Brennpunkt – Elternunterhalt

Brennpunkt – Elternunterhalt

Kernaussage

In Zeiten steigender Pflegekosten und finanzschwacher Kommunen versuchen letztere, Pflegekosten, die sie für sozialschwache ältere Menschen aufbringen müssen, im Wege des Elternunterhalts bei den (erwachsenen) Kindern beizutreiben. Dass das Gesetz diese Möglichkeit vorsieht, ist unbestritten. Die Kindergeneration wird dabei nur dadurch geschützt, dass im Rahmen der Ermittlung der Leistungsfähigkeit kleinere Zugeständnisse gemacht werden. Der Anspruch auf Elternunterhalt ist aber dann ausgeschlossen, wenn das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern zerrüttet ist, oder die Eltern bzw. Dritte die Pflegebedürftigkeit schuldhaft herbeigeführt haben. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat zu möglichen Ausschlussgründen nun in 2 Entscheidungen Stellung genommen.

Sachverhalt

Im ersten Fall trug der Kläger gegen den von Seiten der Kommune geltend gemachten Elternunterhaltsanspruch vor, der Vater, für den gezahlt werden sollte, habe nach der vor 27 Jahren erfolgten Scheidung der Eltern den Kontakt zu ihm abgebrochen, selbst auf Familienzusammenkünften nicht mit ihm geredet und ihn faktisch enterbt. Im zweiten Fall war die Mutter des Klägers psychisch erkrankt und aus dem Berufsleben ausgeschieden. Das Sozialamt gewährte fortan Sozialhilfe in Form von Darlehen. Parallel versäumten es Betreuer und Sozialamt, dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedschaft der Mutter in Pflege- und Krankenversicherung aufrecht erhalten blieb. Im Übrigen bestritt die Mutter ihren Lebensunterhalt aus Ehegattenunterhaltszahlung des geschiedenen Vaters, verbrauchte dabei aber auch den Teil des Ehegattenunterhalts der für die Fortführung einer Rentenversicherung gedacht war. Als diese zur Auszahlung gelangen sollte, leitete das Sozialamt den kapitalisierten Auszahlungsbetrag zum Ausgleich der Sozialhilfedarlehen auf sich über.

Entscheidung

In beiden Fällen lehnte das Gericht den Elternunterhaltsanspruch gegenüber dem Kind ab. Im ersten Fall seien die Voraussetzungen einer schweren Verfehlung des Elternteils gegeben, die zum vollständigen Ausschluss des Elternunterhaltes führten. Zwar reiche der Kontaktabbruch in der Regel nicht dafür aus, den Unterhaltsanspruch untergehen zu lassen. Im konkreten Fall habe der Vater aber in besonders kränkender Art und Weise gehandelt. Im zweiten Fall war das Gericht der Auffassung, dass die Maßnahmen Dritter, nämlich des Sozialamts, bei Vereinnahmung der Lebensversicherung bzw. des Betreuers und des Sozialamts beim Versäumen der Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung nicht zu Lasten des unterhaltspflichtigen Kindes gewertet werden dürften. Denn hätten der Mutter Lebensversicherung und Pflegegeld zur Verfügung gestanden, hätten die Pflegekosten, für die das Kind nunmehr in Anspruch genommen werde, beglichen werden können.

Konsequenz

Die Entscheidungen zeigen, dass unabhängig von der grundsätzlich bestehenden Unterhaltspflicht Gründe bestehen können, die eine Unterhaltspflicht ausschließen. Der sicherste Ausschlussgrund ist dabei derjenige, in dem der Sozialleistungsträger selber dafür gesorgt hat, dass die Pflegekosten nicht gedeckt sind (Fall 2). Der Ausschlussgrund der schweren Verfehlung des Elternteils (Fall 1) ist der umstrittenere; das Oberlandesgericht hat hier die Beschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Fraglich ist, welcher Schweregrad bei der Verfehlung erreicht werden muss. Es gibt Entscheidungen, in denen die Unterhaltspflicht in Abhängigkeit hierzu prozentual verringert wird.