BFH, Urteil vom 30. Juli 2025 – X R 11/23
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass beim Wechsel von der Zusammenveranlagung zur Einzelveranlagung von Ehegatten keine neue Zinsfestsetzung zu erfolgen hat. Auch wenn die ursprüngliche Nachzahlungszinsfestsetzung auf dem aufgehobenen Zusammenveranlagungsbescheid beruhte, bleibt sie gegenüber beiden Ehegatten bestehen.
1. Der Fall
Eheleute wurden zunächst zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Später beantragten sie den Wechsel zur Einzelveranlagung nach § 26 Abs. 2 EStG, da sämtliche Einkünfte nur einem Ehegatten zuzurechnen waren.
Das Finanzamt hob daraufhin den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid auf und erließ für jeden Ehegatten getrennte Bescheide. Die ursprünglich festgesetzten Nachzahlungszinsen (§ 233a AO) wurden jedoch nicht neu berechnet oder geändert.
Die Steuerpflichtigen beantragten daraufhin, auch die Zinsfestsetzung anzupassen – ohne Erfolg. Das Finanzgericht wies die Klage ab, der BFH bestätigte diese Entscheidung.
2. Die Entscheidung des BFH
Der BFH stellte klar:
„Der Antrag auf Änderung der Veranlagungsform von Ehegatten ist ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 233a Abs. 2a AO.“
Für die Zinsfestsetzung gelten daher die besonderen Regelungen des § 233a Abs. 2a und 7 AO.
Das bedeutet:
- Die ursprüngliche Zinsfestsetzung bleibt bestehen, auch wenn die Zusammenveranlagung aufgehoben wird.
- Eine neue oder geänderte Zinsfestsetzung ist nicht erforderlich, selbst wenn sämtliche Einkünfte nur einem Ehegatten zuzurechnen sind.
3. Schutz der Interessen des anderen Ehegatten
Nach Auffassung des BFH werden die Interessen des nicht betroffenen Ehegatten hinreichend durch die Aufteilung der Gesamtschuld (§§ 268 ff. AO) geschützt.
Denn:
- Die Aufteilung der Einkommensteuerschuld erfasst gemäß § 270 i.V.m. § 276 Abs. 4 AO auch die Zinsen.
- Der Ehegatte kann also eine individuelle Entlastung beantragen, soweit ihn die Zahlung betrifft.
Damit besteht kein Anlass, eine neue Zinsfestsetzung zu verlangen oder vorzunehmen.
4. Praktische Bedeutung
Die Entscheidung stärkt die Bestandskraft der Zinsfestsetzung bei nachträglicher Änderung der Veranlagungsform.
Für die Praxis bedeutet das:
- Der Wechsel von der Zusammen- zur Einzelveranlagung wirkt sich nicht auf bereits festgesetzte Zinsen aus.
- Änderungen bei der Steuerfestsetzung führen nicht automatisch zu einer Anpassung der Zinsbescheide.
- Betroffene Ehegatten müssen zur Entlastung auf das Aufteilungsverfahren nach der AO zurückgreifen.
5. Fazit
Der BFH bestätigt die Systematik der Zinsregelungen in der Abgabenordnung:
Eine Änderung der Veranlagungsform ist zwar rückwirkend, führt aber nicht zu einer neuen Zinsfestsetzung.
Die Aufteilung der Gesamtschuld bietet ausreichenden Rechtsschutz für beide Ehegatten.
Damit schafft das Urteil Rechtssicherheit für Finanzämter und Steuerpflichtige gleichermaßen.
Aktenzeichen: BFH, Urteil vom 30.07.2025 – X R 11/23
Quelle: Bundesfinanzhof