BFH: Kein Vertrauensschutz bei rechtsmissbräuchlicher Nutzung von Einfuhrkontingenten

Urteil vom 14.01.2025 – VII R 8/21

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 14. Januar 2025 (Az. VII R 8/21) klargestellt: Wer Einfuhrlizenzen missbräuchlich nutzt, kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen – selbst wenn die Zollbehörde zunächst keine Beanstandungen hatte.

Hintergrund des Verfahrens

Ein Unternehmen, das über zollbegünstigende Einfuhrlizenzen verfügte, kaufte Waren von einer verbundenen Gesellschaft außerhalb der EU, welche ihre eigenen Lizenzkontingente bereits ausgeschöpft hatte. Nach der zollbegünstigten Einfuhr wurden die Waren umgehend an diese Gesellschaft zurückveräußert.

Der BFH wertete dieses Konstrukt als rechtsmissbräuchlich, da es im Wesentlichen nur dazu diente, in den Genuss der Zollvergünstigung zu kommen, ohne dass eine eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit mit Substanz erkennbar war.

Wichtige Aussagen des Urteils

  • Ein Grundlagenbescheid bindet die nachfolgende Zollbehörde nur insoweit, wie der konkrete Regelungsgehalt reicht. Einzelne, nicht geregelte Tatbestandsmerkmale (z. B. das Vorliegen eines Missbrauchs) müssen eigenständig geprüft werden.
  • Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn Geschäftsvorgänge künstlich konstruiert werden, um Zollvergünstigungen zu erlangen.
  • Ein Vertrauensschutz besteht nicht, wenn der Einführer vernünftigerweise hätte erkennen können, dass seine Gestaltung missbräuchlich ist – insbesondere, wenn bereits ein vergleichbares EuGH-Urteil öffentlich bekannt war (hier: EuGH, Urteil vom 13.03.2014 – C-155/13, SICES u. a.).

Bedeutung für die Praxis

  • Importierende Unternehmen mit verbundenen Gesellschaften sollten ihre Geschäftsmodelle kritisch überprüfen. Konstruktionen, die primär steuer- oder zollrechtliche Vorteile bezwecken, sind besonders risikobehaftet.
  • Zoll- und Steuerberater sind gut beraten, bei der Einfuhrberatung auf EuGH- und BFH-Rechtsprechung hinzuweisen, um ihre Mandanten vor erheblichen Nachforderungen zu schützen.
  • Vertrauensschutz gilt nicht grenzenlos – insbesondere nicht bei erkennbar missbräuchlichem Verhalten. Die Veröffentlichung eines EuGH-Urteils im Amtsblatt der EU wird als ausreichende Kenntnismöglichkeit gewertet.

Unser Fazit

Dieses Urteil zeigt erneut, dass künstliche Gestaltungen im Zollrecht schnell zur Nacherhebung führen können – auch rückwirkend. Unternehmen sollten ihre Handelsmodelle nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich sauber aufstellen.

Sie sind von einer Nacherhebung betroffen oder möchten Ihre Importstrukturen absichern?
Kontaktieren Sie uns – wir beraten Sie mit zoll- und steuerrechtlichem Fokus.


Quelle:
Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.01.2025 – VII R 8/21
(Bald abrufbar als LEXinform-Dokument Nr. 0953387)