Besteuerung deutscher Rentner in Portugal – Status des „residente não habitual“ im DBA-Portugal

Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Besteuerung deutscher Rentner in Portugal mit dem Sonderstatus „residente não habitual“ im Lichte des DBA-Portugal (Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Portugal) klarer gefasst worden. Für Mandanten und Berater im Bereich der internationalen Besteuerung gilt es, diese Entscheidung fundiert einzuordnen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen verständlich darzustellen.


1. Hintergrund: „residente não habitual“ (NHR) in Portugal

Portugal bietet seit 2009 das steuerliche Sonderregime des „residente não habitual“ (NHR) an. Dieses zielt primär darauf ab, neu nach Portugal zugezogene Personen steuerlich anzuziehen, indem es für bestimmte ausländische Einkünfte – darunter auch Renten – eine Befreiung oder reduzierte Besteuerung für bis zu zehn Jahre gewährt. Die Befreiung gilt de facto über portugiesisches Steuerrecht, nicht automatisch über das DBA.

Unter dem NHR-Status können ausländische Renteneinkünfte häufig in Portugal entweder nicht besteuert oder mit einem sehr niedrigen Satz belegt werden. Das ist ein attraktiver Vorteil für Personen, die dort ihren steuerlichen Wohnsitz begründen.


2. Doppelbesteuerungsabkommen Portugal–Deutschland

Im DBA-Portugal ist die grundsätzliche Besteuerungszuweisung für Renten in Art. 22 geregelt. Danach liegt das Besteuerungsrecht grundsätzlich beim Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen, also in der Regel bei Portugal, wenn dort der steuerliche Wohnsitz begründet wurde. Art. 22 enthält jedoch eine sogenannte Rückfallklausel („subject-to-tax-clause“) in Abs. 1 Satz 2, die greift, wenn die Einkünfte im Ansässigkeitsstaat tatsächlich keiner Besteuerung unterliegen.

Diese Rückfallklausel ist zentral für die Auslegung des BFH im Urteil vom 03.09.2025 (X R 1/24). Bundesfinanzhof


3. BFH-Entscheidung vom 03.09.2025 (X R 1/24)

Wesentliche Aussagen

  1. Zuweisung nach DBA:
    Rentenzahlungen werden im DBA-Portugal grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat (Portugal) zugewiesen. Ohne Sonderfall würde Portugal das Besteuerungsrecht haben.
  2. Rückfallklausel (Subject-to-Tax-Clause):
    Die Rückfallklausel des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 DBA-Portugal kommt zur Anwendung, wenn die Renten im Ansässigkeitsstaat keiner Besteuerung unterliegen. Dies ist der Fall, wenn der Steuerpflichtige den Status „residente não habitual“ besitzt und Portugal für bis zu zehn Jahre eine Steuerbefreiung für diese Renteneinkünfte gewährt.
  3. Durchgriff auf Deutschland:
    In diesem Fall fällt das Besteuerungsrecht wieder an Deutschland zurück: Deutschland darf die deutschen Rentenzahlungen im Rahmen seiner beschränkten Steuerpflicht nach § 49 EStG besteuern. Damit wird verhindert, dass die Einkünfte weder in Portugal noch in Deutschland besteuert werden („double non-taxation“).
  4. Betroffene Einkünfte:
    Der BFH hat die Entscheidung unter anderem anhand von Renten aus berufsständischen Versorgungswerken getroffen; rechtsformneutral gelten jedoch die Prinzipien auch für andere Renten, soweit sie in Art. 22 erfasst sind.

4. Praktische Konsequenzen für Rentner und Steuerberatung

4.1 Für Personen mit NHR-Status (Antrag vor 01.04.2020)

  • Kein DBA-Steuerprivileg in Portugal: Trotz der steuerlichen Befreiung in Portugal nach dem NHR-Status fällt das Besteuerungsrecht nach dem DBA zurück nach Deutschland, weil die Einkünfte im Ansässigkeitsstaat keiner Besteuerung unterliegen. Deutschland darf diese Renten folglich in Deutschland besteuern.
  • Rechtliche Grundlage: Diese Rückfallregel verhindert eine doppelte Nichtbesteuerung. Das DBA sieht vor, dass das betreffende Einkommen „subject to tax“ sein muss, um der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat zugeordnet zu bleiben.

4.2 Steuerliche Abgrenzung

  • Betrifft zivilrechtlich Steuerpflicht in Deutschland (beschränkt) nach § 49 EStG, da der Steuerpflichtige keinen Wohnsitz mehr in Deutschland hat.
  • Eine tatsächliche Doppelbesteuerung kommt nicht zustande, weil Portugal die Renten im Rahmen des NHR-Status nicht besteuert und Deutschland die Besteuerung übernimmt.

4.3 Nach Ablauf des NHR-Zeitraums

Für Personen, die nach Ablauf des zehnjährigen Zeitraums des NHR-Status weiterhin in Portugal ansässig bleiben, findet grundsätzlich die Standardzuweisung des DBA Anwendung: Portugal hat dann das alleinige Besteuerungsrecht für Renten im Rahmen des Wohnsitzes der Person, sofern dort steuerpflichtig. Dies ist nicht direkt Gegenstand der BFH-Entscheidung, folgt jedoch aus dem DBA-Grundsatz. (Nicht gesondert zitiert, aber DBA-Regelungen entsprechend interpretierbar.)


5. Fazit für Praxis und Mandanten­beratung

  • Der BFH-Entscheidung zufolge führt der NHR-Status nicht zu einer DBA-gerechten Steuerbefreiung in Portugal für deutsche Renten; statt­dessen fällt das Besteuerungsrecht an Deutschland zurück, wenn Portugal die Renten nicht besteuert.
  • Für Mandanten, die mit dem NHR-Status planen, in Portugal zu leben und ihre Renten steuer-günstig zu behandeln, macht diese Entscheidung einen fundamentalen Unterschied im Vergleich zur rein nationalen portugiesischen Steuerbehandlung.
  • Steuerberater sollten in Grenzsachverhalten wie diesem sowohl das staatliche Sonderregime als auch die DBA-Regelungen und die BFH-Rechtsprechung einbeziehen, um Mandanten rechtssichere Planung und umfassende Steuerprognosen zu geben.