Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 12.11.2024, Az. VII R 38/22
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Verbrennung von Erdgas keinen zweiten Verwendungszweck im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) erfüllt, wenn dabei lediglich die Transporteigenschaft des entstehenden Rauchgases genutzt wird.
Leitsatz des Urteils
Die Verbrennung von Erdgas, deren Rauchgas passgenau in einen Produktionsprozess eingebunden ist, erfüllt keinen zusätzlichen Verwendungszweck (Dual-Use), wenn lediglich die Transporteigenschaft des Rauchgases genutzt wird.
Hintergrund
Das Energiesteuergesetz (EnergieStG) regelt die Steuerbefreiung von Energieerzeugnissen, die in einem sogenannten Dual-Use-Prozess verwendet werden, d. h., wenn ein Energieträger zwei unterschiedliche Zwecke erfüllt:
- Verheizen: Erzeugung von Energie (z. B. Wärme).
- Zweiter Verwendungszweck: Direkte Nutzung im Produktionsprozess (z. B. als chemischer Rohstoff).
Im verhandelten Fall setzte ein Unternehmen Erdgas ein, dessen bei der Verbrennung entstehendes Rauchgas gezielt in den Produktionsprozess eingebunden wurde. Das Unternehmen machte geltend, dass das Erdgas aufgrund der Nutzung der Transporteigenschaft des Rauchgases dual verwendet werde, wodurch eine Steuerbefreiung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG in Betracht komme.
Das Finanzamt lehnte dies ab, und der BFH bestätigte die Entscheidung.
Entscheidung des BFH
- Kein zweiter Verwendungszweck durch Transporteigenschaft:
Die Nutzung der Transporteigenschaft des Rauchgases stellt keinen zusätzlichen Verwendungszweck dar, der über das Verheizen hinausgeht. - Fokus auf den Verwendungszweck des Energieträgers:
Entscheidend ist der Zweck, für den das Erdgas als Energieträger eingesetzt wird. Wenn ausschließlich die bei der Verbrennung entstehende Wärme genutzt wird, liegt kein Dual-Use vor. - Keine Steuerbefreiung:
Eine Steuerbefreiung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG kommt nur in Betracht, wenn der Energieträger neben der Erzeugung von Energie auch eine weitere stoffliche Funktion im Produktionsprozess erfüllt.
Bedeutung für die Praxis
- Einschränkung des Dual-Use-Begriffs:
Unternehmen, die Energieträger wie Erdgas einsetzen, müssen sicherstellen, dass ein klarer zweiter Verwendungszweck vorliegt, der über die reine Transporteigenschaft des Rauchgases hinausgeht. - Keine Steuervergünstigung bei reiner Wärme- oder Transporteigenschaft:
Die Steuerbefreiung nach § 51 EnergieStG setzt eine zusätzliche stoffliche oder chemische Nutzung voraus. - Klarstellung für Produktionsprozesse:
Unternehmen, die Rauchgase in ihre Produktionsprozesse integrieren, sollten prüfen, ob diese Integration tatsächlich eine stoffliche Nutzung darstellt, oder ob lediglich die Energie- oder Transporteigenschaft genutzt wird.
Fazit
Das Urteil des BFH schränkt den Anwendungsbereich der Steuervergünstigungen für Dual-Use-Prozesse ein. Unternehmen, die Erdgas oder andere Energieträger in ähnlicher Weise nutzen, sollten ihre Prozesse steuerlich neu bewerten, um mögliche Risiken bei der Energiesteuer zu vermeiden.
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