BFH: Betriebsstätte ist kein Arbeitgeber im Sinne von Doppelbesteuerungsabkommen

📅 BFH-Urteil vom 12.12.2024 – VI R 25/22


Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem vielbeachteten Urteil entschieden, dass eine ausländische Betriebsstätte einer in Deutschland ansässigen, rechtlich selbstständigen Person nicht als Arbeitgeber im Sinne bestimmter Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) gelten kann.

Damit klärt der BFH eine grundlegende Streitfrage zur abkommensrechtlichen Zurechnung des Besteuerungsrechts für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer.


Kernaussage des BFH: Keine Arbeitgebereigenschaft der Betriebsstätte

Laut Urteil des BFH ist eine Betriebsstätte, auch wenn sie organisatorisch eigenständig tätig ist, kein eigenständiger Arbeitgeber im abkommensrechtlichen Sinne, wenn die rechtliche Arbeitgeberstellung bei der inländischen Gesellschaft verbleibt.

Dies gilt insbesondere für die Anwendung der sogenannten 183-Tage-Regel in verschiedenen DBA (z. B. Art. 14 Abs. 2 Buchst. b OECD-MA), wonach das Besteuerungsrecht beim Tätigkeitsstaat verbleibt, wenn die Vergütung von einem dort ansässigen Arbeitgeber gezahlt oder getragen wird.


Betroffene Doppelbesteuerungsabkommen

Das Urteil betrifft explizit die Anwendung folgender DBA-Vorschriften:

  • Art. 14 Abs. 2 Buchst. b:
    • Niederlande (2012/2016)
    • Japan (2015)
    • Großbritannien (2010/2014)
    • Spanien (2011)
    • Australien (2015)
    • Irland (2011/2014)
  • Art. 15 Abs. 2 Nr. 2:
    • Belgien (1967/2010)
  • Art. 15 Abs. 2 Buchst. b:
    • Schweiz (1971/2010)
    • Italien (1989)
    • Dänemark (1995)
    • Kanada (2001)
    • Singapur (2004)
    • Norwegen (1991/2013)
  • Art. XI Abs. 3 Buchst. b:
    • Griechenland (1966)
  • Art. 13 Abs. 4 Nr. 2:
    • Frankreich (1959/2015)

Bedeutung für die Praxis

🔍 Warum ist die Arbeitgeberdefinition so wichtig?

Die Arbeitgebereigenschaft entscheidet im Rahmen der 183-Tage-Regel darüber, welcher Staat das Besteuerungsrecht für Arbeitslohn erhält:

  • Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers (z. B. Deutschland)
    wenn keine Abkommensvoraussetzung für den Tätigkeitsstaat erfüllt ist
  • Tätigkeitsstaat
    wenn der dortige Arbeitgeber die Vergütung zahlt oder wirtschaftlich trägt

📌 Konsequenz des Urteils

Auch wenn ein Arbeitnehmer „faktisch“ für eine ausländische Betriebsstätte tätig ist, führt das allein nicht dazu, dass diese Betriebsstätte im abkommensrechtlichen Sinne als Arbeitgeber gilt.
Die rechtliche Zuordnung bleibt ausschlaggebend – und liegt regelmäßig beim Hauptunternehmen im Ansässigkeitsstaat.


Fazit: Wichtig für Arbeitgeber mit grenzüberschreitenden Einsätzen

Unternehmen, die Mitarbeiter ins Ausland entsenden und dabei auf Betriebsstätten im Tätigkeitsstaat zurückgreifen, können sich nicht allein auf die organisatorische Funktion der Betriebsstätte berufen, um das Besteuerungsrecht zu verlagern.

💡 Tipp: Prüfen Sie bei Auslandseinsätzen sorgfältig, ob abkommensrechtlich ein Arbeitgeberwechsel vorliegt – andernfalls bleibt das Besteuerungsrecht beim Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers.


📌 Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.12.2024 – VI R 25/22


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