Archiv der Kategorie: Einkommen- und Lohnsteuer

Spendenrechtliche Beurteilung von „Crowdfunding“ (§ 10b EStG)

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 4 – S-2223 / 17 / 10001 vom 15.12.2017

I. Allgemeines

Crowdfunding bezeichnet eine Form der Mittelakquise unter Nutzung internetbasierter Strukturen, die die Beteiligung einer Vielzahl von Personen (der „Crowd“) ermöglicht. Dabei werden die einzelnen durch einen Dritten („Projektveranstalter“) durchzuführenden Projekte oder zu entwickelnden Produkte auf einer Internetplattform (sog. „Crowdfunding-Portal“) vorgestellt und gezielt Gelder zur Erreichung eines häufig festen Finanzierungsziels eingeworben. Organisation und Abwicklung der einzelnen Akquisemethoden können dabei sehr unterschiedlich gestaltet sein.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Frage der spendenrechtlichen Beurteilung von Zahlungen, die im Rahmen eines Crowdfunding geleistet werden, Folgendes:

II. Klassisches Crowdfunding

Bei den jeweiligen Projektveranstaltern handelt es sich in der Regel um sog. Start-Up-Unternehmen, die das sog. „klassische Crowdfunding“ nutzen, um eine möglichst effiziente Form der Anlauffinanzierung zu erreichen. Die Unterstützer dieses „klassischen Crowdfunding“ erhalten für ihren Beitrag zur Erreichung des Finanzierungsziels eine Gegenleistung. Diese besteht regelmäßig in der Überlassung einer Ausfertigung des jeweiligen Projektergebnisses nach Beendigung der Projektphase (z. B. in Form eines technischen Wirtschaftsguts).

Zahlungen im Rahmen eines „klassischen Crowdfunding“ sind nicht als „Spende“ abziehbar. Eine Spende muss ohne die Erwartung eines besonderen Vorteils an einen begünstigten Zuwendungsempfänger im Sinne des § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG gegeben werden und die Spendenmotivation im Vordergrund stehen. Die Unentgeltlichkeit ist für die Spende und damit für den Spendenabzug nach den §§ 10b EStG, 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG, 9 Nr. 5 GewStG konstitutives Merkmal. Die steuerliche Entlastung der Spende ist nur gerechtfertigt, wenn sie ausschließlich fremdnützig, d. h. zur Förderung des Gemeinwohls, verwendet wird. Ein Spendenabzug ist daher ausgeschlossen, wenn die Ausgaben des Zuwendenden zur Erlangung einer Gegenleistung durch den Zuwendungsempfänger erbracht werden, ohne dass der Vorteil unmittelbar wirtschaftlicher Natur sein muss. Eine Aufteilung der Zahlung in ein angemessenes Entgelt und eine den Nutzen übersteigende „unentgeltliche“ Leistung scheidet bei einer einheitlichen Gegenleistung aus, denn auch im Falle einer Teilentgeltlichkeit fehlt der Zuwendung insgesamt die geforderte Uneigennützigkeit (vgl. BFH-Urteil vom 2. August 2006, XI R 6/03, BStBl II 2007 S. 8).

Ein Spendenabzug scheitert beim „klassischen Crowdfunding“ regelmäßig deswegen, weil der Zuwendungsempfänger entweder nicht steuerbegünstigt ist oder weil der Zuwendende für seine Leistung eine Gegenleistung erhält – auf das Verhältnis von Leistung oder Gegenleistung kommt es dabei nicht an (vgl. BFH-Urteile vom 25. August 1987, IX R 24/85, BStBl II 1987 S. 850 und vom 12. August 1999, XI R 65/98, BStBl II 2000 S. 65).

III. Spenden Crowdfunding

Als sog. „Spenden Crowdfunding“ werden anlassbezogene Spendensammlungen organisiert, die in der Regel ein festes Sammlungsziel haben. Nur bei Erreichen des Sammlungsziels in der vorgegebenen Höhe und Zeit leitet das Crowdfunding-Portal die eingesammelten Mittel an die jeweiligen Projektveranstalter weiter. Weder die einzelnen Zuwendenden noch das Crowdfunding-Portal erhalten für diese Zuwendung eine Gegenleistung. Wird das Sammlungsziel nicht erreicht, dann erhalten die zuwendenden Personen in einigen Fällen ihre Einzahlung ohne Abzüge zurück (sog. „Alles-oder-Nichts-Prinzip“). Wenn der Empfänger der Finanzierungsmittel aus dem Crowdfunding eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i. V. m. §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaft oder juristische Person des öffentlichen Rechts ist, dann ist diese nach den allgemeinen gemeinnützigkeits- und spendenrechtlichen Regelungen berechtigt, für die erhaltenen Mittel Zuwendungsbestätigungen nach § 50 Abs. 1 EStDV auszustellen. Die Zulässigkeit eines steuerlichen Spendenabzugs hängt dabei von den Eigenschaften der Beteiligten und den zwischen ihnen bestehenden rechtlichen Verbindungen ab.

1. Das Crowdfunding-Portal als Treuhänder

Tritt das Crowdfunding-Portal als Treuhänder für den Projektveranstalter auf und leitet es die vereinnahmten Zuwendungsmittel an diesen weiter, dann ist der Projektveranstalter zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen befugt, wenn

  • es sich bei ihm um eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i. V. m. §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaft oder um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt,
  • die Unterstützer des Projekts für ihre Zuwendung keine Gegenleistung erhalten, sondern allenfalls ein rein symbolisches „Dankeschön“ (z. B. Übermittlung eines Rechenschaftsberichts über die Durchführung des finanzierten Projekts),
  • das finanzierte Projekt in Verwirklichung seiner steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke durchgeführt wird und
  • eine zweifelsfreie Zuordnung der Spenden zum jeweiligen Zuwendenden möglich ist. Zweifelsfrei zuordenbar sind die Zuwendungen dann, wenn das Crowdfunding-Portal Angaben über den Namen und die Adresse der Spender sowie die Höhe des jeweiligen Spendenbetrags in Form einer Spenderliste dokumentiert und gemeinsam mit den Spendenmitteln an den Projektveranstalter übermittelt hat. Die Summe der in der Liste aufgeführten Beträge darf dabei den tatsächlich zugewandten Betrag nicht überschreiten.

Bei treuhänderischen Crowdfunding-Spenden scheidet die Möglichkeit der vereinfachten Nachweisführung des § 50 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStDV aus. Die normierte Nachweiserleichterung ist ausschließlich auf den Zahlungsverkehr zwischen zwei Beteiligten (Zuwendender und Zuwendungsempfänger) und nicht für Treuhandverhältnisse anwendbar.

2. Das Crowdfunding-Portal als Förderkörperschaft nach § 58 Nr. 1 AO

Liegen die unter III.1. genannten allgemeinen Voraussetzungen zum Zuwendungsabzug vor und handelt es sich bei dem Crowdfunding-Portal um eine nach § 58 Nr. 1 AO steuerbegünstigte Förderkörperschaft, welche die Zuwendungsmittel für eigene Rechnung vereinnahmt und in Verwirklichung der eigenen satzungsmäßigen Zwecke an nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i. V. m. §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaften (z. B. Projektveranstalter) oder juristische Personen des öffentlichen Rechts weiterleitet, dann ist diese nach den allgemeinen gemeinnützigkeits- und spendenrechtlichen Regelungen berechtigt, für die erhaltenen Mittel Zuwendungsbestätigungen nach § 50 Abs. 1 EStDV an die Spender auszustellen.

In diesen Fällen ist eine vereinfachte Nachweisführung gemäß § 50 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStDV unter den dort geregelten Voraussetzungen möglich.

3. Das Crowdfunding-Portal als steuerbegünstigter Zuwendungsempfänger

Ist das Crowdfunding-Portal selbst Projektveranstalter und eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i. V. m. §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaft oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts, ist es selbst zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen nach § 50 Abs. 1 EStDV berechtigt. Dies gilt auch für den vereinfachten Zuwendungsnachweis nach § 50 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStDV.

IV. Crowdinvesting, -lending

Bei dem Modell des sog. „Crowdinvesting“ werden die Mitglieder der Crowd finanziell an dem Projekterfolg beteiligt, indem ihre Investitionen eigenkapitalähnlichen Charakter besitzen. Beim sog. „Crowdlending“ vergibt die Crowd als Alternative zu einem klassischen Bankkredit über eine feste Laufzeit ein Darlehen zu einem vereinbarten Zins mit dem jeweiligen Projektveranstalter als Darlehensnehmer.

Soweit die Projektunterstützer ihr Vermögen in der vorgenannten Weise lediglich umschichten, scheidet ein Spendenabzug aus. Denn eine Ausgabe im Sinne des § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG setzt die endgültige wirtschaftliche Belastung des jeweiligen Geldgebers voraus (vgl. BFH-Urteil vom 20. Februar 1991, X R 191/87, BStBl II S. 690).

Quelle: BMF

BFH: Ausbildungsende im Kindergeldrecht

Die Kindergeldgewährung aufgrund einer Berufsausbildung endet nicht bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses einer Abschlussprüfung, sondern erst mit dem späteren Ablauf der gesetzlich festgelegten Ausbildungszeit. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14. September 2017 III R 19/16 zu § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.

Im Streitfall absolvierte die Tochter des Klägers eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin, die nach der einschlägigen landesrechtlichen Verordnung drei Jahre dauert. Der Ausbildungsvertrag hatte dementsprechend eine Laufzeit vom 1. September 2012 bis zum 31. August 2015. Die Tochter bestand die Abschlussprüfung im Juli 2015; in diesem Monat wurden ihr die Prüfungsnoten mitgeteilt. Die Kindergeldgewährung setzte voraus, dass sich die Tochter in Berufsausbildung befand (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG). Die Familienkasse ging davon aus, dass eine Berufsausbildung bereits mit Ablauf des Monats endet, in dem das Prüfungsergebnis bekanntgegeben wird, sodass es nicht auf das Ende der durch Rechtsvorschrift festgelegten Ausbildungszeit ankommt.

Die Familienkasse hob daher die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2015 auf und verwies hierzu auf die Rechtsprechung des BFH, der zufolge eine Ausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet. Der Kläger wandte sich dagegen und erstritt vor dem Finanzgericht das Kindergeld für den Monat August. Die Revision der Familienkasse hatte keinen Erfolg.

Der BFH hat mit dem neuen Urteil seine Rechtsprechung zur Dauer der Berufsausbildung präzisiert. In den bislang entschiedenen Fällen war die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt des Ausbildungsverhältnisses. Hiervon unterscheidet sich der Streitfall, weil hier das Ausbildungsende durch eine eigene Rechtsvorschrift geregelt ist. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Heilerziehungspflegeverordnung des Landes Baden-Württemberg dauert die Fachschulausbildung zur Heilerziehungspflegerin drei Jahre. Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), der zufolge eine Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, war nicht einschlägig, da die Ausbildung an einer dem Landesrecht unterstehenden berufsbildenden Schule absolviert wurde, sodass das BBiG nicht anwendbar war. Damit endete die Berufsausbildung nicht im Juli 2015, sondern erst mit Ablauf des Folgemonats.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 4/18 vom 10.01.2018 zum Urteil III R 19/16 vom 14.09.2017

BFH: Aufwendungen für heterologe künstliche Befruchtung in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen einer empfängnisunfähigen Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung führen nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Oktober 2017 VI R 47/15 auch dann zu einer außergewöhnlichen Belastung, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.

Die Klägerin, die im Streitjahr (2011) in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebte, entschloss sich aufgrund ihrer Unfruchtbarkeit, ihren Kinderwunsch durch eine künstliche Befruchtung mit Samen eines anonymen Spenders zu verwirklichen (heterologe künstliche Befruchtung). Die Behandlung ließ sie in einer dänischen Klinik durchführen. In ihrer Einkommensteuererklärung machte die Klägerin die Kosten dieser Behandlung von rund 8.500 Euro als außergewöhnliche Belastung i. S. des § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes geltend. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen unter Hinweis auf die Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen nicht zum Abzug zu. So sah es im Ergebnis auch das Finanzgericht (FG).

Demgegenüber hob der BFH das Urteil des FG auf und gab der Klage in vollem Umfang statt. Aufwendungen einer empfängnisunfähigen (unfruchtbaren) Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation führen als Krankheitskosten zu einer außergewöhnlichen Belastung. Dem steht nach dem Urteil des BFH nicht entgegen, dass die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt. Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass die den Aufwendungen zugrundeliegende Behandlung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang stehen muss. Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung führen daher nur zu einer außergewöhnlichen Belastung, wenn sie in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen werden. Dies bejaht der BFH für den Streitfall, da die Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen mehrerer Bundesländer der bei der Klägerin vorgenommenen Kinderwunschbehandlung nicht entgegenstanden. Der BFH geht zudem von einer Zwangslage zur Umgehung einer vorhandenen Sterilität aus. Diese könne auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht verneint werden. Der BFH sieht die Kosten dabei in vollem Umfang als abziehbar an. Eine Aufteilung komme nicht in Betracht, da die Aufwendungen insgesamt dazu dienten, die Fertilitätsstörung der Klägerin auszugleichen.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 2/18 vom 03.01.2018 zum Urteil VI R 47/15 vom 05.10.2017

 

EuGH bestätigt FG Köln: § 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des JStG 2007 ist europarechtswidrig

Der 2. Senat des Finanzgerichts Köln hatte Zweifel daran, ob § 50d Abs. 3 EStG mit der europäischen Niederlassungsfreiheit und mit der Mutter-Tochter-Richtlinie vereinbar ist. Deshalb hatte er diese Frage mit Beschlüssen vom 08.07.2016 (Az. 2 K 2995/12) und vom 31.08.2016 (Az. 2 K 721/13) dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Der EuGH hat beide Vorlagen zu einem Verfahren verbunden und nunmehr mit Urteil vom 20.12.2017 (Az. C-504/16 und C-613/16) die Zweifel des 2. Senates bestätigt. Er hat entschieden, dass die vorgelegte Fassung des § 50d Abs. 3 EStG sowohl gegen die Mutter-Tochter-Richtlinie als auch gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße.

Die Vorlagen betrafen § 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 (EStG 2007). Mit Wirkung zum 01.01.2012 wurde die Regelung zwar etwas entschärft. Der 2. Senat hat allerdings auch hinsichtlich der nachgebesserten Fassung des § 50d Abs. 3 EStG (2012) europarechtliche Bedenken. Er hat insbesondere Zweifel daran, ob diese Gesetzesänderung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinreichend Rechnung trägt. Denn nach wie vor werde einer im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Kapitalgesellschaft ggf. die Kapitalertragsteuererstattung versagt, auch wenn sie über eine angemessene Substanz verfüge. Eine Entscheidung des EuGH zu dieser Frage, die der 2. Senat mit Beschluss vom 17.05.2017 (Az. 2 K 773/16) vorgelegt hat, steht noch aus. Dieses Verfahren ist beim EuGH unter dem Aktenzeichen C-440/17 anhängig.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 02.01.2018 zum Urteil C-504/16 und C-613/16 des EuGH vom 20.12.2017

 

Erstattet eine Versicherungsgesellschaft die auf eine Abfindungszahlung entfallende Einkommensteuer, ist diese steuerpflichtig

Nach dem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 20. November 2017 (Az. 10 K 3494/15) ist die von einer Versicherungsgesellschaft erstattete Einkommensteuer als Entschädigung für entgangene Einnahmen (Verdienstausfall nach Unfall) steuerpflichtig.

Die Versicherungsgesellschaft habe nach dem Inhalt der Entschädigungsvereinbarung den Schaden abgegolten, „den der Kläger durch den entgangenen Gewinn aus gewerblicher Tätigkeit erlitten“ habe. Infolge eines Unfalls habe dieser einen Anspruch auf eine Verdienstausfallentschädigung gehabt. Der Schädiger habe ihm den Nettoverdienstausfall zuzüglich der hierauf entfallenden Einkommensteuer zu erstatten. Mit der Erstattung der Steuer erfülle die Versicherungsgesellschaft den „aus dem Unfall als schädigendem Ereignis entstandenen Schadensersatzanspruch“. Die Übernahme der steuerlichen Last stelle „keine gesondert zu beurteilende Schadensposition“ dar. Sie trete an die Stelle weggefallener Einnahmen und sei unmittelbare Folge des schädigenden Ereignisses. Erfolge die Auszahlung in Teilakten in verschiedenen Jahren, scheide eine ermäßigte Besteuerung aus. Die Besteuerung entspreche der steuerlichen Behandlung einer sog. „Bruttoabfindungsvereinbarung“. Bei einer solchen werde der Abfindungsbetrag so weit erhöht, dass dieser „nach Abzug der darauf entfallenden Einkommensteuer den von dem Kläger angestrebten Nettobetrag ergeben hätte“. Bei einer Bruttolohnvereinbarung sei der Gesamtbetrag als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen zu besteuern. Die im Betrag enthaltene Steuer werde nicht herausgerechnet und erhöhe die Bemessungsgrundlage. Nichts anderes sollte aus Gleichheitsgründen bei einer sog. Nettolohnvereinbarung gelten. Daher sei die erstattete Steuer zu besteuern.

Das Urteil ist (noch) nicht rechtskräftig. Das Finanzgericht ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Die Rechtsmittelfrist läuft noch.

Der selbständig tätige Kläger war bei einem Verkehrsunfall erheblich verletzt worden. Er und die Versicherungsgesellschaft vereinbarten die Zahlung eines Verdienstausfallschadens. Die Versicherungsgesellschaft zahlte dem Kläger die Abfindung 2011 in Höhe von 300.000 Euro „netto“ aus. Netto bedeutete, dass die Abfindung den auf den Verdienstausfall entfallenden Steuerschaden nicht umfasste. Die Versicherungsgesellschaft zahlte dem Kläger nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids für 2011 die auf den Verdienstausfall entfallende Einkommensteuer in Höhe von 124.649,90 Euro aus. Diesen Betrag besteuerte das beklagte Finanzamt. Nach Ansicht des Klägers ist die ihm zugeflossene Verdienstausfallentschädigung nach der Nettomethode berechnet worden. Die spätere Erstattung der Einkommensteuer stelle einen sog. nicht steuerbaren Schadensersatz dar. Betroffen sei die private Vermögensebene. Steuern seien Kosten der privaten Lebensführung. Ansonsten komme es zu einer „Endlosbesteuerung“. Jede Erstattung löse ihrerseits eine steuerpflichtige Erstattung aus.

Quelle: FG Baden-Württemberg

Lohnsteuerliche Behandlung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten der Arbeitnehmer ab Kalenderjahr 2018

Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung und anderer Verordnungen vom 7. Dezember 2017 (BGBl. I Seite 3906)

Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an die Arbeitnehmer abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert nach der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung – SvEV) zu bewerten. Dies gilt ab 1. Januar 2014 gemäß § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG auch für Mahlzeiten, die dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit oder im Rahmen einer doppelten Haushalts-ührung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellt werden, wenn der Preis der Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt. Die Sachbezugswerte ab Kalenderjahr 2018 sind durch die Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung und anderer Verordnungen vom 7. Dezember 2017 (BGBl. I Seite 3906) festgesetzt worden. Demzufolge beträgt der Wert für Mahlzeiten, die ab Kalenderjahr 2018 gewährt werden,

  1. für ein Mittag- oder Abendessen 3,23 Euro,
  2. für ein Frühstück 1,73 Euro.

Im Übrigen wird auf R 8.1 Abs. 7 und 8 LStR 2015 sowie auf das BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts vom 24. Oktober 2014 (BStBl I Seite 1412) hingewiesen.

Quelle: BMF, Schreiben IV C 5 – S-2334 / 08 / 10005-10 vom 21.12.2017

 

Entschädigungsleistung für einen Nießbrauchverzicht

Entschädigungsleistung für einen Nießbrauchverzicht, der zur Beendigung der durch den Nießbrauch bedingten Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führt, stellt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft dar

FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 22.12.2017 zum Urteil 5 K 207/13 vom 11.05.2016 (nrkr – BFH-Az.: VI R 26/17)

Der 5. Senat des Finanzgerichts hat mit Urteil vom 11. Mai 2016 (Aktenzeichen 5 K 207/13) entschieden, dass die Zahlung einer Entschädigung für einen Nießbrauchverzicht, der zu einer Beendigung der durch den Nießbrauch bedingten Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führt, bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen ist.

Die Entscheidung enthält umfangreiche Hinweise auf Literatur und Rechtsprechung zum sog. Vorbehaltsnießbrauch (ein Elternteil übereignet den Hof im Wege vorweg genommener Erbfolge an ein Kind und behält sich einen Nießbrauch an dem Betrieb bis an sein Lebensende vor) in Abgrenzung zur sog. „Rheinischen Hofübergabe“ (der neue Eigentümer übernimmt von dem Vorbehaltsnießbraucher auch die aktive Bewirtschaftung). Zu den Konsequenzen einer Veräußerung hat der Senat folgendes erkannt: Veräußere der Eigentümer Betriebsgrundstücke, so müsse er die Veräußerungsgewinne versteuern. Bestehe ein Vorbehaltsnießbrauch, würden die Gewinne aus der Veräußerung von Betriebsgrundstücken dem Eigentümer zugerechnet. Sei der land- und forstwirtschaftliche Betrieb im Rahmen eines Nießbrauchrechts bewirtschaftet worden und beende der Berechtigte diese Tätigkeit durch Aufgabe dieses Nießbrauchrechts gegen Zahlung einer Entschädigung, sei die Entschädigung in voller Höhe im Rahmen des § 14 EStG steuerlich zu erfassen.

Der BFH hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin gegen das Urteil die Revision zugelassen (dortiges Aktenzeichen VI R 26/17). Die Entscheidung wurde deswegen nachträglich veröffentlicht.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Newsletter IV/2017

Zinszahlungen eines BgA an eine Trägerkörperschaft als vGA

Zinszahlungen eines Betriebes gewerblicher Art (BgA) an die Trägerkörperschaft für ein unter marktüblichen Bedingungen gewährtes internes Darlehen zur Finanzierung der Übertragung von wesentlichen Betriebsgrundlagen als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)

Zinszahlungen eines Betriebes gewerblicher Art (BgA) an die Trägerkörperschaft für ein unter marktüblichen Bedingungen gewährtes internes Darlehen zur Finanzierung der Übertragung von wesentlichen Betriebsgrundlagen als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)Der 1. Senat des Finanzgerichts hat sich in einem Urteil vom 8. März 2017 (Aktenzeichen 1 K 61/15) – ausgehend von der hierzu ergangenen BFH-Rechtsprechung – ausführlich mit der Frage der Anwendung der Grundsätze der Betriebsaufspaltung auf das Verhältnis von Trägerkörperschaft und BgA auseinandergesetzt und diese in Teilbereichen weitergeführt. So hat er erkannt, dass Zinszahlungen eines Betriebes gewerblicher Art an die Trägerkörperschaft für ein unter marktüblichen Bedingungen gewährtes internes Darlehen zur Finanzierung der Übertragung von Wirtschaftsgütern, die wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen, bei einer angemessenen Kapitalausstattung des Betriebes gewerblicher Art auch dann nicht zu einer vGA führen, wenn die Wirtschaftsgüter vor der Übertragung zum Hoheitsvermögen der Trägerkörperschaft gehörten und dort mit Eigenkapital finanziert waren.

Dabei führe auch der Umstand, dass vor dem Erwerb der Wirtschaftsgüter eine Betriebsaufspaltung vorgelegen habe, nicht zu einer Beschränkung der Finanzierungsfreiheit. Es bestünden keine Ansatzpunkte dafür, dass – anders als im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft – die Finanzierungsfreiheit des BgA aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit beschränkt werden müsse. Der Umstand, dass die Trägerkörperschaft hinsichtlich der aus dem Darlehen resultierenden Zinseinnahmen nicht – auch nicht beschränkt – steuerpflichtig sei, während die Darlehenszinsen bei dem Gesellschafter als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensbesteuerung unterlägen, sei in der gesetzlichen Regelung der Steuerbefreiung angelegt. Wollte man hierin eine wettbewerbswidrige Besserstellung der öffentlichen Hand sehen, so bliebe für interne Darlehen der Trägerkörperschaft an ihren BgA entgegen der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung kein Raum.

Zudem liege jedenfalls auch keine vGA vor, wenn eine Übertragung von Wirtschaftsgütern in das Betriebsvermögen des BgA daran scheitere, dass die Wirtschaftsgüter weiterhin dem Hoheitsvermögen der Trägerkörperschaft zuzuordnen seien, sofern die Zinsen für das interne Darlehen nicht die Verzinsung des in den Wirtschaftsgütern gebundenen Kapitals überstiegen, die in die Kalkulation einer kostendeckenden Gebühr für die Überlassung der Wirtschaftsgüter einzubeziehen wäre.

Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden, das Verfahren wird beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 24/17 geführt.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 22.12.2017 zum Urteil 1 K 61/15 vom 08.03.2017 (nrkr – BFH-Az.: I R 24/17)

Darlehenszinsen für ein nießbrauchsbelastetes Grundstück können vorweggenommene Werbungskosten sein

Der Erwerber eines mit einem Nießbrauchsrecht belasteten Grundstücks kann die Schuldzinsen für die Anschaffungskosten als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Das entschied der 5. Senat mit Urteil vom 25. April 2017 (Az. 5 K 763/15). Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (Az. IX R 20/17).

Der Kläger hatte zusammen mit seiner Schwester im Wege der vorweggenommenen Erbfolge im Jahr 1995 von seiner Mutter sowie im Jahr 2008 von seiner Tante ein bebautes Grundstück zu Miteigentum in Höhe von je 50 % erworben. Das aufstehende Gebäude umfasst eine kleinere Ladeneinheit und sechs Mietwohnungen. Die Mutter des Klägers behielt sich und ihrem Ehemann den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Die Tante des Klägers behielt sich ebenfalls den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Nachdem der Vater des Klägers verstorben war, standen die Nießbrauchsrechte der Mutter und der Tante je zur Hälfte zu, die das Grundstück gemeinschaftlich vermieteten. Im Jahr 2011 erwarb der Kläger von seiner Schwester deren hälftigen Miteigentumsanteil an dem nießbrauchsbelasteten Grundstück zum Kaufpreis von 250.000 Euro. Die für diesen Grundstücksanteil vom Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als vorweggenommene Werbungskosten erklärten Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Schuldzinsen erkannte das Finanzamt (FA) nicht an.

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht erkannte die Darlehenszinsen nicht aber die AfA als vorweggenommene Werbungskosten an. In den vom Bundesfinanzhof (BFH) bisher entschiedenen Fällen zur Berücksichtigung von Werbungskosten bei einem mit einem lebenslangen Nießbrauch belasteten Grundstück sei die Berücksichtigung beim Grundstückseigentümer jeweils am Nachweis eines ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den geltend gemachten Aufwendungen und der Einkunftsart gescheitert, in deren Rahmen der Abzug begehrt worden sei. Nach Ansicht des BFH fehle es regelmäßig an der Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen für eine Immobilie tätige, die eine andere Person zu nutzen berechtigt und ein Ende der Nutzung nicht absehbar sei.

Die Ungewissheit über den genauen Beginn der Einkünfteerzielung sei bei der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht indes kein absolutes Ausschlusskriterium. Dem zeitlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren Vermietung komme lediglich indizielle Bedeutung zu. Insofern könne beim Steuerpflichtigen auch dann die Einkünfteerzielungsabsicht bejaht werden, wenn das konkrete Ende des Nießbrauchs im Streitjahr noch nicht absehbar sei. Dies sei der Fall, wenn trotz des noch nicht feststehenden Beginns der Einkünfteerzielung aufgrund weiterer äußerer Umstände keine Zweifel daran bestünden, dass der Steuerpflichtige bereits im Streitjahr beabsichtige, nach dem Wegfall des rechtlichen Hindernisses steuerpflichtige Einkünfte zu erzielen. Das sei hier der Fall. Der Senat habe nach dem glaubhaften Vortrag des Klägers keine Zweifel daran, dass der Kläger bereits im Streitjahr beabsichtigte, nach dem Wegfall der Nießbrauchrechte zugunsten seiner Mutter und seiner Tante mit dem streitgegenständlichen Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Hätte der Kläger hingegen die Absicht gehabt, seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück zu veräußern, so hätte der Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils von seiner Schwester wenig Sinn gemacht, denn sie hätten das Grundstück auch gemeinsam veräußern können. Auch eine nicht zu steuerpflichtigen Einkünften führende zukünftige Nutzung des Grundstücks durch den Kläger (z. B. zu eigenen Wohnzwecken) könne ausgeschlossen werden. Im Gegensatz zu Erhaltungsaufwendungen, die sich bereits auf das Jahr ihrer Ausführung und damit auf einen Zeitraum beziehen würden, in dem noch nicht der Eigentümer des Grundstücks, sondern allein der Nießbrauchsberechtigte Vermietungseinkünfte erziele, handele es sich bei den Anschaffungskosten für das Grundstück und den damit im Zusammenhang stehenden Finanzierungskosten um Aufwendungen, die ausschließlich im Hinblick auf die in der Zukunft beabsichtigte Vermietung getätigt würden.

Die geltend gemachte AfA könne aber nicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Die AfA beziehe sich auf die Abnutzung des Gebäudes. Im Streitjahr 2013 hätten die Nießbrauchsberechtigten (Mutter und Tante des Klägers) das Gebäude zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt. Allein sie seien daher zur Geltendmachung von AfA auf das Gebäude berechtigt gewesen. Da der Kläger im Jahr 2013 (noch) keine Vermietungseinkünfte mit der entgeltlich erworbenen Grundstückshälfte erzielt habe, fehle es bei ihm am wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem durch die AfA abgebildeten Wertverzehr und den in der Zukunft beabsichtigten Vermietungseinkünften.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 22.12.2017 zum Urteil 5 K 763/15 vom 25.04.2017 (nrkr – BFH-Az.: IX R 20/17)

 

Nichtsteuerbare Einkünfte aus einer Managementbeteiligung

Mit Urteil vom 9. Mai 2017 (Az. 5 K 3825/14) hat der 5. Senat des Finanzgerichts entschieden, dass Erlöse aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen eines an der GmbH beteiligten Geschäftsführers bei entsprechender Gestaltung weder als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) noch nach §§ 17, 20 Abs. 2, 23 EStG steuerbar sind. Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. VI B 99/17).

Der verheiratete Kläger war angestellter Geschäftsführer der XY GmbH, die als Holding der X-Unternehmensgruppe fungierte. Die Anteile der XY GmbH wurden im Jahr 2005 von einer Investorengruppe aus der Private Equity Branche erworben, die das Ziel hatte, das erworbene Unternehmen nach einer grundlegenden Umstrukturierung mit Gewinn zu veräußern. Um die angestrebte Wertsteigerung der erworbenen Unternehmensbeteiligung zu erreichen und einzelne Manager und Führungskräfte in der X-Unternehmensgruppe stärker an das Unternehmen zu binden, hatten die neuen Mehrheitsgesellschafter vorgesehen, ausgewählte Manager an der Holdinggesellschaft zu beteiligen. Hierzu gehörte auch der Kläger. Er erwarb im Jahr 2005 fremdfinanzierte Geschäftsanteile und war seitdem zu 0,5 % am Stammkapital der XY GmbH beteiligt. Im Zuge einer im Jahr 2007 erfolgten Umstrukturierung der X-Unternehmensgruppe wurden die Anteile an der XY GmbH gegen neue Anteile an der XA GmbH eingetauscht. Der Kläger war jetzt zu 0,96 % am Stammkapital der XA GmbH beteiligt. Nach der Umstrukturierung bestand erneut die Möglichkeit, sich an der XA GmbH (nun allerdings nur noch im Rahmen einer Treuhand) zu beteiligen. Im Jahr 2008 erwarb die Ehefrau des Klägers (Klägerin) treuhänderisch zu haltende Geschäftsanteile an der XA GmbH. Sie war somit als Treugeberin zu 0,11 % am Stammkapital der XA GmbH beteiligt.

Im Jahr 2009 veräußerten die Kläger ebenso wie die anderen Gesellschafter ihre Beteiligung an der XA GmbH. Der Verkaufspreis wurde in drei Tranchen ausgezahlt, die erste Tranche im Jahr 2009, die zweite und dritte in den Jahren 2011 und 2014. Das Finanzamt (FA) qualifizierte sämtliche Verkaufserlöse als dem Kläger im Jahr 2009 zugeflossener Arbeitslohn.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt. Die Erlöse aus der Veräußerung der GmbH-Anteile seien weder als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit noch als Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften gem. § 17 EStG zu qualifizieren. Da sie auch keiner anderen Einkunftsart zuzuordnen seien, unterlägen sie nicht der Einkommensteuer. Beteilige sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, könne die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, sodass die damit in Zusammenhang stehenden Einnahmen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stünden. Der Arbeitnehmer nutze in diesem Fall sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage. Die daraus erzielten laufenden Erträge seien dann keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen. Im Falle der Veräußerung der Kapitalbeteiligung komme dementsprechend eine Steuerbarkeit nach §§ 17, 20 Abs. 2, 23 EStG in Betracht.

So sei es im Streitfall. Ein für Lohneinkünfte notwendiger Veranlassungszusammenhang zwischen dem Dienstverhältnis des Klägers und den Erlösen aus der Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligungen des Klägers und seiner Ehefrau bestehe nicht. Die Erlöse hätten ihre Ursache vielmehr allein in der unmittelbaren bzw. mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung der Kläger, die als Sonderrechtsbeziehung unabhängig vom Arbeitsverhältnis des Klägers bestanden habe. Es habe sich bei den Beteiligungen um eine gewöhnliche Gesellschaftsbeteiligung mit den üblichen Chancen und Risiken gehandelt. Die Tatsache, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer für das Ziel der Mehrheitsgesellschafter, die X-Unternehmensgruppe mittelfristig mit Gewinn zu veräußern, wichtig war, sei noch kein Indiz dafür, dass dessen Beteiligung an der Holdinggesellschaft durch sein Arbeitsverhältnis veranlasst gewesen sei. Denn der Kläger habe neben seinem Festgehalt auch noch eine variable Vergütung eines bestimmten Prozentsatzes des jährlichen Wertzuwachses des Unternehmens erhalten. Vor allem habe der Kläger im Zusammenhang mit seinem Anteilserwerb und dem seiner Frau von seinem Arbeitgeber bzw. dessen Eigentümern keinen Vorteil zugewandt bekommen, der über die bloße Chance auf einen späteren Veräußerungsgewinn hinausgegangen sei.

Bei den Erlösen der Kläger aus der Veräußerung ihrer Geschäftsanteile an der XA GmbH handele es sich auch nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, weil diese Vorschrift gemäß § 52 Abs. 28 Satz 11 EStG erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden sei, die nach dem 31. Dezember 2008 erworben worden sind. Sowohl der Kläger als auch die Klägerin hätten ihre Anteile bereits vor diesem Datum erworben. Es lägen auch keine sonstigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor, da die Kläger ihre Geschäftsanteile jeweils länger als ein Jahr gehalten hätten.

Die Veräußerungsgewinne der Kläger seien auch nicht gemäß § 17 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren, weil die Kläger jeweils nicht zu mindestens einem Prozent an der XA GmbH beteiligt gewesen seien. Eine Zurechnung des Gesellschaftsanteils der Klägerin beim Kläger gemäß § 42 der Abgabenordnung (AO) komme nicht in Betracht. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liege nicht vor. Die Ehegatten hätten jeweils eigenständig Geschäftsanteile an der GmbH gehalten, die zwar zusammengenommen die 1 %-Grenze des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG überstiegen. Jeder Anteil für sich sei aber unter dieser Grenze geblieben. Trotz Ehe und Zusammenveranlagung seien Ehegatten auch im Steuerrecht eigenständige Rechtssubjekte.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 22.12.2017 zum Urteil 5 K 3825/14 vom 09.05.2017 (nrkr – BFH-Az.: VI B 99/17)