BFH: Gewinnerzielungsabsicht bei den Einkünften aus § 17 des EStG und Gestaltungsmissbrauch bei gezielter Herbeiführung von Veräußerungsverlusten

Leitsatz

  1. Die auch bei den Einkünften aus § 17 EStG erforderliche Gewinnerzielungsabsicht muss sich auf die gesamte Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Kapitalgesellschaft beziehen. Eine auf den einzelnen veräußerten Geschäftsanteil bezogene Betrachtung ist ausgeschlossen.
  2. Das für einen bestimmten Geschäftsanteil gezahlte Aufgeld (Agio) erhöht die Anschaffungskosten dieses Anteils, auch wenn die Summe aus dem Nennbetrag und dem Agio den Verkehrswert des Anteils übersteigt (sog. Überpari-Emission; Anschluss an das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27.05.2009 – I R 53/08, BFHE 226, 500). Das gilt jedenfalls für Veräußerungen bis zum 31.07.2019.
  3. Die gezielte Herbeiführung eines Verlusts durch die Veräußerung eines GmbH-Geschäftsanteils, dessen Anschaffungskosten aufgrund eines Aufgelds seinen Verkehrswert übersteigen, ist nicht ohne Weiteres rechtsmissbräuchlich i. S. von § 42 der Abgabenordnung.

Quelle: BFH, Urteil IX R 12/22 vom 03.05.2023