Viele vermögende Deutsche zog es in den letzten Jahren nach Großbritannien – auch wegen der dort geltenden Remittance-Basis-Besteuerung, die eine Besteuerung nur für ins Land überführte Auslandseinkünfte vorsah. Doch wer dachte, damit dem deutschen Fiskus dauerhaft zu entkommen, muss sich nun eines Besseren belehren lassen: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine solche Vergünstigung in Deutschland zu einer erweiterten beschränkten Steuerpflicht führen kann (§ 2 AStG).
⚖ Hintergrund: Was ist die Remittance-Basis-Besteuerung?
Bis zum 5. April 2025 galt im Vereinigten Königreich: Wer dort zwar ansässig, aber nicht „domiciled“ war (sog. Non-Dom), musste seine ausländischen Einkünfte nur versteuern, wenn sie ins UK überwiesen wurden (Remittance). Wer Kapitalerträge in Deutschland erzielte und diese in Großbritannien nicht „remittete“, blieb dort steuerfrei – zumindest aus britischer Sicht.
🇩🇪 Deutsche Konsequenz: Erweiterte beschränkte Steuerpflicht
In einem aktuellen Urteil (BFH, IX R 15/23) bestätigt der BFH:
Die britische Remittance-Basis stellt eine steuerliche Vorzugsbehandlung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG dar.
Das bedeutet: Auch wer nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland ist, kann dennoch mit seinen weltweiten Einkünften in Deutschland steuerpflichtig bleiben, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind – insbesondere bei Wohnsitzverlagerung in ein „Niedrigbesteuerungsland“ oder bei Inanspruchnahme ausländischer Steuervergünstigungen.
Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht greift dann für 10 Jahre nach Wegzug aus Deutschland.
💡 Wichtige Tatbestandsmerkmale nach § 2 AStG
- Niedrigbesteuerung: Liegt vor, wenn die Steuerbelastung im Ausland weniger als 2/3 der deutschen Steuer beträgt.
- Vorzugsbesteuerung: Persönliche Steuerprivilegien (z. B. nur für Zugezogene), die einheimischen Steuerpflichtigen nicht offenstehen.
Das BFH-Urteil bejaht eine solche Vorzugsbesteuerung im britischen Remittance-System ausdrücklich – trotz seines historischen Charakters.
🆕 Was gilt ab dem 6. April 2025?
Das Vereinigte Königreich hat den Non-Dom-Status abgeschafft. Stattdessen gilt nun ein neues Modell:
✅ „Foreign Income and Gains Regime“:
- Gilt für Personen, die in den letzten 10 Jahren nicht im UK ansässig waren.
- Für 4 Jahre: vollständige Steuerfreiheit für ausländische Einkünfte – unabhängig von einer Überweisung ins UK.
- Danach: volle Besteuerung aller Einkünfte (weltweit).
Für Bestandsfälle (Non-Doms bis 2024/2025) gibt es Übergangsregelungen, z. B.:
- Repatriierungsbegünstigung mit reduziertem Satz (12 %) für 2025/2026 und 2026/2027.
- Schrittweise Anpassung an das neue Regime.
📌 Praxis-Tipp für Berater und Mandanten
Wenn Sie oder Ihre Mandanten Einkünfte aus Deutschland erzielen und ins Ausland (insbesondere nach Großbritannien) umgezogen sind:
- Prüfen Sie, ob eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach § 2 AStG besteht.
- Prüfen Sie, ob das ausländische Steuermodell eine Vorzugsbesteuerung darstellt.
- Denken Sie an die 10-Jahresfrist nach Wegzug – insbesondere bei Vermögenseinkünften.
💬 Ein falsch verstandener „Steuervorteil“ im Ausland kann im Inland zur verdeckten Steuerpflicht führen. Das Urteil des BFH mahnt zur Sorgfalt bei der internationalen Steuerplanung.
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Quelle:
BFH, Urteil vom 20.12.2023 – IX R 15/23
FG München, Urteil vom 10.08.2022 – 6 K 503/19
§ 2 Außensteuergesetz (AStG)