BFH: Sicherheitsleistung in Steuerhöhe nicht konstitutiv für die Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens

BFH, Urteil vom 24. Juni 2025 – VII R 33/22
Pressemitteilung Nr. 66/25 vom 16. Oktober 2025

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine Sicherheitsleistung in voller Steuerhöhe nicht zwingend erforderlich ist, um ein Steueraussetzungsverfahren wirksam zu eröffnen. Damit stellt der BFH klar, dass die bloße Unterschreitung der Sicherheitshöhe nicht zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit eines Steueraussetzungsverfahrens führt.


1. Hintergrund: Steueraussetzung bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren

Im entschiedenen Fall beförderte eine Klägerin Schaumwein aus ihrem Steuerlager in Deutschland in ein anderes Steuerlager innerhalb der EU.
Für diese grenzüberschreitende Beförderung unterlag sie dem Verfahren der Steueraussetzung – ein Verfahren, bei dem verbrauchsteuerpflichtige Waren steuerfrei bewegt werden dürfen, solange sie sich unter amtlicher Aufsicht befinden.

Zur Absicherung möglicher Risiken hatte das Hauptzollamt (HZA) eine Sicherheitsleistung verlangt. Diese leistete die Klägerin in Form einer fortgesetzten Barsicherheit, die jedoch nicht die volle Höhe der potenziell entstehenden Schaumweinsteuer abdeckte.

Das HZA vertrat die Auffassung, die Sicherheit müsse die gesamte Steuerhöhe absichern, um ein Steueraussetzungsverfahren überhaupt wirksam eröffnen zu können. Da dies nicht der Fall gewesen sei, setzte es Schaumweinsteuer in Höhe der Differenz fest.

Das Finanzgericht gab der Klage statt – und der BFH bestätigte diese Entscheidung.


2. Die Entscheidung des BFH

Der BFH stellte klar:

„Die Leistung einer Sicherheit in voller Steuerhöhe ist nicht konstitutiv für die wirksame Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens.“

Damit wies der BFH die Revision des Hauptzollamts zurück.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass das Steueraussetzungsverfahren nicht davon abhängt, ob die Sicherheitsleistung exakt die mögliche Steuerlast abdeckt.
Entscheidend ist allein, dass die Verfahrenseröffnung ordnungsgemäß angezeigt und bewilligt wurde und eine Sicherheit tatsächlich geleistet wurde.

Die Regelungen zur Sicherheitsleistung (§ 24 Abs. 3 Sätze 1 und 2 Alkoholsteuerverordnung i. V. m. Art. 18 EMCS-Durchführungsverordnung) stellen demnach keine Gültigkeitsvoraussetzung, sondern eine Verfahrensvorschrift dar.


3. Bedeutung für die Praxis

Das Urteil hat erhebliche praktische Relevanz für Unternehmen, die mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren – etwa Alkohol, Tabak oder Energieerzeugnissen – handeln oder diese grenzüberschreitend befördern.

Wesentliche Konsequenzen:

  • Eine unvollständige Sicherheitsleistung führt nicht automatisch zur Steuerentstehung.
  • Solange das Verfahren ordnungsgemäß eröffnet und überwacht wird, bleibt der Steueraussetzungsstatus erhalten.
  • Die Finanzverwaltung darf keine Steuerfestsetzung allein wegen einer vermeintlich zu niedrigen Sicherheitsleistung vornehmen.

Damit stärkt der BFH die Rechtssicherheit für Wirtschaftsbeteiligte und grenzt die Anforderungen an Sicherheitsleistungen klar von den materiellen Voraussetzungen der Steuerentstehung ab.


4. Fazit

Der BFH schafft Klarheit im Bereich der Verbrauchsteuerverfahren:
Eine Sicherheitsleistung in voller Steuerhöhe ist nicht Voraussetzung für die wirksame Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens.

Entscheidend bleibt die ordnungsgemäße Anzeige und Durchführung des Verfahrens, nicht die exakte Höhe der gestellten Sicherheit.
Das Urteil stärkt damit die unternehmerische Praxis und verhindert eine überschießende Verwaltungspraxis bei der Steueraufsicht.


Aktenzeichen: BFH, Urteil vom 24.06.2025 – VII R 33/22
Pressemitteilung Nr. 66/25 vom 16.10.2025
Quelle: Bundesfinanzhof