Die 42. Zivilkammer für Urheberrecht hat am 20.06.2022 die Berufung des Kreisverbands einer Partei gegen das klagezusprechende Urteil des Amtsgerichts München (Az. 142 C 7805/20) wegen einer Urheberrechtsverletzung mit rechtskräftigem Urteil zurückgewiesen (Az. 42 S 231/21).
Die Beklagte hatte ein Lichtbild des klagenden Berufsfotografen am 30.09.2020 auf ihrem Facebook-Profil veröffentlicht. Hierbei hatte sie einen kleinen Bereich des linken oberen Randes der Aufnahme durch den Schriftzug „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“ überdeckt. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Erfolg.
Das Bild zeigt eine Aufnahme des Aktionskünstlers „bird berlin“, welche am 29.09.2018 im Rahmen einer Protestaktion gegen eine Wahlveranstaltung des Kreisverbandes der beklagten Partei in Nürnberg-Schwabach entstanden war.
Das Amtsgericht München hatte die beklagte Partei verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von insgesamt rund 900 Euro (Schadensersatz sowie Aufwendungsersatz) für die unberechtigte Verwendung des vom Kläger erstellen Lichtbildes zu zahlen. Die Verwendung sei insbesondere nicht von § 50 UrhG im Sinne einer Berichterstattung über Tagesereignisse gedeckt. Auch sei keine gerechtfertigte Verwendung zu Zwecken des Zitats gem. § 51 UrhG gegeben.
Dieses Urteil hat das Landgericht München I nun bestätigt. Die Beklagte hat das Bild zu Unrecht verwendet.
Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG liege nicht vor, so die 42. Zivilkammer. Die Beklagte habe das Lichtbild des Klägers nahezu unverändert übernommen: Das Überschreiben mit dem Schriftzug „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“ führe nicht dazu, dass es in ein neues „Gesamtkunstwerk“ integriert worden sei, als Teil dessen es erscheinen könne.
Die Verwendung sei auch nicht durch die Schrankenbestimmung hinsichtlich der Berichterstattung über Tagesthemen nach § 50 UrhG gedeckt. Zu Recht habe das Amtsgericht in seiner Urteilsbegründung ausgeführt, dass bei einer solchen Berichterstattung die Schilderung einer tatsächlichen Begebenheit und keine Meinungsäußerung im Fokus stünden. Zwar sei nicht nur der nackte Tatsachenbericht privilegiert, sondern auch die den Hintergrund einbeziehende, wertende und kommentierende Reportage, solange die Information über die tatsächlichen Vorgänge noch im Vordergrund stehe. Hier verwende die Beklagte das Bild des Klägers aber nicht, um über die Protestveranstaltung, bei der das streitgegenständliche Lichtbild entstanden ist, zu berichten. Vielmehr versuche sie, die Gegenveranstaltung durch die Überschrift „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“ verächtlich zu machen und dies durch Einbindung des Lichtbildes und des Slogans auf ihrer Facebook-Seite mit Nutzung ihres Logos als eigene Werbung für sich zu nutzen.
Die Beklagte kann sich zur Überzeugung der Kammer zudem nicht auf die Schrankenbestimmungen des § 51a UrhG berufen:
In Abgrenzung zum unzulässigen Plagiat müssen Parodien, Karikaturen und Pastiches wahrnehmbare Unterschiede zum Originalwerk aufweisen. Im hiesigen Fall sei das streitgegenständliche Lichtbild des Klägers in der Verwendung der Beklagten nahezu identisch übernommen worden. Durch die Überschrift „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“, welche das Lichtbild lediglich am linken oberen Eck geringfügig überdecke, seien keine wahrnehmbaren Unterschiede zwischen der Verwendung der Beklagten als möglicher Parodie und dem parodierten Werk zu erkennen.
Aus den gleichen Gründen liege hier auch keine Karikatur oder die Stilfigur des Pastiche vor.
Der Verwendung durch den Beklagten mangele es an Eigenständigkeit. Durch das Hinzufügen der Überschrift über dem Lichtbild finde gerade keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Werk statt, sondern das Werk diene nur als Mittel einer Auseinandersetzung.
Quelle: LG München I, Pressemitteilung vom 20.06.2022 zum Urteil 42 S 231/21 vom 20.06.2022