BFH: Verzicht auf Nießbrauch gegen Entgelt ist steuerpflichtige Entschädigung

BFH, Urteil vom 10.10.2025 – IX R 4/24

Der Bundesfinanzhof hat seine bisherige Rechtsprechung geändert und den entgeltlichen Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht an einem vermieteten Grundstück als steuerbare Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG eingestuft.


🔎 Kernaussagen

  1. Nießbrauch-Verzicht ≠ steuerfreier Vermögensvorgang
    • Erhält der Nießbraucher Geld dafür, dass er sein Recht auf Nutzung/Vermietung aufgibt, gilt dies als Entschädigung für entgehende Mieteinnahmen.
    • Folge ➝ Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, § 21 EStG i. V. m. § 24 Nr. 1a EStG.
  2. Vermietung zum Zeitpunkt des Verzichts entscheidend
    • Der Nießbrauch muss tatsächlich ausgeübt worden sein.
    • Nur dann handelt es sich um einen Einnahmenersatz, nicht um einen reinen Vermögensverzicht.
  3. Kein Druckerfordernis mehr
    • Entschädigungsbesteuerung setzt keine Notlage, keinen wirtschaftlichen oder rechtlichen Zwang voraus.
    • Damit Aufgabe früherer BFH-Linie (BFH 1990, 1992).

📌 Steuerliche Folgen

VorgangEinordnungBesteuerung
Zahlung für Verzicht auf NießbrauchEntschädigung§ 24 Nr. 1a i. V. m. § 21 EStG
Nießbrauch wird nicht ausgeübt (keine Vermietung)Vermögensumschichtungggf. nicht steuerbar
Einmalzahlung für Ablösung wiederkehrender NutzungenEinnahmenersatzsteuerpflichtig

🧾 Praxisbeispiele

  • Eltern übertragen Immobilie an Kind, behalten Nießbrauch → später entgeltlicher Verzicht
    ➝ Zahlung ist zu versteuern.
  • Nießbrauch an vermietetem Mehrfamilienhaus, Ablösezahlung durch Erwerber
    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

👀 Wichtiger Hinweis

Der Nießbrauch-Verzicht wird durch das Urteil deutlich steuerlich aufgeladen:

  • Einordnung nicht mehr als reiner Vermögensvorgang
  • sondern als Ersatz für entgehende Einnahmen
  • damit sofort steuerwirksam im Jahr des Zuflusses

📎 Quelle

  • BFH, Urteil vom 10.10.2025 – IX R 4/24
  • Volltext: LEXinform-Dokument Nr. 0955068

💡 Handlungsempfehlung

  • Zahlungen wegen Verzicht vorab steuerlich strukturieren
  • ggf. Ratenzahlungen prüfen, um Progression zu mildern
  • Alternativ ➝ dauernde Last statt Ablöse gestalten