BFH: Auftragsprüfung bei Steuerberatern und Ermessensspielraum des Finanzamts

Bundesfinanzhof (BFH) klärt Anforderungen an die Anordnung einer Auftragsprüfung bei Steuerberatern

Mit Urteil vom 20. Oktober 2024 (Az. VIII R 18/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Anordnung einer Auftragsprüfung bei einem Steuerberater grundsätzlich mit der Vermeidung typischer Spannungen begründet werden kann. Dabei bezieht sich der BFH auf seine bestehende Rechtsprechung und konkretisiert die Anforderungen an die Ermessensentscheidung des Finanzamts.

Kernaussagen des Urteils:

  1. Grundsatz der Auftragsprüfung:
    • Die Anordnung einer Auftragsprüfung bei einem Steuerberater kann durch das Finanzamt vorgenommen werden, um potenzielle Spannungen zu vermeiden, die typischerweise im Rahmen der Prüfung eigener Mandanten auftreten können.
  2. Berücksichtigung von Einzelfallumständen:
    • Macht der Steuerberater im Einspruchsverfahren Umstände geltend, die eine Zweckverfehlung der Prüfung nahelegen (z. B. wenn der Steuerberater hauptsächlich im Bezirk des beauftragten Finanzamts tätig ist), muss das Finanzamt diese Umstände prüfen.
    • Das Finanzamt ist verpflichtet, in der Einspruchsentscheidung eine individuelle Ermessensentscheidung zu treffen.
  3. Keine Amtsermittlungspflicht:
    • Das Finanzamt muss solche Umstände nicht von Amts wegen ermitteln. Es liegt in der Verantwortung des Steuerberaters, diese im Einspruchsverfahren vorzubringen.
  4. Ausschluss neuer Tatsachen im Klageverfahren:
    • Umstände, die der Steuerberater erstmalig im Klageverfahren vorbringt, können bei der Überprüfung der Ermessensentscheidung grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden.

Bedeutung für die Praxis:

  • Steuerberater sollten bereits im Einspruchsverfahren umfassend darlegen, warum eine Auftragsprüfung unangebracht sein könnte.
  • Finanzämter sind verpflichtet, eingebrachte Einwände individuell zu prüfen, sind jedoch nicht gehalten, ohne Hinweis des Steuerberaters in dieser Hinsicht von sich aus tätig zu werden.
  • Steuerberater können sich nicht darauf verlassen, dass neue Argumente im späteren Klageverfahren erfolgreich eingebracht werden.

Fazit: Das Urteil stärkt die Position der Finanzverwaltung in Bezug auf die Auftragsprüfung bei Steuerberatern und betont die Bedeutung einer frühzeitigen und vollständigen Darlegung relevanter Umstände durch Steuerberater im Einspruchsverfahren.


Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.10.2024, Az. VIII R 18/21