BFH: Videoverhandlung

Mit Beschluss vom 18. August 2023 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass bei einer Videoverhandlung nach § 91a der Finanzgerichtsordnung (FGO) jeder Beteiligte zeitgleich die Richterbank und die anderen Beteiligten visuell und akustisch wahrnehmen können muss.

Nach § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Finanzgericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Bild und Ton übertragen lassen. Dies ist möglich, wenn der Verhandlungsraum des Gerichts nicht groß genug ist oder wenn die Anwesenheit von Zeugen oder Sachverständigen in einem anderen Ort erforderlich ist.

Der BFH hat entschieden, dass die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bei einer Videoverhandlung nur dann gewährleistet ist, wenn jeder Beteiligte zeitgleich die Richterbank und die anderen Beteiligten visuell und akustisch wahrnehmen kann.

Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn ein im Gerichtssaal anwesender Beteiligter den zugeschalteten Beteiligten nur sehen kann, wenn er selbst sich 180 Grad dreht. In diesem Fall ist es dem Beteiligten nicht möglich, die Mimik und Gestik des zugeschalteten Beteiligten zu beobachten und auf diese Weise seine Aussagen besser zu verstehen.

Der BFH hat den Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 19. Mai 2022 aufgehoben, das die Durchführung einer Videoverhandlung zugelassen hatte.

Mögliche Konsequenzen des BFH-Beschlusses:

  • Finanzgerichte müssen bei Videoverhandlungen sicherstellen, dass jeder Beteiligte zeitgleich die Richterbank und die anderen Beteiligten visuell und akustisch wahrnehmen kann.
  • Dies kann zu einer Einschränkung des Einsatzes von Videoverhandlungen führen.
  • Die Finanzverwaltung muss neue Regelungen für die Durchführung von Videoverhandlungen entwickeln.