Was das Urteil vom 27.08.2025 (II R 1/23) für Steuerpflichtige bedeutet
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil zwei wichtige Grundsätze zur Schenkungsteuer bestätigt und konkretisiert. Das betrifft insbesondere die Fristen zur Festsetzung der Steuer sowie die schenkungsteuerliche Behandlung von Zuwendungen an eine GmbH, die über den Gesellschafter laufen.
Im Folgenden die wichtigsten Punkte für die Beratungspraxis.
1. Anlaufhemmung endet erst mit der Abgabe der Steuererklärung
Der BFH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung zur Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO:
▶ Wird eine Schenkung ordnungsgemäß nach § 30 ErbStG angezeigt und fordert das Finanzamt daraufhin eine Schenkungsteuererklärung an, beginnt die Festsetzungsfrist erst nach Abgabe dieser Steuererklärung.
Das bedeutet konkret:
- Die Anlaufhemmung endet erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Schenkungsteuererklärung beim Finanzamt eingeht.
- Spätestens endet sie mit Ablauf des dritten Kalenderjahres nach der Steuerentstehung.
- Diese Sichtweise entspricht der früheren BFH-Entscheidung vom 27.08.2008 (II R 36/06).
➡ Praktische Folge:
Auch bei frühzeitiger Anzeige gemäß § 30 ErbStG wird die Festsetzungsverjährung nicht ausgelöst, solange die angeforderte Steuererklärung noch nicht abgegeben wurde.
Berater sollten daher die “Hemmschwelle” bei fehlenden oder verspäteten Steuererklärungen genau im Blick behalten.
2. Werterhöhung von GmbH-Anteilen: Schenkung an die Gesellschaft – nicht an den Gesellschafter
Der BFH stellt außerdem klar:
Zuwendungen von Dritten an eine GmbH über den Gesellschafter führen zu einer schenkungsteuerlichen Werterhöhung der Anteile (§ 7 Abs. 8 ErbStG).
Der Fall (vereinfacht):
- Ein Gesellschafter erhält von einem Dritten eine Zuwendung (z. B. Geld).
- Auflage: Er muss diesen Betrag in die GmbH einzahlen, damit die GmbH z. B. ein Grundstück erwerben kann.
- Die Zahlung fließt also nicht dem Gesellschafter zu, sondern soll unmittelbar der GmbH zugutekommen.
Der BFH sagt:
- Schenkungsteuerlich liegt eine Leistung des Dritten an die GmbH vor.
- Gleichzeitig erhöht sich der Wert der Anteile des Gesellschafters – und diese Werterhöhung ist steuerbar (§ 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG).
➡ Relevanz für die Praxis:
Zuwendungen an Gesellschaften über den Umweg eines Gesellschafters können schnell zu einem schenkungsteuerlichen Tatbestand führen – auch wenn wirtschaftlich die GmbH profitieren soll.
Berater müssen solche Gestaltungen zwingend im Blick behalten, vor allem bei:
- Grundstückserwerben,
- Zuführungen von Liquidität,
- Gesellschafterdarlehen mit Tilgungsauflagen,
- Joint-Venture-Strukturen.
Fazit
Das BFH-Urteil schafft wichtige Klarheit:
- Festsetzungsverjährung:
Die Anlaufhemmung endet erst mit Abgabe der Schenkungsteuererklärung – trotz vorheriger Anzeige. - GmbH-Zuwendungen:
Zahlungen Dritter zugunsten einer GmbH können zu einer steuerpflichtigen Werterhöhung der Anteile des Gesellschafters führen.
Für Berater bedeutet das:
Bei Schenkungen im Unternehmensbereich ist eine genaue Analyse der Zahlungswege und Verpflichtungen unerlässlich, um unnötige Steuerbelastungen oder Fristprobleme zu vermeiden.