Berücksichtigung eines Übernahmeverlustes nach § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG

In einem Urteil vom 28. Mai 2020 (Az. 1 K 148/18) hatte der 1. Senat des Finanzgerichts Schleswig-Holstein sich mit diversen Fragen im Zusammenhang mit der (Nicht-)Berücksichtigung von Übernahmeverlusten i. S. d. § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG zu befassen, die bei der Verschmelzung einer GmbH auf das Einzelunternehmen des Klägers entstanden waren.

In seiner Entscheidung stellt der 1. Senat zunächst klar, dass § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG sich auf sämtliche Anteile beziehe, die an der Übernahmeergebnisermittlung teilnähmen. Die Norm sei daher unabhängig davon anwendbar, ob die Anteile an der Kapitalgesellschaft im Privat- oder im Betriebsvermögen gehalten würden. Anschließend legt der Senat dar, dass ein Anteilserwerb vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag auch dann vorliege, wenn der maßgebliche Abtretungsvertrag kalendarisch erst im Zeitraum zwischen dem steuerlichen Übertragungsstichtag und dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages geschlossen werde. Denn insofern sei § 5 Abs. 1 UmwStG zu beachten, dem zufolge der Gewinn des übernehmenden Rechtsträgers auch dann so zu ermitteln sei, als hätte er die Anteile an der übertragenden KapG am steuerlichen Übertragungsstichtag angeschafft, wenn die Anschaffung tatsächlich erst nach diesem Stichtag erfolgt sei. Da für die Berechnung der Fünfjahresfrist die §§ 187 Abs. 1 und 188 Abs. 2 BGB entsprechend gälten, rechne der Übertragungsstichtag als Endtermin für die Frist mit.

Schließlich werde eine – von den Klägern im Streitfall für erforderlich gehaltene – einschränkende Auslegung des § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG weder dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerecht, noch sei sie im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geboten. Selbst wenn § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG in verschiedenen Bereichen (vgl. die sog. Erwerberfälle) überschießende Tendenzen aufweise, so sei zu berücksichtigen, dass solche angesichts der vielgestaltigen denkbaren Gestaltungen der Lebenssachverhalte, die zur Entstehung eines Übernahmeergebnisses gem. § 4 UmwStG führen könnten, wenn überhaupt, dann nur durch sehr komplizierte und kaum handhabbare gesetzliche Regelungen vermieden werden könnten. Die überschießenden Tendenzen seien daher im Vereinfachungsinteresse hinzunehmen, zumal der Steuerpflichtige regelmäßig die Möglichkeit habe, durch Gestaltung des verwirklichten Lebenssachverhalts eine Wahl zwischen verschiedenen Belastungsalternativen zu treffen. Der Gesetzgeber habe daher die Grenzen der ihm eröffneten Typisierungsbefugnis nicht überschritten.

Nachdem die vom 1. Senat zugelassene Revision eingelegt worden ist, ist das Verfahren unter dem Az. III R 37/20 beim BFH anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 29.01.2021 zum Urteil 1 K 148/18 vom 28.05.2020 (nrkr – BFH-Az.: III R 37/20)