. Denn sowohl der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlungsrechnung beim anzahlenden Kunden als auch – hier streitgegenständlich – die Steuerentstehung beim Anzahlungsempfänger hängen weder davon ab, ob der Anzahlungsempfänger im Zahlungszeitpunkt die Leistung objektiv erbringen kann noch ob er das will. Auf einen nach außen nicht offengelegten, geheimen Vorbehalt des Anzahlungsempfängers komme es somit nicht an. Entscheidend sei nicht die innere Absicht zur Leistungserbringung, sondern nur die gegenüber den anzahlenden Kunden nach außen geäußerte Absicht zur Leistungserbringung.
Aus der objektivierten Sicht der anzahlenden Kunden bestand im Zeitpunkt der Anzahlung keine Unsicherheit über den Eintritt des Steuertatbestandes
Zur Überzeugung des erkennenden Senats sei im Streitfall nicht anhand objektiver Umstände erwiesen, dass die Kunden der GmbH bei der Anzahlung wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass die Bewirkung der für die Anzahlung versprochenen Leistung unsicher war. Es könne auch nicht von einer missbräuchlichen Gestaltung in einem Umfang ausgegangen werden, der es rechtfertigen würde, die mit den Kunden geschlossenen Verträge als reine Kapitalüberlassung zu qualifizieren. Denn die zivilrechtlichen Vereinbarungen lassen – auch wenn sie Teil eines betrügerischen Schnellballsystems waren- keine im vorgenannten Sinne rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung erkennen, die allein zu dem Zweck erfolgte, einen Steuervorteil zu erlangen.
Unter Würdigung der Gesamtumstände gehe der Senat davon aus, dass sich die Kunden von der GmbH weder wissentlich betrügen ließen, noch erkennen konnten, dass die Lieferung der BHKW aufgrund sonstiger Umstände unsicher war, in dem sie für die (vermeintlichen) Lieferungen Anzahlungen leisteten. Mithin sei durch die Vereinnahmung der von den Kunden geleisteten Anzahlungen Umsatzsteuer entstanden, so dass die GmbH in den Anzahlungsrechnungen Umsatzsteuer zu Recht entsprechend dem gesetzlichen Steuerentstehungstatbestand (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG) und damit nicht – was für die Anwendbarkeit § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG erforderlich sei – „unberechtigt“ ausgewiesen habe.
Keine Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 UStG
Die Bemessungsgrundlage zur Umsatzsteuer sei auch nicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 UStG i.H. von 4.897.702 Euro zu mindern, weil die BHKW nicht geliefert wurden. Vereinbare der Unternehmer eine Anzahlung, ohne die hierfür geschuldete Leistung zu erbringen, komme es erst mit der Rückgewähr der Anzahlung zur Minderung der Bemessungsgrundlage. Vorliegend hätten die Kunden der GmbH ihre Anzahlungen bisher weder ganz noch teilweise zurückerhalten, so dass die Bemessungsgrundlage nicht zu mindern sei.
Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 06.05.2020 zum Urteil 1 K 2617/19 vom 30.01.2020 (rkr)