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BFH, Beschluss V S 15/22 vom 29.05.2024
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Beschluss vom 29. Mai 2024 (V S 15/22) entschieden, dass bei einer Konkurrentenklage gegen die Steuersatzermäßigung der Umsätze eines gemeinnützigen Steuerpflichtigen bestimmte Akten vorzulegen sind, wenn diese für die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) relevant sind. Dabei müssen jedoch das Steuergeheimnis und das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt werden.
Leitsatz des Beschlusses
- Der bei einer Konkurrentenklage beigeladene Steuerpflichtige ist Dritter im Sinne des § 86 Abs. 1 FGO. Die Offenbarung durch das Steuergeheimnis geschützter Daten im Rahmen von § 30 Abs. 4 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) ist zulässig, wenn dabei das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt wird.
- Bei einer Konkurrentenklage gegen die Steuersatzermäßigung der Umsätze eines gemeinnützigen Steuerpflichtigen sind Akten nach § 86 Abs. 1 FGO nur insoweit vorzulegen, als § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) eine drittschützende Wirkung hat, etwa in Bezug auf das Vorliegen eines Zweckbetriebs oder die in Satz 3 dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen.
Hintergrund des Falls
Die Klägerin, die Wäschereidienstleistungen anbietet, erhob eine Konkurrentenklage gegen die Steuerermäßigung der Umsätze der Beigeladenen zu 1, einer gemeinnützigen Organisation, die ebenfalls Wäschereidienstleistungen erbringt. Die Klägerin beantragte, dass die Umsätze der Beigeladenen zu 1 mit dem allgemeinen Steuersatz statt mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert werden.
Entscheidung des BFH
Der BFH stellte fest, dass die Weigerung des Finanzamts (FA), bestimmte Akten vorzulegen, teilweise rechtswidrig ist. Die vollständigen Umsatzsteuerakten der Beigeladenen zu 1 für den Besteuerungszeitraum 2013 sowie alle relevanten Unterlagen zur Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG im Streitjahr müssen dem FG vorgelegt werden, wobei sensible Informationen zu schwärzen sind.
Wesentliche Gründe
- Offenlegungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 FGO:
- Das FA ist verpflichtet, Akten und Urkunden vorzulegen, soweit dadurch nicht das Steuergeheimnis verletzt wird. Der bei einer Konkurrentenklage beigeladene Steuerpflichtige gilt als Dritter im Sinne des § 86 Abs. 1 FGO, und die Offenbarung geschützter Daten ist zulässig, wenn sie der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens in Steuersachen dient und das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt wird.
- Verhältnismäßigkeitsprinzip:
- Bei der Offenbarung geschützter Daten müssen verschiedene Rechtsgüter abgewogen werden, darunter das Grundrecht des Wettbewerbers auf effektiven Rechtsschutz und das Recht des beigeladenen Steuerpflichtigen auf Berufsfreiheit sowie der Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.
- Drittschützende Vorschriften:
- Drittschützenden Charakter haben die Regelungen zu den Zweckbetrieben (§§ 65 bis 68 AO) und die Voraussetzungen eines Integrationsprojekts im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 und 2 UStG. Diese Vorschriften schützen Wettbewerber und sind somit entscheidungserheblich.
- Beschränkung der Vorlagepflicht:
- Die Vorlage der Akten muss verhältnismäßig sein und darf keine sensiblen Informationen enthalten, die der Konkurrent bei seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verwerten kann. Daher sind umsatz- oder aufwandsbezogene Angaben zu schwärzen, während Angaben zur Beschäftigungsquote und zur Frage, ob die Voraussetzungen eines Integrationsprojekts erfüllt sind, offenzulegen sind.
Quelle
Bundesfinanzhof, Beschluss V S 15/22 vom 29.05.2024
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