BFH: Keine Gewerbesteuer-Hebeberechtigung eines Bundeslandes für Betriebsstätten im deutschen Küstenmeer

Mit Urteil vom 03.12.2024 (Az. IV R 5/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, dass ein Bundesland keine gewerbesteuerrechtliche Hebeberechtigung für eine im deutschen Küstenmeer gelegene Betriebsstätte – wie etwa einen Offshore-Windpark – beanspruchen kann. Damit wurde einer zunehmend relevanten Rechtsfrage im Kontext erneuerbarer Energien und gemeindefreier Gebiete eine klare Absage erteilt.


Hintergrund: Gewerbesteuer im gemeindefreien Raum

Das deutsche Küstenmeer zählt gemäß § 1 Abs. 2 Außenwirtschaftsgesetz zum Inland. Somit unterliegen auch dort gelegene Betriebsstätten – etwa Offshore-Windparks – grundsätzlich der Gewerbesteuerpflicht.

Fraglich war bislang jedoch, wer die Hebeberechtigung für diese Steuer zusteht, wenn die Betriebsstätte sich nicht auf dem Gebiet einer Gemeinde, sondern in einem gemeindefreien Gebiet wie dem Küstenmeer befindet.

Ein Bundesland hatte versucht, über eine landesrechtliche Verordnung die Hebeberechtigung für sich zu beanspruchen. Dagegen klagte ein Betreiber eines Windparks – mit Erfolg.


Kernaussagen des Urteils

Der BFH trifft in seinem Urteil drei zentrale Aussagen:

  1. Gewerbesteuerpflicht ja – Hebeberechtigung nein
    Das deutsche Küstenmeer gehört zum Inland, daher ist dort eine Betriebsstätte grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Bundesland die Steuer auch erheben darf.
  2. Landesverordnungen stehen unter Bundesaufsicht
    Die Frage, ob eine landesrechtliche Verordnung mit Bundesrecht oder dem Grundgesetz vereinbar ist, unterliegt der revisiblen Kontrolle durch den BFH.
  3. Keine Hebeberechtigung bei verfassungskonformer Auslegung
    § 4 Abs. 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) erlaubt keine Übertragung der Hebeberechtigung auf ein Bundesland, wenn die Betriebsstätte in einem gemeindefreien Gebiet liegt. Eine solche Interpretation wäre mit dem föderalen Prinzip und dem Hebesatzrecht der Gemeinden nicht vereinbar.

Relevanz für die Praxis

Das Urteil hat insbesondere für die Energiebranche und Betreiber von Offshore-Anlagen Bedeutung:

  • Die Gewerbesteuerpflicht besteht zwar weiterhin.
  • Die Verteilungshoheit der Steuer bleibt jedoch ungeklärt, solange keine gemeindliche Zuständigkeit besteht.
  • Für Unternehmen bedeutet das mehr Rechtssicherheit – und potenziell geringere Gewerbesteuerbelastung, wenn kein Hebesatz anwendbar ist.

Fazit

Der BFH setzt dem fiskalischen Zugriff der Länder auf gemeindefreie Betriebsstätten klare Grenzen. Eine gewerbesteuerrechtliche Lücke wird dadurch nicht geschaffen, doch das Urteil stärkt die Rechtssicherheit im Spannungsfeld zwischen Steuerpflicht und föderaler Kompetenzverteilung.


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