Archiv der Kategorie: Privatbereich

Behinderte Kinder: Kein Kindergeld bei eigenem Einkommen

Behinderte Kinder: Kein Kindergeld bei eigenem Einkommen

Auch nachdem die Grenzbetragsregelung mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 entfallen ist, besteht ein Kindergeldanspruch für behinderte Kinder nur dann, wenn das Kind nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Das entschied das Finanzgericht Sachsen-Anhalt.

Eltern behinderter Kinder haben auch dann einen Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind älter als 18 Jahre ist. Es ist sogar möglich, dass dieser Kindergeldanspruch über das 25. Lebensjahr hinaus weiterbesteht. Eine Einschränkung gibt es: Übersteigt das Einkommen des behinderten Kindes bestimmte Grenzen, entfällt der Anspruch. Bis 2011 wurde für die Berechnung des Grundbedarfs der sogenannte Grenzbetrag der Einkünfte in Höhe von 8.004 EUR herangezogen.

Grundfreibetrag ersetzt Grenzbetrag
Allerdings ersetzte der Gesetzgeber diesen Grenzbetrag mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 durch den Grundfreibetrag, der im Jahr 2012 bei 8.004 EUR lag. Diese Änderung war Gegenstand eines Rechtstreits, den das Finanzgericht Sachsen-Anhalt zu entscheiden hatte.

In dem Streit ging es um das Kindergeld für den seelisch behinderten Sohn einer Familie, der seit 2007 mit einem Grad der Behinderung von 70 % eingestuft ist und seit 2002 eine Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit bezieht. Der Sohn lebt zudem in einem eigenen Haushalt.

Nachdem die Familienkasse im Jahr 2012 den Bedarf und die verfügbaren Mittel des Sohns errechnet hatte, hob es die Festsetzung des Kindergelds ab 1.9.2012 auf. Begründung: Der Sohn sei aufgrund der eigenen finanziellen Mittel in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Konkret: Die Einkünfte lagen über dem Grundfreibetrag von 8.004 EUR.

Dagegen legte die Familie Einspruch ein und verwies darauf, dass mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 der Grenzbetrag entfallen sei und damit unabhängig von den eigenen Einkünften des Sohns ein Anspruch auf Kindergeld bestehe. Nachdem das Finanzamt den Einspruch zurückgewiesen hatte, erhob die Familie die Klage vor dem Finanzgericht.

Finanzgericht lässt keine Revision zu
Das Finanzgericht folgte jedoch der Rechnung der Familienkasse, dass der Sohn der Klägerin in der Lage sei, sich selbst zu unterhalten. Das sei dann der Fall, wenn das Kind genügend Geld verdiene, um den Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Dieser setze sich dabei zusammen aus dem allgemeinen Grundbedarf und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf. Für den Streitzeitraum 2012 sei der Grundbedarf mit dem damaligen Grundfreibetrag von 8.004 EUR anzusetzen. Hinzu komme ein individueller behinderungsbedingter Mehraufwand. Dafür könne der Steuerpflichtige Einzelnachweise vorlegen, andernfalls komme der maßgebliche Behinderten-Pauschbetrag zum Ansatz. Liegen dann die Einkünfte des Kindes über der Summe aus Grundfreibetrag und Mehraufwand, entfalle auch der Anspruch der Eltern auf das Kindergeld.

Übernahme fehlerhafter Lohndaten

Übernahme fehlerhafter Lohndaten

Übernimmt das Finanzamt bei der Bearbeitung einer Einkommensteuererklärung falsch übermittelte Lohndaten des Arbeitgebers, obwohl der Steuerbürger seinen Lohn korrekt erklärt hat, darf der Steuerbescheid nach Ansicht des Niedersächsischen Finanzgerichts später nicht wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden.

Hintergrund
Die klagenden Eheleute übermittelten ihre Einkommensteuererklärung 2012 via Elster (ohne Authentifizierung) und reichten den unterschriebenen Papierausdruck beim Finanzamt nach. Auf der Anlage N des Ehemannes hatten sie (zutreffend) einen Bruttoarbeitslohn von 41.046 EUR und einbehaltene Lohnsteuer von 4.605 EUR erklärt. Der Arbeitgeber des Ehemannes hatte dem Finanzamt allerdings im Verfahren Elster Lohn I falsche Daten zur elektronischen Lohnsteuerbescheinigung übermittelt (Bruttoarbeitslohn von 27.364 EUR und Lohnsteuer von 3.070 EUR). Das Finanzamt berücksichtigte im Rahmen der Veranlagung zunächst die falschen Lohndaten des Arbeitgebers; 2 Monate später erkannte es aber seinen Fehler und änderte den Steuerbescheid. Durch den nachträglichen Ansatz des höheren Arbeitslohns ergab sich eine Steuernachzahlung.

Entscheidung
Das Niedersächsische Finanzgericht kam im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung zu dem Ergebnis, dass der Bescheid nicht geändert werden durfte. Die Finanzbehörden können Schreib- und Rechenfehler, sowie ähnliche offenbare Unrichtigkeit zwar jederzeit berichtigen, wenn der Fehler in ihrer Sphäre entstanden ist. Die Übernahme fehlerhaft übertragener Lohnsteuerdaten wertete das Finanzgericht jedoch weder als Schreib- oder Rechenfehler, noch als ähnliche offenbare Unrichtigkeit.

Vorliegend hatten die Eheleute ihre Daten korrekt in der Steuererklärung angegeben. Im Zuge der Veranlagung hatte der Bearbeiter die elektronisch übermittelten Erklärungsdaten abgerufen, wobei das Programm der Finanzbehörde im Rahmen einer maschinellen Probeberechnung die übermittelten Daten des Arbeitgebers mit den übermittelten Daten des Steuerbürgers abgleicht. Wenn es dabei – wie vorliegend – zu Abweichungen kommt, wird dem Bearbeiter folgender Bearbeitungshinweis ausgegeben: „Bei [dem Steuerpflichtigen] weichen die Daten der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung von den erklärten Werten ab […]. Bitte prüfen“. Der Sachbearbeiter wurde also deutlich auf die vorliegende Divergenz zwischen den übermittelten Lohndaten hingewiesen, was nach Auffassung des Finanzgerichts ein Grund hätte sein müssen, die fehlende Stimmigkeit der Daten zu überprüfen.

Versicherungsschutz als Student endet mit 37 Jahren

Versicherungsschutz als Student endet mit 37 Jahren

Die Versicherungspflicht als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung endet auch im Fall des nahtlosen Vorliegens von sog. Hinderungsgründen (z. B. Erkrankung, Behinderung), spätestens mit dem 37. Lebensjahr.

Die Krankenversicherungspflicht als Student über den Zeitpunkt der Vollendung des 30. Lebensjahrs hinaus kommt nur infrage, wenn Hinderungsgründe für die Überschreitung dieser Altersgrenze ursächlich waren.

Keine zeitlich unbegrenzte Verlängerung
Liegen solche Gründe vor und bestehen sie über den Zeitpunkt der Vollendung des 30. Lebensjahrs hinaus nahtlos fort, verlängern sie gleichwohl die Versicherungspflicht nicht zeitlich unbegrenzt. Vielmehr hat sich das Fortdauern des kostengünstigen Versicherungsschutzes als Student an dem maximalen Zeitrahmen zu orientieren, den das Gesetz auch vor Vollendung des 30. Lebensjahrs für das nicht verzögerte Erreichen eines Studienabschlusses akzeptiert. Das sind 14 Fachsemester, mithin 7 Jahre. Die Höchstdauer der Versicherungspflicht als Student reicht daher längstens bis zur Vollendung des 37. Lebensjahrs.

Bundessozialgericht ist Vorinstanzen nicht gefolgt
Im konkreten Fall hatte der Kläger am 30.9.2009 (= von der Beklagten in ihrem Bescheid festgelegtes Ende der Versicherungspflicht) das 37. Lebensjahr längst überschritten.

Das Bundessozialgericht ist damit nicht den Vorinstanzen und der Beklagten gefolgt, die als maximalen Verlängerungszeitraum eine Zeitspanne von 11 bis 12 Jahren angenommen hatten (= typischer Zeitraum zwischen dem Erwerb der Hochschulreife und der gesetzlichen Altersgrenze des 30. Lebensjahrs).

Verstoß gegen Diskriminierungsverbot nicht ersichtlich
Die vom Kläger gerügte Verletzung des behinderte Menschen schützenden Diskriminierungsverbots, anderer Regelungen höherrangigen Rechts und der UN-Behindertenrechtskonvention liegt nicht vor. Ein Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung behinderter Menschen ist nicht ersichtlich. Zu ihren Gunsten bestehen keine Ansprüche auf eine bestimmte Art der Durchführung der Gesundheitsversorgung, insbesondere nicht darauf, die kostengünstig ausgestaltete Versicherungspflicht als Student zeitlich unbegrenzt zur Verfügung gestellt zu erhalten.

Ehescheidungskosten nach wie vor steuerlich absetzbar

Ehescheidungskosten nach wie vor steuerlich absetzbar

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat als erstes über die Frage entschieden, ob Scheidungskosten nach der ab 2013 geltenden gesetzlichen Neuregelung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden können.

Hintergrund
Nach einer neuen Vorschrift sind Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen und nur ausnahmsweise steuerlich anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige ohne diese Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Das Finanzgericht bejahte das Vorliegen der Abzugsvoraussetzungen bei den Prozesskosten für die Ehescheidung selbst, lehnte sie hingegen bezüglich der Scheidungsfolgesachen ab.

Entscheidungsgründe
Die gesetzliche Bestimmung, nach welcher Aufwendungen für Prozesse mit existentieller Bedeutung für den Steuerpflichtigen abzugsfähig seien, gehe auf eine Formulierung in einem Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 1996 zurück, in welchem gerade die ständige Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten bestätigt worden sei. Mit der Übernahme dieser Formulierung habe der Gesetzgeber offensichtlich auch die dem Urteil des Bundesfinanzhofs zugrunde liegenden Wertungen – einschließlich der Anerkennung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung – übernommen. Für einen Steuerpflichtigen sei es existentiell, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können. Die Kosten der Ehescheidung, die nur durch einen zivilgerichtlichen Prozess herbeigeführt werden könne, seien daher für den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.

Dieses Ergebnis entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Verschärfung der Abzugsvoraussetzungen lediglich die für zu weitgehend erachtete neue Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2011 zur Anerkennung von Prozesskosten auch für beliebige (nicht aussichtslose) Prozesse als außergewöhnliche Belastung habe korrigieren und die bis zu dieser Rechtsprechungsänderung bestehende Rechtslage wiederherstellen wollen. So ergebe sich aus einer Stellungnahme des Bundesrats im Gesetzgebungsverfahren das Ziel, die Anerkennung von Prozesskosten auf den „bisherigen engen Rahmen“ zu beschränken. Hierzu hätten die unmittelbaren Kosten eines Scheidungsprozesses stets gezählt.

Scheidungsfolgekosten sind keine außergewöhnlichen Belastungen
Demgegenüber seien nach der Neuregelung ab 2013 die Scheidungsfolgekosten nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die für das neue Familienrecht entsprechend gelte, seien Prozesskosten im Zusammenhang mit den Folgesachen Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht nicht als zwangsläufig anzusehen. Diese Folgesachen würden nicht zwingend, sondern nur auf Antrag eines Ehepartners mit dem Scheidungsverfahren zusammen – im Zwangsverbund – verhandelt und entschieden. Sie könnten auch in einer außergerichtlichen Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werden. Die geänderte Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2011 sei ab dem Veranlagungszeitraum 2013 durch die gesetzliche Verschärfung der Abzugsvoraussetzungen überholt.

Wohnungseigentumsrecht: Bestehende Rauchwarnmelder müssen berücksichtigt werden

Wohnungseigentumsrecht: Bestehende Rauchwarnmelder müssen berücksichtigt werden

Ein Beschluss der Wohnungseigentümer, Rauchwarnmelder für alle Wohnungseigentümer anzuschaffen und zu warten, ist unzulässig, wenn ein Wohnungseigentümer bereits seit einigen Jahren Rauchwarnmelder betreibt, die den technischen Erfordernissen entsprechen.

Hintergrund
Bauordnungsrechtlich war es geboten, die Eigentumswohnungen bis Ende 2015 mit Rauchwarnmeldern auszustatten. Deswegen hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen, Rauchwarnmelder im Rahmen eines 10-Jahres-Vertrags anzumieten und einer Drittfirma die Funktionsprüfung, Wartung und Dokumentation vertraglich zu überlassen. Die anfallenden Kosten sollten dann jeweils im Rahmen der Jahresabrechnung nach Miteigentumsanteilen verteilt werden. Hiermit war ein Wohnungseigentümer aus verständlichen Gründen nicht einverstanden und hat den Beschluss angefochten. Er hatte nämlich schon vor einigen Jahren Rauchwarnmelder in seiner Wohnung installiert, die auch den technischen Voraussetzungen (DIN 14676) genügen.

Entscheidung
Seine Klage war erfolgreich. Unproblematisch wurde eine entsprechende Beschlusskompetenz der Gemeinschaft noch bejaht. Nach Ansicht des Gerichts widerspricht der Beschluss aber ordnungsmäßiger Verwaltung. Denn völlig unberücksichtigt blieb die Tatsache, dass der Wohnungseigentümer bereits seit einigen Jahren in seinen Räumen technisch ausreichende Rauchwarnmelder betreibt. Ohne Not wird der Wohnungseigentümer mit den Kosten für die Anschaffung und Wartung anderer Rauchwarnmelder belastet, obwohl für seine Wohneinheit kein Bedürfnis dafür besteht. Unstreitig werden Rauchwarnmelder nicht nur zum Schutz des jeweiligen Sondereigentümers, sondern aller Bewohner und Besucher der Wohnanlage eingebaut. Selbstverständlich muss die Verwaltung sicherstellen, dass sämtliche Rauchwarnmelder zuverlässig funktionieren. Diesem Sicherungsinteresse kann aber nicht nur in der Weise genügt werden, dass seitens der Gemeinschaft für sämtliche Wohnungen neue Rauchwarnmelder angeschafft werden und dass die Gemeinschaft dann für diese Geräte einen einheitlichen Wartungsvertrag abschließt. Es wäre auch möglich gewesen, dass der jeweilige Wohnungseigentümer, der bereits Rauchwarnmelder angeschafft hat, der Verwaltung gegenüber nachweist, dass die betreffenden Geräte den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und dass die Wartung in dem erforderlichen Umfang durchgeführt wird.

Einzelner Wohnungseigentümer kann Sanierung des Gemeinschaftseigentums verlangen

Einzelner Wohnungseigentümer kann Sanierung des Gemeinschaftseigentums verlangen

Wohnungseigentümer müssen die Kosten dringend erforderlicher Sanierungen gemeinsam bezahlen. Das gilt selbst dann, wenn sie sich die Renovierung nicht leisten können. Stimmen sie einem entsprechenden Beschluss nicht zu, können sie sich schadensersatzpflichtig machen.

Hintergrund
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft bestand zunächst aus 2 Einheiten im Erd- und Dachgeschoss. Durch den Ausbau von Kellerräumen und einer entsprechenden Teilungserklärung entstand ab 1996 eine dritte Sondereigentumseinheit. Die Klägerin erwarb die im Keller gelegene Wohnung im Jahr 2002 unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Seit 2008 weist die Kellerwohnung einen Feuchtigkeitsschaden auf und ist inzwischen unbewohnbar. Ursache hierfür sind Baumängel, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen.

Das Amtsgericht hat die Eigentümer der 2 anderen Wohnungen verurteilt, der anteiligen Aufbringung der Kosten für die Sanierung der Kellergeschosswohnung und der entsprechenden Bildung einer Sonderumlage zuzustimmen. Zusätzlich wurden sie verpflichtet, Schadensersatz aufgrund der verzögerten Renovierung der Kellergeschosswohnung zu zahlen. Das Berufungsgericht hat das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Begründung: die Kostenbelastung überschreitet die „Opfergrenze“ der betagten und finanzschwachen Eigentümer, deren Wohnungen auch ohne die Sanierung nutzbar seien.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof sieht das anders. Er hat entschieden, dass die Klägerin sowohl die Zustimmung zu der anteiligen Kostentragung als auch zur Bildung der Sonderumlage verlangen kann. Im Grundsatz kann jeder Wohnungseigentümer die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums beanspruchen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümer einen Gestaltungsspielraum haben, d. h. sie müssen das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen. Deshalb ist eine Abwägung von Kosten und Nutzen einer Maßnahme rechtens mit dem Ergebnis, dass nicht zwingend erforderliche Maßnahmen zurückgestellt werden dürfen. Anders liegt der Fall aber dann, wenn eine sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich ist. Dies war vorliegend der Fall, denn durch die sanierungsbedürftigen Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum war die Wohnung der Klägerin inzwischen unbewohnbar. Da es hier um den notwendigen Erhalt der Wohnungseigentumsanlage geht, spielt es auch keine Rolle, ob die Eigentümer betagt oder finanzschwach sind. Im Ergebnis müssen deshalb alle Wohnungseigentümer anteilig für die Sanierungskosten aufkommen, auch wenn sie in erster Linie der Kellergeschosswohnung zugutekommen.

Und noch eine weitere wichtige Feststellung hat der Bundesgerichtshof getroffen: Eine Ersatzpflicht der Wohnungseigentümer kommt für solche Schäden an dem Sondereigentum in Betracht, die dadurch entstehen, dass die gebotene Beschlussfassung über die Vornahme zwingend erforderlicher Maßnahmen unterbleibt. Eine Haftung kann diejenigen Wohnungseigentümer treffen, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.

Berechnung Arbeitslosengeld: Lohnsteuerklasse zu Beginn des Jahres maßgeblich

Berechnung Arbeitslosengeld: Lohnsteuerklasse zu Beginn des Jahres maßgeblich

Die Arbeitsverwaltung ist im Rahmen der Berechnung der Höhe des Arbeitslosengelds grundsätzlich an die Lohnsteuerklasse gebunden, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, gebildet war. So lautet eine Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart.

Hintergrund
Der Kläger begehrte mit der erhobenen Klage ein höheres Arbeitslosengeld I. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit Gewährung einer vorgezogenen Betriebsrente ab dem 1.1.2013. Am 29.11.2012 meldete sich der Kläger arbeitslos und stellte einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld I. Er legte eine Lohnsteuerkarte vor, in der die Lohnsteuerklasse 3 eingetragen war.

Berechnung nach Steuerklasse 6 nicht korrekt
Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin Arbeitslosengeld I unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse 6. Dies begründete sie damit, dass zwar grundsätzlich diejenige Steuerklasse zu berücksichtigen sei, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei, als Lohnsteuerabzugsmerkmal gebildet worden sei. Allerdings sei bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld die Steuerklasse zugrunde zu legen, die im Fall einer Arbeitsaufnahme in Betracht komme. Dies sei beim Kläger die Steuerklasse 6, da die Betriebsrente bereits nach Steuerklasse 3 versteuert werde.

Keine hypothetische Lohnsteuereingruppierung
Diese Vorgehensweise erklärte das Sozialgericht in Stuttgart für nicht zulässig. Die Arbeitsverwaltung sei grundsätzlich an das seitens der Finanzverwaltung eingetragene Lohnsteuerabzugsmerkmal gebunden. Gründe für eine hypothetische Lohnsteuereingruppierung im Fall von Arbeitsaufnahme seien nicht ersichtlich.

Freiwillige Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben

Freiwillige Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben

Wer während eines Auslandseinsatzes steuerfreie (Progressions-)Einkünfte erzielt, kann seine gleichzeitig gezahlten freiwilligen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach einem neuen Urteil des Finanzgerichts Köln als Sonderausgaben abziehen.

Hintergrund
Ein Arbeitnehmer nahm zum 1.5.2011 eine Auslandstätigkeit in Aserbaidschan auf und erzielte deshalb fortan steuerfreie Einkünfte, die in Deutschland dem Progressionsvorbehalt unterlagen. Ebenfalls ab Mai 2011 leistete er freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung, die sich in 2011 auf insgesamt 6.000 EUR beliefen.

Das Finanzamt verwehrte dem Arbeitnehmer den Sonderausgabenabzug für diese Beiträge und begründete dies damit, dass Vorsorgeaufwendungen nicht abgezogen werden dürfen, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen.

Entscheidung
Das Finanzgericht erkannte die freiwilligen Zahlungen jedoch als Sonderausgaben an. Das Gericht führte aus, dass ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen steuerfreien Einnahmen und Aufwendungen, der einen Sonderausgabenabzug ausschließt, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur gegeben ist, wenn beide Positionen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn der Bezug von steuerfreien Einnahmen Pflichtbeiträge an einen Sozialversicherungsträger ausgelöst hat.

Der vorliegende Sachverhalt ist anders gelagert, da die Auslandstätigkeit in Aserbaidschan gerade keine Pflichtbeiträge ausgelöst hat, sondern der Arbeitnehmer die Zahlungen aus freiem Entschluss geleistet hatte.

Riester-Verträge sind in der Regel pfändbar

Riester-Verträge sind in der Regel pfändbar

Finanzhäuser vermitteln in der Regel, das in Riester-Verträgen angesparte Vermögen sei nicht pfändbar. Das Gegenteil ist richtig, wie ein Urteil des Amtsgerichts München belegt. Sämtliches Vermögen in Riester-Verträgen, soweit es auf Beiträgen beruht, die (noch) nicht gefördert wurden, kann jederzeit gepfändet werden.

Das Amtsgericht München schließt dies aus dem Wortlaut des Einkommensteuergesetzes, wo nicht von förderfähigen, sondern nur von geförderten Beiträgen gesprochen wird. Bei den nicht geförderten Beiträgen handelt es sich dem Amtsgericht München zufolge nicht nur um solche Beiträge, die von Anfang als nicht förderfähige Überzahlungen vertraglich vereinbart wurden, sondern auch um sämtliche Beiträge, für die eine Förderung zum Pfändungszeitpunkt tatsächlich noch nicht erfolgt ist.

Förderfähigkeit von Beiträgen steht einer Pfändbarkeit bei Riester nicht entgegen
Weil wegen der Pfändbarkeit im Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften nur auf die tatsächlich geförderten, aber nicht die prinzipiell „förderfähigen“ Beiträge und das daraus aufgebaute Vermögen abgestellt wird, ist das gesamte angesparte Riester-Kapital aus Beiträgen, für die noch keine Förderung geleistet wurde, pfändbar.

Die Pfändung erfolgt auch insoweit, als Antragsfristen noch nicht abgelaufen sind und die Förderung daher grundsätzlich noch möglich wäre. Dies gilt auch, wenn im Jahr Beiträge eingezahlt wurden, aber die Förderung noch nicht, sondern erst nach Ablauf des Jahresendes beantragt werden kann. Und auch, wenn die Förderung schon beantragt wurde, aber über den Förderantrag noch nicht entschieden wurde oder die Förderung noch nicht ausgezahlt wurde, ist eine Pfändung möglich.

Kein Pfändungsschutz in unbegrenzter Höhe durch Verteilung auf mehrere Verträge
Kein Riester-Sparer kann sein Vermögen in unbegrenzter Höhe auf beliebig viele Riester-Verträge verteilen, und bei jedem einzelnen Vertrag, wenn er entdeckt wird, jeweils noch eine Pfändung verhindern, indem er auf die gesetzliche Fördermöglichkeit verweist. Der Gesetzgeber schützt nur die tatsächlich geförderten Beiträge und das daraus angesparte Riester-Kapital.

Der Insolvenzverwalter erhält oft das gesamte Riester-Vermögen aus überzahlten Beiträgen selbst für Jahre der Förderung zurück, dazu die Beiträge der Jahre, für die eine Förderung noch nicht beantragt beziehungsweise ausgezahlt wurde, und die Beiträge des laufenden Jahres, für die noch gar kein Förderantrag gestellt werden konnte.

Der Riester-Sparer kann rechtzeitig den Riester-Vertrag ganz oder teilweise kündigen, soweit er für ihn keine Förderung erhalten hat, muss er dann eine solche nicht zurückzahlen.

Hinsichtlich des Rests muss der Gläubiger abwarten, ob der Vertrag irgendwann gekündigt wird, oder sich der Versicherungsnehmer das übliche 1/3 Teilkapital bei Rentenbeginn auszahlen lässt.

Er kann aber spätestens die Riester-Rente pfänden, wenn das Gesamteinkommen hoch genug ist, auch komplett. Denn was vorher der Pfändung entgangen ist, kann als Rente gepfändet werden, soweit mit allem anderen Einkommen zusammen die unpfändbaren Beträge überschritten werden.

Wann verfolgt der Vermieter eine Einkunftserzielungsabsicht?

Wann verfolgt der Vermieter eine Einkunftserzielungsabsicht?

Verluste aus Vermietung und Verpachtung können steuerlich nur abgezogen werden, wenn der Vermieter eine Einkunftserzielungsabsicht hat. Wann dieses Motiv vorliegt, hat das Bayerische Landesamt für Steuern in einem ausführlichen Leitfaden dargestellt.

Vermieter verlustbringender Immobilien wollen den Fiskus in aller Regel an ihren Vermietungsverlusten beteiligen – sie handeln dabei nach der Devise „geteiltes Leid ist halbes Leid“. Allerdings gelingt ihnen ein steuerlicher Verlustabzug nur, wenn sie nachweislich die Absicht haben, nachhaltig und dauerhaft Gewinne bzw. Überschüsse mit ihrem Mietobjekt zu erzielen. Fehlt ihnen diese Einkunftserzielungsabsicht, erkennen die Finanzbehörden die Vermietungsverluste nicht steuerlich an, sondern ordnet sie dem steuerlich irrelevanten Bereich der Liebhaberei zu. In der Praxis ist das Merkmal der Einkunftserzielungsabsicht daher von zentraler Bedeutung.

Neuer Leitfaden zur Einkunftserzielungsabsicht
Das Bayerische Landesamt für Steuern (BayLfSt) hat nun in einem ausführlichen Leitfaden dargestellt, anhand welcher Kriterien die Einkunftserzielungsabsicht geprüft wird, welche Rechtsprechungsgrundsätze dabei zu beachten sind und wie Sonderfälle der Vermietung gehandhabt werden. Die Grundsätze gelten ab dem Veranlagungszeitraum 2012.

Wann ist die Einkunftserzielungsabsicht nicht zu prüfen?

Bei einer auf Dauer angelegten Vermietung von Wohnungen, aus der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung resultieren, ist grundsätzlich ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass der Vermieter eine Einkunftserzielungsabsicht hat (auch bei verbilligter Wohnraumüberlassung). Diese Vermutung gilt jedoch nicht bei der Vermietung von Gewerbeobjekten und unbebauten Grundstücken.

Wer also z. B. mit der Vermietung einer Eigentumswohnung jahrelang nur rote Zahlen schreibt, kann seine Verluste grundsätzlich ohne nähere Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht steuerlich abziehen, sofern die Vermietung auf Dauer (= ohne Befristung) erfolgt.

Wann ist die Vermietung auf Dauer angelegt?
Eine auf Dauer angelegte Vermietung liegt vor, wenn die Vermietung nach den bei Vermietungsbeginn vorliegenden Umständen keiner Befristung unterliegt. Hat sich ein Vermieter erst einmal endgültig zur dauerhaften Vermietung entschlossen und veräußert er sein Objekt später bzw. nutzt es später selbst, so kann für die Dauer der Vermietung gleichwohl von einer Einkunftserzielungsabsicht ausgegangen werden, wenn der Verkauf bzw. die Selbstnutzung auf einem neuen Entschluss beruht. Ein solcher steuerunschädlicher Motivwechsel kann z. B. bei Scheidung oder finanzieller Notlage vorliegen.

Was spricht gegen eine Einkunftserzielungsabsicht?
Folgende Beweisanzeichen sprechen gegen eine Einkunftserzielungsabsicht:

  • Es liegt nur eine vorübergehende (verlustbringende) Vermietung vor, z. B. bei Beteiligung an einem Mietkauf- oder Bauherrenmodell mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie.
  • Der Vermieter bietet ein noch nicht vermietetes Grundstück gleichzeitig zum Verkauf an.
  • Es wird nur befristet vermietet (in Form eines Zeitmietvertrags).
  • Der Vermieter hat eine nur kurz laufende Fremdfinanzierung abgeschlossen.
  • Das Objekt wird nach Anschaffung/Herstellung zeitnah veräußert oder selbstgenutzt (in der Regel innerhalb von 5 Jahren).
  • Das Objekt wird außergewöhnlich lange renoviert (mehr als 5 Jahre).

Verfahrensrechtlicher „Zugriff“
Wenn die Finanzämter erst nachträglich feststellen, dass einem Vermieter die Einkunftserzielungsabsicht fehlt, kommt eine Änderung der Steuerbescheide (= Verlustaberkennung) aufgrund neuer Tatsachen in Betracht.

Besonderheiten bei Ferienwohnungen
Bei der Vermietung von Ferienwohnungen wird eine Einkunftserzielungsabsicht auf Seiten des Vermieters unterstellt, wenn er die Wohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet bzw. vermieten will und keine Selbstnutzung vorliegt. Eine ausschließliche Vermietung ist anzunehmen, wenn die Wohnung an mindestens 75 % der ortsüblichen Vermietungstage tatsächlich vermietet wird.

Bei vorbehaltener Selbstnutzung oder Vermietungstagen unterhalb der 75 %-Quote müssen die Finanzämter anhand einer in die Zukunft gerichteten Überschussprognose prüfen, ob eine Einkunftserzielungsabsicht vorliegt.

Leerstehende Immobilien
Bei leerstehenden Immobilien sind die Finanzbehörden angehalten, stets in die Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht einzusteigen. Für den Entschluss zur dauerhaften Vermietung spricht z. B., dass der Vermieter Vermietungsanzeigen geschaltet oder einen Makler beauftragt hat. Gegen eine Einkunftserzielungsabsicht spricht, wenn der Vermieter trotz anhaltend erfolgloser Mietersuche an seinen (überhöhten) Mietpreisvorstellungen festhält oder er das Objekt jahrelang renoviert.

Wie eine Überschussprognose aufzustellen ist
Wenn Beweisanzeichen gegen eine Einkunftserzielungsabsicht sprechen (z. B. befristete Vermietung), prüfen die Finanzämter anhand einer vom Vermieter zu erstellenden Überschussprognose, ob sich mit dem Mietobjekt überhaupt einen Totalüberschuss erzielen lässt. In diese Berechnung fließen regelmäßig die voraussichtlich erzielbaren (steuerpflichtigen) Einnahmen und Werbungskosten der nächsten 30 Jahre ein. Bei einer befristeten Vermietung fällt der Prognosezeitraum entsprechend kürzer aus.

Der Totalüberschuss darf vom Vermieter nicht durch die Einrechnung von Wertsteigerungen des Objekts oder zu erwartenden privaten Veräußerungsgewinnen „frisiert“ werden.

Sonstige Inhalte
Das BayLfSt geht in seinem Leitfaden zudem auf Grundsätze zur verbilligten Überlassung von Wohnraum (66 %-Grenze), die Vermietung von Luxuswohnungen, sowie Besonderheiten bei Gewerbeobjekten ein und gibt in der Anlage des Leitfadens eine Übersicht über Bundesfinanzhof-Urteile und Verwaltungsanweisungen zur Thematik.