BFH zur Steuerfreiheit einer als Sonderbetriebseinnahme erfassten Aufwandsentschädigung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG

BFH, Urteil VIII R 29/23 vom 19.11.2024

Leitsatz

  • Eine Aufwandsentschädigung, die ein Mitunternehmer als Präsident einer Berufskammer erzielt, ist durch die betriebliche Tätigkeit der Mitunternehmerschaft veranlasst. Sie gehört bei unmittelbarer Auszahlung an den Mitunternehmer zu dessen Sonderbetriebseinnahmen.
  • Aufwendungen der Mitunternehmerschaft für die betriebliche Tätigkeit sind durch die ehrenamtliche Tätigkeit des Mitunternehmers als Präsident einer Berufskammer (mit-)veranlasst. Sie sind bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob eine Aufwandsentschädigung ausschließlich Betriebsausgaben der ehrenamtlichen Tätigkeit ersetzt.
  • § 48 FGO in der Fassung des Art. 27 des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes gilt auch für zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens am 01.01.2024 bereits anhängige Klageverfahren (Anschluss an BFH-Urteil vom 08.08.2024 – IV R 1/20).

Hintergrund der Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich in seinem Urteil vom 19. November 2024 (VIII R 29/23) mit der steuerlichen Behandlung einer Aufwandsentschädigung zu befassen, die ein Mitunternehmer als Präsident einer Berufskammer erhalten hatte. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob die Entschädigung als steuerfreie Zahlung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG gelten kann oder ob sie zu den Sonderbetriebseinnahmen des Mitunternehmers zählt.

Entscheidung des BFH

Der BFH entschied, dass die Aufwandsentschädigung durch die betriebliche Tätigkeit der Mitunternehmerschaft mitveranlasst ist und somit als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen ist.

1. Aufwandsentschädigung als Sonderbetriebseinnahme

  • Da die Tätigkeit des Mitunternehmers als Präsident der Berufskammer in engem Zusammenhang mit der Mitunternehmerschaft steht, muss die Entschädigung als Sonderbetriebseinnahme behandelt werden.
  • Die Auszahlung der Entschädigung erfolgt unmittelbar an den Mitunternehmer, was ihre Qualifikation als Betriebseinnahme weiter unterstützt.

2. Veranlassungszusammenhang mit der Mitunternehmerschaft

  • Die Aufwendungen der Mitunternehmerschaft für die betriebliche Tätigkeit des Mitunternehmers sind mitveranlasst durch dessen ehrenamtliche Tätigkeit.
  • Diese Tatsache ist maßgeblich, wenn es darum geht, zu beurteilen, ob die Aufwandsentschädigung lediglich Betriebsausgaben ersetzt oder als zusätzliche Einnahme behandelt werden muss.

3. Anwendbarkeit von § 48 FGO

  • Der BFH bestätigte zudem, dass die geänderte Fassung von § 48 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz eingeführt wurde, auch für bereits anhängige Verfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens gilt.

Auswirkungen auf die Praxis

  • Mitunternehmer müssen Aufwandsentschädigungen als Sonderbetriebseinnahmen erfassen, wenn ein enger betrieblicher Zusammenhang zur Mitunternehmerschaft besteht.
  • Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG kann nicht automatisch angenommen werden, wenn sich die Entschädigung auf eine betrieblich geprägte ehrenamtliche Tätigkeit bezieht.
  • Geänderte Rechtslage in der FGO kann laufende Verfahren beeinflussen, insbesondere in Bezug auf die Anwendung neuer Vorschriften auf Altverfahren.

Fazit

Das BFH-Urteil stellt klar, dass Aufwandsentschädigungen von Mitunternehmern, die aus ehrenamtlichen Funktionen resultieren, als Sonderbetriebseinnahmen zu versteuern sind, wenn sie betrieblich mitveranlasst sind. Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG kann in solchen Fällen nicht ohne weiteres geltend gemacht werden. Zudem bestätigt der BFH die rückwirkende Anwendbarkeit von § 48 FGO auf bereits laufende Verfahren.

Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil VIII R 29/23 vom 19.11.2024