📄 BFH, Urteil II R 34/22
🔗 Quelle: Bundesfinanzhof
Kernaussage des Urteils
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 19.03.2025 entschieden, dass die Steuerbegünstigung nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a. F. auch dann Anwendung findet, wenn eine schenkweise übertragene Mitunternehmerstellung nachträglich widerrufen wurde und der Beschenkte für die Dauer der tatsächlichen Nutzung fiktiv wie ein Nießbraucher behandelt wird (§ 29 Abs. 2 ErbStG).
Damit bestätigt der BFH: Auch bei rückwirkendem Wegfall des Eigentums bleibt die steuerliche Begünstigung bestehen – soweit tatsächliche Nutzung vorlag.
Hintergrund: Schenkung einer Mitunternehmerstellung und Steuerbegünstigung
In dem entschiedenen Fall wurde einem Beschenkten schenkweise eine Unterbeteiligung an einer Kommanditgesellschaft (KG) eingeräumt. Dadurch erlangte er die Stellung eines Mitunternehmers.
Solche Unternehmensübertragungen können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich begünstigt werden – nach der früheren Fassung des § 13a ErbStG (gültig bis 31.12.2008) etwa durch einen Freibetrag und Bewertungsabschläge.
Widerruf und fiktiver Nießbrauch nach § 29 Abs. 2 ErbStG
Später wurde die Schenkung widerrufen, sodass der Beschenkte die Unternehmensbeteiligung wieder verlor.
Allerdings schreibt § 29 Abs. 2 ErbStG vor, dass in solchen Fällen – für den Zeitraum, in dem der Beschenkte wirtschaftlich Nutzen aus dem Vermögen gezogen hat – so zu behandeln ist, als habe er einen Nießbrauch gehabt.
Fraglich war, ob unter diesen Umständen die Begünstigung nach § 13a ErbStG a. F. rückwirkend entfällt oder – trotz Widerrufs – Bestand hat.
BFH: Begünstigung bleibt erhalten – Nutzung zählt
Der BFH entschied zugunsten des Steuerpflichtigen:
Maßgeblich ist die tatsächliche Nutzung des Vermögens durch den Beschenkten.
Wenn dem Beschenkten die wirtschaftliche Nutzung der Unternehmensbeteiligung zugeflossen ist (z. B. Gewinnbeteiligung, Mitunternehmerstatus), ist der Tatbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG erfüllt – auch wenn das Eigentum später widerrufen wird.
Der steuerliche Nießbrauchersatz nach § 29 Abs. 2 ErbStG steht der Anwendung der Begünstigung nicht entgegen.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil hat insbesondere für unternehmensnahe Schenkungen mit Rücktrittsrechten oder Widerrufsvorbehalten hohe Relevanz:
✅ Die zeitlich begrenzte tatsächliche Nutzung reicht aus, um die Begünstigung nach § 13a ErbStG a. F. in Anspruch zu nehmen.
✅ Auch bei nachträglicher Rückabwicklung oder Widerruf bleibt die veranlagte Steuerbegünstigung bestehen – sofern keine rückwirkende steuerliche Korrektur nach § 29 ErbStG verlangt wird.
✅ Die Entscheidung erhöht die Gestaltungssicherheit bei Familiengesellschaften und Nachfolgeplanungen.