BFH: Steuerprivilegien in Großbritannien können erweiterte beschränkte Steuerpflicht in Deutschland auslösen

BFH, Urteil vom 14.01.2025 – IX R 37/21
Pressemitteilung Nr. 16/25 vom 20.03.2025

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass britische Steuervergünstigungen nach der sogenannten „remittance basis“ in Deutschland kompensatorisch besteuert werden können. § 2 des Außensteuergesetzes (AStG) greift demnach auch dann, wenn Kapitalerträge aufgrund britischer Sonderregeln im Ausland nicht versteuert werden – eine steuerliche Warnung für Wegziehende mit deutschem Vermögen.


Was ist die „remittance basis“?

In Großbritannien können nicht-domicilierte Personen (z. B. Zugezogene) unter bestimmten Bedingungen wählen, ihre ausländischen Einkünfte nur dann zu versteuern, wenn diese ins Vereinigte Königreich überwiesen („remittet“) werden. Einkommen, das im Ausland verbleibt, bleibt steuerfrei. Diese Regelung stellt eine steuerliche Sonderbegünstigung dar, die für bestimmte Personengruppen gilt.


Der Fall: Deutsche Kapitalerträge im Ausland steuerfrei – aber in Deutschland steuerpflichtig?

Im entschiedenen Fall war die Klägerin von Deutschland nach Großbritannien verzogen und nutzte dort die remittance basis. Gleichzeitig erzielte sie weiterhin Zins- und Dividendenerträge aus Deutschland, die sie nicht nach Großbritannien transferierte – und dort somit nicht versteuerte. Das deutsche Finanzamt wandte daraufhin § 2 AStG an, der bei einer niedrigeren ausländischen Besteuerung eine erweiterte beschränkte Einkommensteuerpflicht vorsieht.

Die Klägerin wehrte sich, unterlag aber sowohl vor dem Finanzgericht als auch in der Revisionsinstanz vor dem BFH.


Die Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung:

  • Die remittance basis ist eine begünstigende Vorzugsbesteuerung, weil sie nur einem eingeschränkten Personenkreis offensteht.
  • Die fehlende Besteuerung von nicht transferierten Auslandseinkünften bedeutet eine erhebliche steuerliche Entlastung.
  • § 2 AStG sei in solchen Fällen verfassungsgemäß und unionsrechtskonform und diene dem Ziel, eine Abwanderung in Steueroasen oder Niedrigsteuerländer nicht durch Steuerprivilegien attraktiv zu machen.

Was bedeutet das für Steuerpflichtige?

Die Entscheidung ist ein klares Signal an deutsche Steuerbürger mit Auslandssitz:

  • Wer in ein Land mit speziellen Steuervergünstigungen auswandert, kann dennoch in Deutschland steuerlich erfasst werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach § 2 AStG kann für bis zu zehn Jahre nach dem Wegzug greifen – insbesondere bei deutscher Staatsangehörigkeit und weiterhin vorhandenen wesentlichen wirtschaftlichen Interessen in Deutschland.
  • Die Nutzung von internationalen Steuerprivilegien sollte daher mit Bedacht geplant und steuerlich begleitet werden.

Fazit

Der BFH bekräftigt mit diesem Urteil die Bedeutung des Außensteuergesetzes als Schutzinstrument gegen aggressive Steuervermeidung durch Wohnsitzverlagerung. Zugleich macht er deutlich, dass internationale Gestaltungen auch in Deutschland steuerliche Folgewirkungen haben können – insbesondere dann, wenn sie zu einer spürbaren Minderung der Gesamtsteuerbelastung führen.


Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.01.2025 – IX R 37/21, Pressemitteilung vom 20.03.2025