BFH: Zugangsvermutung gilt auch bei eingeschränkter Postzustellung

BFH, Urteil vom 20.02.2025 – VI R 18/22
(Veröffentlicht: 02.05.2025)

Mit Urteil vom 20. Februar 2025 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die gesetzliche Zugangsvermutung nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO auch dann gilt, wenn der Postdienstleister an einzelnen Werktagen keine Zustellungen vornimmt. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen Post nur an ausgewählten Werktagen oder mit Einschränkungen zugestellt wird.


📬 Was ist die Zugangsvermutung?

Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der per einfachem Brief versandt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugegangen – unabhängig vom tatsächlichen Zugang. Diese sogenannte „Dreitagesfiktion“ erleichtert den Behörden die Nachweisführung bei Bekanntgaben.


⚖️ Was war der Streitpunkt?

Im konkreten Fall ging es um einen Einkommensteuerbescheid, der dem Kläger nachweislich nicht innerhalb der Dreitagesfrist zugegangen war. Grund: Der vom Finanzamt beauftragte Postdienstleister stellte an einem Werktag innerhalb der Frist keine Post zu – und zwar an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, von denen einer auf einen Samstag fiel.

Der Kläger argumentierte, dass die Zugangsvermutung nicht greifen könne, wenn faktisch keine Zustellung am vorgesehenen Tag möglich gewesen sei.


🧾 Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Klage ab:

„Die gesetzliche Zugangsvermutung gilt auch dann, wenn innerhalb der Dreitagesfrist an einem oder zwei Werktagen keine Postzustellung erfolgt.“

Maßgeblich sei allein, dass die Post ordnungsgemäß abgesendet wurde. Ob die Zustellung innerhalb der Frist tatsächlich erfolgte, spiele nur dann eine Rolle, wenn der Adressat substantiiert das Gegenteil beweisen kann – etwa durch Zeugen oder andere Belege.


💡 Bedeutung für die Praxis

Diese Entscheidung stärkt die Position der Finanzbehörden und verschärft die Anforderungen an Steuerpflichtige, die sich auf einen verspäteten Zugang berufen wollen.

Praxistipps:

  • Die Zugangsvermutung gilt auch bei eingeschränkter oder verzögerter Zustellung.
  • Wer einen verspäteten Zugang geltend machen möchte, muss konkrete Gegenbeweise vorlegen – pauschale Hinweise auf fehlende Zustellung reichen nicht aus.
  • Besonders in Fristsachen (z. B. Einsprüche, Klagen) ist sorgfältige Dokumentation des tatsächlichen Posteingangs unerlässlich.

📣 Fazit

Der BFH bestätigt mit seinem Urteil: Die Zugangsvermutung ist strikt anzuwenden – selbst bei eingeschränktem Postbetrieb. Für Steuerpflichtige und ihre Berater bedeutet das: Fristen sollten nie „auf Kante“ kalkuliert werden, und der tatsächliche Posteingang sollte im Zweifel dokumentiert werden.


Quelle:
BFH, Urteil vom 20.02.2025 – VI R 18/22