Der Bundestag hat am Donnerstag, 20. Mai 2021, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes (19/27426) in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (19/29894) angenommen. CDU/CSU und SPD stimmten für den Entwurf, AfD, FDP und Linksfraktion dagegen, die Grünen enthielten sich. In zweiter Beratung hatte das Parlament einen Änderungsantrag der AfD-Fraktion (19/29905) mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen abgelehnt. In dritter Beratung wurden Entschließungsanträge der Linken (19/29906) und von Bündnis 90/Die Grünen (19/29907) abgelehnt. Linke und Grüne stimmten jeweils dafür, die übrigen Fraktionen lehnten beide Initiativen ab.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Wie es im Gesetzentwurf (19/27426) heißt, hat die EU den Mitgliedstaaten mit ihrer Richtlinie 2019 / 790 vom 17. April 2019 über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (DSM-RL; DSM für „Digital Single Market“) einen umfangreichen Rechtsetzungsauftrag erteilt. Die DSM-RL adressiere als Querschnittsrichtlinie eine Vielzahl urheberrechtlicher Fragen, zu ihrer Umsetzung seien daher etliche Rechtsänderungen erforderlich, die am 7. Juni 2021 in Kraft treten sollen. Bis zu diesem Zeitpunkt sei zudem die Online-SatCab-Richtlinie (EU) 2019/789 vom 17. April 2019 umzusetzen, die insbesondere die Online-Verwertung von Rundfunkprogrammen teilweise neu ordnet. Der jetzt angenommene Entwurf enthält außerdem Rechtsänderungen aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache Pelham vom 29. Juli 2019.
Im Einzelnen wird unter anderem die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen für die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte neu geordnet. Zum Schutz der Kunstfreiheit und der sozialen Kommunikation erlaubt der Entwurf die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke insbesondere zu den Zwecken von Zitat, Karikatur, Parodie und Pastiche. Um unverhältnismäßige Blockierungen entsprechender Uploads beim Einsatz automatisierter Verfahren zu vermeiden, enthält die Vorlage besondere Regeln für die öffentliche Wiedergabe. Die Kreativen sollen für lizenzierte Nutzungen einen Direktvergütungsanspruch gegen die Plattformen erhalten. Der Entwurf beinhaltet ebenfalls das neue Leistungsschutzrecht des Presseverlegers sowie Änderungen im Urhebervertragsrecht.
Anträge der FDP und der Linken abgelehnt
Keine Mehrheit fanden ein Antrag der FDP-Fraktion zur Verleihe von E-Books durch öffentliche Bibliotheken (19/23303) und zwei Anträge der Fraktion Die Linke zum Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts (19/14155) und zum Verleihen von digitalen Medien in öffentlichen Bibliotheken (19/14370). Gegen den FDP-Antrag stimmten alle übrigen Fraktion, die beiden Anträge der Linken wurden auch von den Grünen unterstützt, während die übrigen Fraktionen dagegen stimmten. Den Entscheidungen lag eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (19/29894) zugrunde.
Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion drang in ihrem abgelehnten Antrag (19/23303) auf eine flexible und sachgerechte Lösung bei der Verleihe von E-Books durch öffentliche Bibliotheken. Sie sprach sich unter anderem dafür aus, im Urheberrechtsgesetz eine Legaldefinition der elektronischen Ausleihe vorzunehmen und entsprechende Rechte und Pflichten für die Vertragsparteien hinsichtlich der Bereitstellung von Lizenzen und deren angemessenen Vergütung zu formulieren. Nach den Vorstellungen der Liberalen sollte bei der elektronischen Ausleihe auf Schrankenregelungen verzichtet und weiterhin auf Lizenzvereinbarungen gesetzt werden. Streitigkeiten über die Angemessenheit und Marktüblichkeit vertraglich festgelegter Konditionen zwischen Bibliotheken, Aggregatoren, Verlagen und Urhebern sollten in vorgelagerten Schiedsgerichten geklärt werden.
Die Fraktion verwies darauf, dass die elektronische Ausleihe in öffentlichen Bibliotheken in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen habe. Allerdings werde die elektronische Ausleihe durch überteuerte Lizenzen, geltende Ausschlüsse und Sperrfristen erschwert.
Erster Antrag der Linken
Die Linke verwies in ihrem ersten abgelehnten Antrag (19/14155) auf das im März 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft. Damit seien insbesondere die Schrankenregelungen, die die Nutzung urheberrechtlich geschützter Materialien für die Zwecke von Bildung und Wissenschaft ermöglichen, erweitert und systematisch zusammengefasst worden.
Die Linksfraktion forderte die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Befristung der im Urheberrechtsgesetz geregelten Bildungs- und Wissenschaftsschranken (Paragrafen 60a-f) aufhebt und die 2018 abgeschaffte Nutzungsmöglichkeit einzelner Beiträge aus Zeitungen und anderen als wissenschaftlichen Zeitschriften wieder einführt. Ferner trat sie dafür ein, bei der bis März 2022 anstehenden Evaluierung dieser Regelungen das Augenmerk auf eine mögliche Weiterentwicklung zu einer allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsschranke zu legen.
Zweiter Antrag der Linken
In ihrem zweiten abgelehnten Antrag (19/14370) wollte die Fraktion das Verleihen von digitalen Medien in öffentlichen Bibliotheken rechtlich absichern. Sie forderte die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um die Paragrafen 17 und 27 des Urheberrechtsgesetzes auf nichtkörperliche Medien auszuweiten. Nach der derzeitigen Fassung des Paragrafen 17 Absatz 2 Urheberrechtsgesetzes sei der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz bislang grundsätzlich nicht auf „unkörperliche “ Gegenstände wie beispielsweise E-Books anwendbar. Zudem müssten nach Ansicht der Linksfraktion die von Bund und Ländern aufgebrachten Mittel für die Vergütung, die gemäß Paragraf 27 Absatz 2 Urheberrechtsgesetz als Entschädigung für durch Ausleihen entgangene Einnahmen an Verlage und Autoren gezahlt werden, in angemessener Höhe aufgestockt werden.
Die Linksfraktion verwies auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 10. November 2016, nach der die „elektronische Leihe“ von Büchern nach EU-Recht möglich ist und die Mitgliedstaaten gesetzliche Regelungen einführen dürfen, die es Bibliotheken ermöglicht, E-Books zu verleihen. Voraussetzung sei, dass sich die E-Book-Datei nach Ablauf der Leihfrist automatisch unbrauchbar macht und die Rechteinhaber angemessen entschädigt werden. Dies werde von öffentlichen Bibliotheken bereits praktiziert. (mwo/rol/eis/20.05.2021)
Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 20.05.2021