Bundestag stimmt für Erhöhung des Wohngeldes

Der Bundestag hat am Donnerstag, 10. November 2022, das Wohngeld-Plus-Gesetz beschlossen. Ein dazu von den Koalitionsfraktionen eingebrachter Gesetzentwurf „zur Erhöhung des Wohngeldes“ (20/3936) wurde in einer vom Ausschuss geänderten Fassung mit der Mehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD gegen die Stimmen der CDU/CSU bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen (20/4356) sowie ein Bericht des Haushaltsauschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages (20/4375) vor. Eine gleichlautende Vorlage der Bundesregierung (20/4230) wurde vom Bundestag einstimmig für erledigt erklärt. Ein zu dem Gesetzentwurf vorgelegter Änderungsantrag der Linksfraktion (20/4365) wurde mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen abgelehnt. Keine Mehrheit fanden zudem zwei Entschließungsanträge, die die Union (20/4366) und die Linke (20/4367) zu dem Gesetzentwurf eingebracht hatten.

Darüber hinaus wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten (Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz – CO2KostAufG, 20/3172) angenommen. Für den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung votierten SPD, Grüne und FDP gegen die Stimmen von Union und AfD bei Enthaltung der Linksfraktion. Zwei zu dem Gesetzentwurf vorgelegte Entschließungsanträge der CDU/CSU (20/4385) und der AfD (20/4386) wurden mit der breiten Mehrheit der übrigen Fraktionen abgelehnt. Ebenfalls keine Mehrheit gegen die Mehrheit der übrigen Fraktionen fanden vier Anträge der Fraktion Die Linke zum CO2-Preis (20/1329), für einen Mietenstopp (20/2685), gegen Indexmietverträge (20/2687) und für ein Kündigungsmoratorium (20/4054). Den Abstimmungen lagen Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen (20/4383) und des Rechtsausschusses (20/4370).

Stärkere Unterstützung bei steigenden Wohnkosten

Ab dem 1. Januar 2023 sollen Haushalte mit niedrigeren Einkommen stärker bei steigenden Wohnkosten unterstützt werden. Um die durch steigende Energiekosten und energieeffiziente Sanierungen entstehenden höheren Wohnkosten besser abzufedern, soll die bisher umfangreichste Reform des Wohngeldes drei Komponenten enthalten: erstens die Einführung einer dauerhaften Heizkostenkomponente, die als Zuschlag auf die zu berücksichtigende Miete oder Belastung in die Wohngeldberechnung eingehen soll, zweitens die Einführung einer Klimakomponente und drittens eine Anpassung der Wohngeldformel.

Danach sollen rund 1,4 Millionen Haushalte erstmalig oder erneut einen Wohngeldanspruch erhalten, bisher sind es rund 600.000 Haushalte. Zudem soll sich der Wohngeldbetrag von durchschnittlich rund 180 Euro pro Monat auf rund 370 Euro pro Monat erhöhen.

Änderung im Ausschuss

Damit die Hilfe auch bei den Menschen ankomme, die sie benötigten, haben die Koalitionsfraktionen die Vorschläge der Sachverständigen nach der Anhörung des Ausschusses zur Wohngeldnovelle am 7. November 2022 geprüft und im parlamentarischen Verfahren aufgenommen. Es gelte, die für die Bearbeitung zuständigen Wohngeldstellen zu entlasten, ohne die Zielgenauigkeit des Instrument zu gefährden.

Ein entsprechender Änderungsantrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, für den der Ausschuss gegen die Stimmen der Unionsfraktion votierte, sieht nun unter anderem die Einführung von Bagatellgrenzen im Falle von Rückforderungen sowie die Möglichkeit der Verlängerung des Bewilligungszeitraums von 18 auf 24 Monate vor. Auch sollen die Effekte der neuen, dauerhaften Komponenten für Heizkosten und Klima nach zwei Jahren evaluiert werden.

Aufteilung der Kohlendioxidkosten

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (20/3172) zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten vorgelegt. Dieser sieht vor, die Kosten künftig abgestuft entsprechend dem Kohlendioxidausstoß des Gebäudes pro Quadratmeter Wohnfläche und damit anhand der energetischen Qualität des Gebäudes zu verteilen. So soll auf Vermieterseite ein Anreiz zu Investitionen in klimaschonende Heizungssysteme und energetische Sanierungen gesetzt werden, auf Seite der Mieterinnen und Mieter ein Anreiz zu energieeffizientem Verhalten.

Konkret sieht das Gesetz ein Stufenmodell für die Aufteilung vor. Bei Nichtwohngebäuden soll zunächst eine hälftige Teilung der Kohlendioxidkosten eingeführt werden. Die Aufteilung werde dazu führen, dass Vermieter zukünftig mit einem Anteil an den Kohlendioxidkosten belastet werden können, betont die Bundesregierung. Bisher fallen für die betroffenen Wohngebäude Kohlendioxidkosten von schätzungsweise einer Milliarde Euro an, die vollständig von den Mietern getragen werden.

Die Regelungen sollen unbefristet gelten, spätestens zum Ablauf der Festpreisphase des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) Ende 2025 um ein Stufenmodell für Nichtwohngebäude ergänzt und bis zum 30. September 2026 evaluiert werden, heißt es in der Vorlage. Die erforderliche Datengrundlage soll bis zum Ende des Jahres 2024 erarbeitet werden.

Erster Antrag Die Linke

Die Fraktion Die Linke fordert angesichts der steigenden Heizkosten eine rasche Änderung der Heizkostenverordnung und der Betriebskostenverordnung. In einem Antrag (20/1329) wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, „damit die CO2-Preise im Wärmebereich schnellstmöglich, spätestens zum Beginn der nächsten Heizperiode im Herbst 2022, nicht mehr von Mieterinnen und Mietern zu tragen sind, sondern vollständig von Vermieterinnen und Vermietern“ getragen werden. Für private Kleinvermieter, „die durch die Kosten energetischer Sanierung in eine wirtschaftliche Notlage geraten“, soll ein Härtefallfonds eingerichtet werden.

Zudem wird ein Gesetzentwurf verlangt, der kommunale Unternehmen im Bereich der Nah- und Fernwärmeversorgung gezielt finanziell so entlaste, dass CO2-bedingte Preisaufschläge bei den Heizkosten für Mieter kompensiert werden könnten. Hintergrund seien die stark gestiegenen Energiepreise. Nach Berechnungen des Mieterbundes entstünden Mietern in einer unsanierten Wohnung durch den CO2-Preis nach aktueller Rechtslage allein im Jahr 2022 Mehrkosten von 130 Euro bei Gasheizungen und 190 Euro bei Ölheizungen. In drei Jahren lägen sie nach Angaben des Mieterbundes jährlich bei 240 Euro für Ölheizungen und 350 Euro bei Gasheizungen.

Das im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vorgeschlagene Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen werde Mieter weiterhin belasten. Je nach Gebäudeenergieklasse soll es möglich sein, dass die Mieter zwischen zehn Prozent und 100 Prozent des CO2-Preises bezahlen müssten. Auch in der schlechtesten Gebäudeenergieklasse sollten die Mieter am CO2-Preis beteiligt werden. Der Deutsche Mieterbund kritisierte diese geplante Ausgestaltung. Selbst ein geringer Anteil der Kostenübernahme des CO2-Preises würde für arme Mieter eine enorme finanzielle Belastung bedeuten. Denn sie hätten keinerlei Möglichkeiten, die Wärmekosten zu reduzieren. Zudem werde die Anreizwirkung für energetische Sanierung für Vermieter durch die Beteiligung der Mieter am CO2-Preis verringert, heißt es in dem Antrag.

Zweiter Antrag Die Linke

Die Fraktion Die Linke fordert einen bundesweiten Mietenstopp für sechs Jahre und eine deutliche Verschärfung der Mietpreisbremse. In einem Antrag (20/2685) schreibt die Fraktion, dass angesichts der hohen Inflationsrate Mieterinnen und Mieter vor weiteren Preissteigerungen geschützt werden müssten.

Dazu soll die Bundesregierung nach Willen der Fraktion einen Gesetzentwurf vorlegen, der unter anderem ein grundsätzliches Moratorium für Mietanpassungen nach den Paragrafen 557 bis 559 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorsehen soll. Bei der Mietpreisbremse sollen unter anderem die bisherigen Ausnahmen dauerhaft gestrichen werden. Das Instrument soll zudem dauerhaft gültig sein und auch für Kurzzeitvermietungen und die Vermietung von möbilierten Wohnungen gelten.

Dritter Antrag Die Linke

Angesicht der hohen Inflation fordert die Fraktion Die Linke die Abschaffung von Indexmietverträgen. In bestehenden Index-Mietverträgen soll zudem die Mieterhöhung nach Paragraf 557b des Bürgerlichen Gesetzbuches untersagt werden, verlangt die Fraktion in einem entsprechenden Antrag (20/2687).

„Da sich Vertragsvereinbarungen mit Indexmieten als krisenanfällig zu Ungunsten der Mieterinnen und Mieter erweisen, sind diese nicht zukunftsfähig und müssen abgeschafft und Neuabschlüsse untersagt werden“, führt die Fraktion zur Begründung aus. In Bestandsverträgen sollen die Mieterinnen und Mieter ferner das Recht bekommen, den Vertrag so anzupassen, dass die Miethöhe in das System der ortsüblichen Vergleichsmiete eingegliedert wird.

Vierter Antrag Die Linke

Die Fraktion Die Linke will Mieterinnen und Mieter in der Energiepreiskrise besser schützen und sowohl für Wohnraum als auch Gewerbe schnellstmöglich ein einjähriges Kündigungsmoratorium bei krisenbedingten Zahlungsausfällen und eine Stundungsmöglichkeit über zwei Jahre einführen. Dafür spricht sie sich in einem Antrag (20/4054) aus. Die Linksfraktion fordert darin auch, alle Zwangsräumungsverfahren, die auf Zahlungsrückständen basieren, auszusetzen. Zwangsräumungen in die Obdachlosigkeit sollten grundsätzlich verboten werden.

Für Privatvermieter und kommunale und genossenschaftliche Wohnungsgesellschaften sowie kleine Wohnungsunternehmen, die aufgrund der Energiepreiskrise in wirtschaftliche Not geraten, sollte nach Ansicht der Fraktion ein Härtefallfonds eingerichtet werden, der schnelle, unbürokratische Darlehen gewährt. Außerdem soll es ein mindestens einjähriges Moratorium für Kreditverpflichtungen für selbstnutzende Wohneigentümer sowie Kleinvermieter in Zahlungsschwierigkeiten geben, deren Zahlungsschwierigkeiten nachweislich in den steigenden Energiekosten beziehungsweise im Zahlungsverzug der Mieterinnen und Mieter begründet sind.

Quelle: Deutscher Bundestag, Meldung vom 10.11.2022