BFH-Urteil zur Erbschaftsteuer: Kein erhöhter Freibetrag für Enkel bei zivilrechtlich „verstorbenem“ Elternteil

Mit Urteil vom 31.07.2023 (Az. II R 13/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Enkelkind keinen Anspruch auf den höheren Erbschaftsteuerfreibetrag von 400.000 Euro hat, wenn sein Elternteil zwar auf seinen gesetzlichen Erbteil verzichtet hat, aber bei Tod des Großelternteils noch lebt. In diesem Fall steht dem Enkel lediglich der Freibetrag von 200.000 Euro zu. Ein zivilrechtlich „als verstorben geltender“ Elternteil führt also nicht zum höheren Freibetrag für den Enkel.

Hintergrund der Entscheidung

Im Fall verzichtete der Vater des Klägers auf sein gesetzliches Erbrecht gegenüber seinem eigenen Vater (dem Großvater des Klägers). Zivilrechtlich galt der Vater als „verstorben“, wodurch der Enkel (der Kläger) direkt erben konnte. Der Kläger beantragte beim Finanzamt den höheren Freibetrag von 400.000 Euro, wie er Kindern verstorbener Kinder zusteht. Das Finanzamt gewährte ihm jedoch nur den regulären Freibetrag von 200.000 Euro, der für Enkel gilt, wenn der eigene Elternteil noch lebt.

Begründung des BFH

Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzamts und erklärte, dass der Gesetzgeber im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz nur dann den höheren Freibetrag von 400.000 Euro gewährt, wenn das Kind des Erblassers tatsächlich vorverstorben ist. Die erbschaftsteuerrechtlichen Regelungen begünstigen vorrangig Kinder der ersten Generation. Enkeln wird ein geringerer Freibetrag zugestanden, sofern ihre Eltern noch leben und somit weiterhin finanziell für sie sorgen können.

Der BFH sieht keine Notwendigkeit, die Regelung auf Fälle auszudehnen, in denen Elternteile „zivilrechtlich als verstorben gelten“. Eine solche Ausdehnung würde zu einer doppelten Freibetragsbegünstigung führen, die dem Gesetzgeber nach nicht gewollt ist.

Relevanz für die Praxis

Dieses Urteil hat praktische Bedeutung für Nachlassgestaltungen innerhalb der Familie. Der Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht durch die Eltern zugunsten der Enkel ändert die steuerliche Situation für diese nicht. Für Enkel besteht daher kein Anspruch auf den höheren Freibetrag von 400.000 Euro, wenn ihre Eltern noch leben, selbst wenn diese auf das Erbe verzichten.

Fazit: Der BFH stärkt mit dieser Entscheidung die Gesetzestreue der Erbschaftsteuerregelungen und macht deutlich, dass der höhere Freibetrag nur „verwaisten Enkeln“ zusteht.