BFH, Urteil vom 04.06.2025 – II R 47/22
Beim Immobilienerwerb fallen häufig zusätzliche Kosten an – etwa Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen nach Naturschutzrecht. Immer häufiger werden sogenannte Ökokonten genutzt, um erforderliche Kompensationsflächen oder –maßnahmen nachzuweisen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun klargestellt: Zahlungen für die Übernahme eines solchen Ökokontos können die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer erhöhen.
Was ist passiert?
Der Käufer eines Grundstücks übernahm nicht nur das Grundstück, sondern auch ein nach Landesrecht geführtes Ökokonto, das dem Ausgleich naturschutzrechtlicher Eingriffe dient. Für diese Übernahme musste er ein zusätzliches Entgelt zahlen.
Die Frage: Gehört dieses Entgelt zur Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes – oder liegt ein separater Vorgang vor?
Entscheidung des BFH
Der BFH stellt klar:
Wird ein nach Landesrecht mit dem Grundstück „verbundenes“ Ökokonto übertragen, dann stellt die dafür geleistete Zahlung eine Teil-Gegenleistung für den Grundstückserwerb dar und ist in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen.
(BFH, Urteil II R 47/22 vom 04.06.2025)
Das gilt jedenfalls dann, wenn das Ökokonto rechtlich und wirtschaftlich untrennbar mit dem Grundstück verbunden ist und damit dessen Nutzung oder Entwicklung ermöglicht.
Warum ist das relevant?
- Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach der Gegenleistung.
- Alle Kosten, die der Käufer zahlt, um das Grundstück in der gewünschten Form nutzen zu können, sind potenziell Teil dieser Gegenleistung.
- Dazu zählen bereits seit Jahren Bauverpflichtungen, Erschließungskosten oder Ablösebeträge.
- Neu und wichtig: Nun werden auch Entgelte für die Übernahme eines Ökokontos ausdrücklich einbezogen.
Praxisfolgen für Käufer und Berater
✅ Mehrkosten kalkulieren:
Im Kaufprozess muss die Übernahme eines Ökokontos steuerlich mitgedacht und in der Grunderwerbsteuer prognostiziert werden.
✅ Vertragsgestaltung prüfen:
Kaufverträge sollten transparent ausweisen, welche Leistungen mit dem Grundstückserwerb verknüpft sind. Eine Aufteilung in separaten Vertragsteilen hilft in vielen Fällen nicht, wenn die Leistung wirtschaftlich zum Grundstückserwerb gehört.
✅ Dokumentation entscheidend:
Ist das Ökokonto rechtlich nicht zwingend mit dem Grundstück verknüpft (z. B. eigenständiger Handel mit Ökopunkten)? Dann kann es in Einzelfällen anders bewertet werden. Hier lohnt die genaue Prüfung von:
- Landesrechtlichen Regelungen,
- Vertragsinhalt,
- Nutzungsvoraussetzungen.
Für wen ist das Urteil besonders wichtig?
- Bau- und Projektentwickler
- Kommunen und kommunale Entwicklungsgesellschaften
- Investoren im Wohn- oder Gewerbebau
- Grundstückskäufer, die Ausgleichspflichten erfüllen müssen
Gerade in Baugebieten oder bei naturschutzrechtlichen Eingriffen ist die Übernahme solcher Konten inzwischen Praxis. Entsprechend steigt das Risiko, dass unerkannte Grunderwerbsteuerfolgen Budget und Rendite beeinflussen.
Fazit
Der BFH erweitert die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage erneut: Wer ein Grundstück erwirbt und gleichzeitig ein Ökokonto übernehmen muss, zahlt Grunderwerbsteuer auch auf diese Zusatzkosten.
Für Investoren und Projektplaner bedeutet das: Steuerliche Prüfung frühzeitig im Transaktionsprozess einplanen.