Mit Urteil vom 18.03.2025 (Az. VII R 20/23) hat der Bundesfinanzhof (BFH) wichtige Grundsätze zur Festsetzungsverjährung bei Haftungsbescheiden klargestellt. Die Entscheidung betrifft insbesondere die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO sowie die Frage, in welchen Fällen ein Neuerlass eines Haftungsbescheids nach vorheriger Aufhebung möglich ist.
1. Anlaufhemmung auch für Haftungsschuldner
Aus der Verweisung in § 191 Abs. 3 Satz 1 AO folgt:
Die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gilt auch für Haftungsschuldner, wenn diese aufgrund gesetzlicher Pflichten (§§ 34, 35 AO) Steuererklärungen oder Steueranmeldungen für einen Vertretenen abzugeben haben.
➡️ Das bedeutet: Die Festsetzungsfrist beginnt in solchen Fällen nicht mit Ablauf des Entstehungsjahres, sondern erst nach Abgabe der Erklärung.
2. Neuerlass nach Aufhebung eines Haftungsbescheids
Wird ein Haftungsbescheid aufgehoben, bestehen keine generellen Schranken für einen erneuten Haftungsbescheid – sofern
- der neue Bescheid nicht denselben Sachverhalt betrifft und
- auf einer anderen Haftungsnorm basiert.
➡️ Eine Sperre nach § 130 Abs. 2 AO oder aus Treu und Glauben greift nur, wenn identischer Sachverhalt und Haftungsgrundlage vorliegen.
3. Zulässigkeit einer Anschlussrevision
Hat der BFH die Revision nur für einen selbstständig anfechtbaren Teil des FG-Urteils zugelassen, ist eine Anschlussrevision zu anderen Teilen unzulässig.
💡 Praxistipp:
Bei Haftungsbescheiden sollte stets geprüft werden,
- ob die Anlaufhemmung greift (insbesondere bei Pflichten als gesetzlicher Vertreter),
- ob nach einer Aufhebung ein neuer Bescheid auf anderer Grundlage möglich ist,
- und ob verfahrensrechtliche Beschränkungen der Rechtsmittel bestehen.
📌 Quelle: BFH, Urteil VII R 20/23 vom 18.03.2025