Archiv der Kategorie: Privatbereich

Kündigung wegen Hinaustragens der Vermieterin ist unwirksam

Kündigung wegen Hinaustragens der Vermieterin ist unwirksam

Wehrt sich der Mieter gegen eine Verletzung seines Hausrechts durch die Vermieterin dadurch, dass er die Vermieterin vor die Tür trägt, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die Kündigung des Mietverhältnisses. 

Hintergrund
Die Vermieterin eines Hauses verlangt vom Mieter nach einer fristlosten Kündigung die Räumung. Das Mietverhältnis besteht seit Juli 2006.

Am 16.8.2012 suchte die Vermieterin den Mieter vereinbarungsgemäß auf, um Rauchwarnmelder im Haus zu begutachten. Nachdem die Vermieterin gegen den Willen des Mieters versucht hatte, weitere Zimmer zu betreten, kam es zu einer Auseinandersetzung. Der Mieter forderte die Vermieterin auf, das Haus zu verlassen. Dem kam die Vermieterin nicht nach. Daraufhin umfasste der Mieter die Vermieterin mit den Armen und trug sie aus dem Haus.

Aufgrund dieses Vorfalls kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Da der Mieter die Kündigung nicht akzeptiert, klagt die Vermieterin auf Räumung.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof gibt dem Mieter Recht. Die Kündigung ist weder als fristlose noch als ordentliche Kündigung wirksam.

Die Vertragsparteien hatten vereinbart, dass die Vermieterin (nur) die Räume mit den angebrachten Rauchmeldern in Augenschein nehmen sollte. Zu einer weiteren eigenmächtigen Besichtigung war die Vermieterin nicht berechtigt. Indem die Vermieterin gleichwohl gegen den Willen des Mieters eine Besichtigung anderer Räume durchsetzen wollte und das Haus trotz Aufforderung des Vermieters nicht verlassen hat, hat sie das Hausrecht des Mieters verletzt. Sie trägt deshalb zumindest eine Mitschuld an dem nachfolgenden Geschehen.

Mitverschulden der Vermieterin
Angesichts der Gesamtumstände, insbesondere des vorangegangenen pflichtwidrigen Verhaltens der Vermieterin, ist das mit der Kündigung beanstandete Verhalten des Mieters keine so gravierende Pflichtverletzung, dass der Vermieterin nicht zugemutet werden könnte, das Mietverhältnis fortzusetzen; dies selbst dann, wenn der Mieter die Grenzen erlaubter Notwehr geringfügig überschritten haben sollte. Eine fristlose Kündigung war daher nicht gerechtfertigt.

Auch eine Vertragsverletzung von einem Gewicht, das ein berechtigtes Interesse der Vermieterin an der Beendigung des Mietvertrags rechtfertigt, lag unter diesen Umständen nicht vor. Deshalb ging auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ins Leere.

Bundesgerichtshof entscheidet: Kein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms

Bundesgerichtshof entscheidet: Kein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms

Der Bundesgerichtshof hat endlich, aber nicht abschließend, entschieden, ob Radfahrern ohne Schutzhelm bei Unfällen weniger Schadenersatz zugesprochen werden kann. Es ging um die Frage, ob für Freizeitradler und Radler auf dem Weg zur Arbeit das Nichttragen eines Helms eine Obliegenheitsverletzung darstellt und damit zu einer entsprechenden Mithaftungsquote führt.

Geklagt hatte, mit Unterstützung des ADFC, eine Radfahrerin aus Schleswig-Holstein. Sie war 2011 auf dem Weg zur Arbeit schwer am Kopf verletzt worden.

Radfahrerin mit Autotür zu Fall gebracht
Eine Autofahrerin hatte am Straßenrand geparkt und unmittelbar vor der sich nähernden Radfahrerin die Tür geöffnet. Die Radlerin prallte dagegen und stürzte. Von der Autofahrerin und deren Versicherung verlangt sie Schadenersatz.

Oberlandesgericht entschied noch auf Mitverschulden
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hatte der Klägerin ein Mitverschulden von 20 % angelastet, weil sie keinen Schutzhelm getragen und damit Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen habe.

Der Bundesgerichtshof hat nun das Urteil aufgehoben und der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Nichttragen eines Fahrradhelms führt nicht zu einer Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens.

Für Radfahrer ist Tragen eines Schutzhelms nicht Pflicht

Die Begründung des Bundesgerichtshofs
Für Radfahrer sei das Tragen eines Schutzhelms nicht vorgeschrieben.

  • Zwar könne einem Geschädigten auch ohne einen Verstoß gegen Vorschriften haftungsrechtlich ein Mitverschulden anzulasten sein,
  • dazu müsse er aber diejenige Sorgfalt außer Acht lassen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt.

Zu unvorsichtig? Nicht nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum Unfallzeitpunkt
Ein solches Mitverschulden wäre hier laut Bundesgerichtshof zu bejahen, wenn das Tragen von Schutzhelmen zur Unfallzeit nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz erforderlich und zumutbar gewesen wäre. Ein solches Verkehrsbewusstsein hat es jedoch zum Zeitpunkt des Unfalls der Klägerin noch nicht gegeben.

Die allermeisten fahren „ohne“
So trugen nach repräsentativen Verkehrsbeobachtungen der Bundesanstalt für Straßenwesen im Jahr 2011 innerorts nur 11 % der Fahrradfahrer einen Schutzhelm.

Das reichte dem Bundesgerichtshof nicht, um den fehlenden Helm bei der Klägerin zu sanktionieren und eine Kürzung des Schadensersatzes durch die Kfz-Haftpflicht der Autofahrerin abzunicken.

Hinweis
Inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung des Radfahrers das Nichtragen eines Schutzhelms ein Mitverschulden begründen kann, war nicht zu entscheiden. Das Oberlandesgericht betonte in seiner Entscheidung, dass ein sportlich fahrender Radfahrer, der sich nicht lediglich von A nach B bewege, sondern das Fahrrad auch als Sportgerät nutze, fahrlässig handle, wenn er ohne Helm fahre.

Merke aber auch: Fahren ohne Helm gefährdet Ihre Gesundheit! warnt die Weltgesundheitsorganisation.

Finanzamt darf bei Nachzahlungszinsen nicht übertreiben

Finanzamt darf bei Nachzahlungszinsen nicht übertreiben

Eheleute stehen immer wieder vor der Frage, wie sie ihre Einkünfte dem Finanzamt erklären sollen: in einer gemeinsamen oder einer getrennten Einkommensteuererklärung? Je nach Entwicklung der Einkommen sollten die Partner immer wieder prüfen, ob die gewählte Veranlagungsform noch die richtige ist. Insbesondere wenn beide gewerblich aktiv sind, empfiehlt sich eine genaue Prüfung, wie ein Streitfall vor dem Finanzgericht Münster zeigt.

Zum Hintergrund
Ein Ehepaar, das im Streitjahr 2006 mit einem Gewerbebetrieb sehr gut verdiente, hatte sich für eine getrennte Veranlagung entschieden. Dabei wies der Ehemann keine Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb aus und musste dem entsprechend auch wenig Steuern zahlen. Bei einer Betriebsprüfung im Jahr 2011 kam die Beteiligung jedoch ans Tageslicht mit der Folge, dass die Gewinnzuweisung zwischen den Eheleuten neu aufgeteilt und eine satte Steuernachzahlung von 328.000 EUR fällig wurde. Erschwerend kamen Nachzahlungszinsen von 80.000 EUR hinzu.

Um diese finanzielle Belastung zu reduzieren, beantragte das Ehepaar den Wechsel in die gemeinsame Veranlagung. Damit reduzierte sich die Einkommensteuernachzahlung auf 151.000 EUR. Dennoch verlangte das Finanzamt Nachzahlungszinsen in unveränderter Höhe.

Nachdem das Finanzamt den Antrag auf Halbierung der Nachzahlungszinsen abgelehnt hatte, zogen die Eheleute vor das Finanzgericht Münster mit der Begründung, dass nur auf die endgültig festgesetzte Steuer von 151.000 EUR Zinsen berechnet werden dürften.

Finanzgericht: Entscheidung des Finanzamts rechtswidrig
So sah es auch das Finanzgericht Münster. Die Begründung der Richter: Einen Teil der Zinsen nicht zu erlassen, sei ein Ermessensfehler und damit rechtswidrig. Zwar entspräche es der Gesetzeslage, dass die Nachzahlungszinsen auf Grundlage der ursprünglichen Steuernachforderung zu berechnen sind. Auch eine rückwirkende Umstellung auf eine Zusammenveranlagung habe keine Auswirkungen für bereits festgesetzte Zinsen. Diese Regelung könne im Einzelfall jedoch nicht angemessen sein.

Daher muss das Finanzamt über den Antrag der Kläger neu entscheiden. Hierbei müsse es bei der Berechnung der Zinsen deutlich machen, welchen Liquiditätsvorteil der Kläger gehabt habe. Des Weiteren müsse sich das Finanzamt mit der Frage auseinandersetzen, ob der Wechsel in eine andere Veranlagungsform eine Zinsfestsetzung erst ab der Kenntnis einer belastenden Feststellung auslöst.

Praxistipp
Die rechtlichen Grundlagen für Nachzahlungszinsen sind in § 233a der Abgabenordnung geregelt, der auch Gegenstand dieses Rechtsstreits ist. Er gilt als eine schwierigsten Bestimmungen der gesamten Abgabenordnung. Zwar ist der Ausgangsfall, dass die Nachverzinsung 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 AO), einsetzt, noch als relativ einfach anzusehen. Den richtigen Zinsbetrag zu ermitteln, wenn die Steuerfestsetzung später geändert wird so wie in diesem Fall, bereitet aber erhebliche Probleme.

Denn der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zufolge ist ein erstmaliger Antrag auf Zusammenveranlagung zwar als ein Ereignis mit Rückwirkung anzusehen, das aber nach der gesetzlichen Regelung in der Abgabeordnung keine Auswirkungen auf die Berechnung der Zinsnachzahlung haben kann. Zweck der Bestimmung ist es lediglich, die Zinsvorteile, die der Steuerzahler aufgrund der verspäteten Steuerzahlung hatte, abzuschöpfen oder auch Zinsnachteile zu beseitigen. Im Streitfall hatte der Kläger indes keinen Zinsvorteil erlangt, sodass die Festsetzung der Zinsen zumindest in der Höhe, wie sie vor dem Antrag auf Zusammenveranlagung berechnet wurde, dem Sinn des Gesetzes widersprach. Die Entscheidung des Finanzgerichts ist daher plausibel, die endgültige Berechnung aber weiterhin dem Finanzamt überlassen.

Einzelfragen zur Spendenhaftung geklärt

Einzelfragen zur Spendenhaftung geklärt

Wer wann und in welcher Höhe für falsch ausgestellte Spendenbescheinigungen oder zweckfremde Mittelverwendungen haftet, stellt die Oberfinanzdirektion Frankfurt mit Verfügung vom 17.3.2014 dar. Besonderes Augenmerk legt die Oberfinanzdirektion dabei auf die Bestimmung des Haftungsschuldners und den Vertrauensschutz beim Zuwendenden.

Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine falsche Spendenbescheinigung ausstellt oder die zweckfremde Verwendung von Spendenmitteln veranlasst, haftet für die entgangene Steuer. Insoweit wird also zwischen einer Aussteller- und einer Veranlasserhaftung unterschieden.

Welche Grundsätze bei der Haftungsinanspruchnahme gelten, hat die Oberfinanzdirektion Frankfurt nun mit Verfügung vom 17.3.2014 dargestellt. Folgende Aspekte dieser Weisung sind hervorzuheben:

  • Der Ausstellerhaftung unterliegt grundsätzlich nur die betroffene Körperschaft, da Zuwendungsbestätigungen ausdrücklich nur vom Empfänger ausgestellt werden dürfen. Gegenüber einer natürlichen Person kann eine Ausstellerhaftung allenfalls dann eingreifen, wenn diese außerhalb des ihr zugewiesenen Wirkungskreises gehandelt hat.
  • In Fällen der Veranlasserhaftung muss ebenfalls vorrangig die Körperschaft in Haftung genommen werden.
  • Eine natürliche Person ist als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, wenn sie selbst Zuwendungsempfänger ist und die unrichtigen Zuwendungsbestätigungen ausgestellt hat.
  • Im Fall von BGB-Gesellschaften und Gemeinschaften kommen als Haftungsschuldner zwar grundsätzlich sämtliche Gesellschafter in Betracht, vorrangig soll aber die jeweils handelnde Person in Anspruch genommen werden.
  • Bei der Haftungsprüfung muss stets übergeprüft werden, ob der Zuwendende gutgläubig war (Kopplung des Haftungstatbestands an den Vertrauensschutz beim Zuwendenden).
  • Der Zuwendende darf darauf vertrauen, dass die ausgestellte Bestätigung richtig ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn er die Bestätigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat, ihm die Unrichtigkeit der Bestätigung bekannt war oder aufgrund einer groben Fahrlässigkeit nicht bekannt war. Zudem darf der Zuwendende den Abzug der Spende nicht mehr in seiner Steuererklärung beantragen, sobald der Aussteller ihm gegenüber die unrichtige Zuwendungsbestätigung widerrufen hat (Entfall des Vertrauensschutzes).
  • Die entgangene Steuer, für die der Haftenden in Anspruch genommen wird, beträgt 30 % der Zuwendungsbeträge. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang sich die Spenden bei den Zuwendenden tatsächlich steuermindernd ausgewirkt haben.
  • Die Bemessungsgrundlage für die 30 %ige Haftungshöhe bilden in Fällen der Ausstellerhaftung die Zuwendungen, die in unrichtigen Zuwendungsbestätigungen ausgewiesen wurden. In Fällen der Veranlasserhaftung ist die Summe der fehlverwendeten Zuwendungen heranzuziehen.
  • Die Festsetzungsfrist für die Spendenhaftung ist an die Festsetzungsfrist gekoppelt, die für die Körperschaftsteuer des Zuwendungsempfängers gilt.
  • Bevor ein Haftungsbescheid erteilt wird, müssen die Finanzbehörden dem Haftenden zunächst rechtliches Gehör gewähren. Im Bescheid müssen sie später zudem die Gründe für die getroffene Ermessensentscheidung darstellen.

Kindergeld in der Unternehmensphase bei „PreMaster-Programm“

Kindergeld in der Unternehmensphase bei „PreMaster-Programm“

Eltern können für ihre Kinder auch für die Dauer der Unternehmensphase eines sog. „PreMaster-Programms“ grundsätzlich Kindergeld bekommen.

Hintergrund
Mit einem „PreMaster-Programm“ unterstützen Unternehmen Absolventen von Bachelor-Studiengängen auf dem Weg zum Abschluss eines Master-Studiums. In der dem eigentlichen Master-Studium vorangehenden einjährigen sog. „Unternehmensphase“ werden den angehenden Studenten im Betrieb fachspezifische Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen vermittelt. Im Rahmen dieses Trainings „on-the-job“ werden sie im Unternehmen einer „Ankerabteilung“ zugewiesen und von einem persönlichen Mentor betreut. Die Teilnehmer sind verpflichtet, unmittelbar nach Abschluss der Unternehmensphase ein Masterstudium aufzunehmen.

Im Streitfall hatte die beklagte Familienkasse diese Unternehmensphase wegen des vorangegangenen Bachelorstudiums als Zweitausbildung und – wegen des von dem Unternehmen gezahlten erheblichen Entgelts – als eine Erwerbstätigkeit angesehen, die einem Anspruch auf Kindergeld entgegenstehe.

Entscheidung
Dem ist das Finanzgericht nicht gefolgt. Es sieht in der Unternehmensphase ein sog. Ausbildungsdienstverhältnis, weil es darauf ausgerichtet sei, die Zeit und die Arbeitskraft des Teilnehmers in erster Linie für dessen Ausbildung und nicht für Erwerbszwecke innerhalb des Unternehmens einzusetzen. Mit dieser Begründung hat das Gericht daher für diesen Zeitraum der Klage eines Vaters auf Gewährung von Kindergeld für seine Tochter stattgegeben.

Abzug nachträglicher Schuldzinsen als Werbungskosten

Abzug nachträglicher Schuldzinsen als Werbungskosten

Nachträgliche Schuldzinsen können auch im Fall einer nicht steuerbaren Veräußerung einer vermieteten Immobilie grundsätzlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.

Hintergrund
Der Kläger war an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, die im Jahr 1996 ein Mehrfamilienhaus errichtete, welches nach Fertigstellung der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung diente. Die GbR veräußerte das Mehrfamilienhaus im Jahr 2007 – nach Ablauf der einkommensteuerrechtlichen Veräußerungsfrist. Der Erlös aus der nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie reichte nicht aus, um die im Zuge der Herstellung des Objekts aufgenommenen Darlehensverbindlichkeiten vollständig auszugleichen. Das verbliebene Restdarlehen wurde daher anteilig durch den Kläger getilgt. Hierfür musste er ein neues (Umschuldungs-)Darlehen aufnehmen; die auf dieses Darlehen gezahlten Schuldzinsen machte der Kläger im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2009 und 2010 als (nachträgliche) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Schuldzinsen nicht; das Finanzgericht gab dem Kläger demgegenüber Recht.

Entscheidung
Die Entscheidung knüpft an ein älteres Urteil an, mit dem der Bundesfinanzhof den nachträglichen Schuldzinsenabzug auch schon im Fall einer steuerbaren Veräußerung zugelassen hatte. In seiner aktuellen Entscheidung erweitert der Bundesfinanzhof nunmehr die Möglichkeit des Schuldzinsenabzugs: Ein solcher ist grundsätzlich auch nach einer nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie möglich, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können. Voraussetzung ist dafür aber u. a., dass der Steuerpflichtige den aus der Veräußerung der bislang vermieteten Immobilie erzielten Erlös – soweit nicht Tilgungshindernisse entgegenstehen – stets und in vollem Umfang zur Ablösung des Anschaffungsdarlehens verwendet.

Auch auf Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen erkennt der Bundesfinanzhof grundsätzlich an, soweit die Valuta des Umschuldungsdarlehens nicht über den abzulösenden Restdarlehensbetrag hinausgeht und die Umschuldung sich im Rahmen einer marktüblichen Finanzierung – wozu regelmäßig auch eine vertraglich fixierte Tilgungsvereinbarung gehört – bewegt.

Kein Schuldzinsenabzug nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht

Kein Schuldzinsenabzug nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht

Ein Abzug nachträglicher Schuldzinsen kommt nicht in Betracht, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht bereits vor Verkauf der Immobilie weggefallen ist.

Hintergrund
Der Kläger erwarb 1999 ein u. a. mit einer Gaststätte und mit 7 Ferienwohnungen bebautes Grundstück, aus dem er in den Streitjahren 2003 bis 2006 (negative) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Wegen mangelnder Rentabilität des Gesamtobjekts versuchte der Kläger – parallel zu seinen Vermietungsbemühungen – ab Mai 2003, das Objekt zu veräußern, was letztlich 2008 gelang. Das Finanzamt ging davon aus, dass der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht mit Blick auf die seit 2003 unternommenen Verkaufsbemühungen aufgegeben habe und berücksichtigte dementsprechend die vom Kläger in den Streitjahren ermittelten Einkünfte aus der Immobilie nicht. Das Finanzgericht gab der Klage in diesem Punkt teilweise statt. Es ging zwar auch davon aus, dass der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht schon 2003 aufgegeben habe; unbeschadet dessen seien die in den Streitjahren vom Kläger gezahlten „nachträglichen Schuldzinsen“ aber nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Werbungskosten einkünftemindernd zu berücksichtigen.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob die Vorentscheidung auf und wies die Sache an das Finanzgericht zurück. Dabei hob er hervor, dass ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von sog. „nachträglichen Schuldzinsen“ mit früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht anzunehmen sei, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist.

Zum Vorliegen einer Auswärtstätigkeit bei einem befristeten Arbeitsverhältnis

Zum Vorliegen einer Auswärtstätigkeit bei einem befristeten Arbeitsverhältnis

Kernproblem
Ob ein Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte (ab 2014: erste Tätigkeitsstätte) hat, kann Anknüpfungspunkt für viele steuerliche Fragestellungen sein. Dies gilt z. B. für die Bemessung von steuerlichen Sachbezügen bei der Überlassung eines Dienstwagens oder im Reisekostenrecht. Gleichwohl sind Fälle ohne das Vorliegen einer Arbeitsstätte denkbar. Das kann z. B. bei einer reinen Reisetätigkeit oder einem großen Stadt-, Hafen- oder Waldgebiet der Fall sein, aber auch bei dem Kehrbezirk des Schornsteinfegers oder einem Zeitungszustellbezirk. Solche Arbeitnehmer haben dann Dienstreisen und können u. a. Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten 3 Monate oder höhere Fahrtkosten geltend machen. Bei Probe- oder befristeten Arbeitsverhältnissen besteht dagegen noch keine einheitliche Rechtsprechung.

Sachverhalt
Ein Mechaniker hatte einen auf 1 Jahr befristeten Arbeitsvertrag mit 6 Monaten Probezeit abgeschlossen. Die Entfernung von seiner Wohnung betrug 9 km. Das Arbeitsverhältnis wurde nach Ablauf der Befristung nicht fortgesetzt. In seiner Steuererklärung beantragte der Mechaniker zunächst für die Probezeit Verpflegungsmehraufwendungen und Fahrtkosten nach den tatsächlich gefahren Kilometern, dann später im Klageverfahren auch noch Fahrtkosten für das gesamte Jahr. Er begründete dies neben der Probezeit mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der im Fall eines für 3 Jahre abgeordneten Beamten sowie eines 2 Jahre versetzten Bundeswehrsoldaten Reisekosten angesetzt hatte. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, weil eine Auswärtstätigkeit eine bereits vorhandene Arbeits-/Tätigkeitsstätte voraussetze. Der Mechaniker klagte vor dem Finanzgericht (FG) Köln.

Entscheidung
Das FG Köln hat eine Auswärtstätigkeit verneint. Zutreffend habe das Finanzamt den Arbeitsplatz als regelmäßige Arbeitsstätte angesehen, denn die Auswärtstätigkeit setze in der Regel voraus, dass der Arbeitnehmer vorübergehend beruflich außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte tätig werde. Zwar habe es der BFH in seiner Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, dass andere Fälle denkbar seien und nach Literaturmeinung gelte das auch bei Probearbeitsverhältnissen. Bei Sachverhalten wie dem Streitfall könne eine Auswärtstätigkeit aber nur in Erwägung gezogen werden, wenn eine Kontrollüberlegung bei typisierender Betrachtung zu dem Ergebnis käme, dass ein Familienumzug an den Tätigkeitsort nicht zuzumuten sei. Bei einer Entfernung von nur 9 km bliebe hierfür kein Raum.

Konsequenz
Die Revision ist zugelassen und wurde bereits eingelegt. Betroffene Arbeitnehmer sollten ihre Bescheide durch Einspruch offenhalten und das Ruhen des Verfahrens beantragen.

Nutzung eines Dienstwagens: Zur Zuzahlung

Nutzung eines Dienstwagens: Zur Zuzahlung

Kernproblem
Die Überlassung eines Firmenfahrzeugs an einen Arbeitnehmer zur privaten Nutzung stellt einen geldwerten Vorteil dar, dessen lohnsteuerliche Erfassung entweder nach der Fahrtenbuchmethode oder typisierend nach der sog. 1 %-Regelung zuzüglich monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erfolgt. Leistet der Arbeitnehmer Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten des Pkw, sind diese unabhängig von der Berechnungsmethode steuerlich abzugsfähig (gegebenenfalls unter Verteilung auf die Nutzungsjahre). Gleiches gilt für Leasingsonderzahlungen. Bei pauschalen Nutzungsentgelten vertreten Rechtsprechung und Verwaltung noch unterschiedliche Auffassungen. Das gilt auch für den Fall, in dem der steuerliche Sachbezug unter der Zuzahlung liegt und sich die Frage stellt, ob der übersteigende Betrag als Werbungskosten abzugsfähig ist.

Sachverhalt
Einem Arbeitnehmer wurde ein VW Golf als Firmenwagen zur Verfügung gestellt. Hierfür musste er eine vertraglich vereinbarte monatliche Zuzahlung leisten, die vom Beschäftigungsgrad des Nutzers und dem Nettorechnungspreis abhängig war. Der Arbeitgeber ermittelte den geldwerten Vorteil nach der 1 %-Regelung unter Abzug der Zuzahlung und versteuerte 7.193 EUR. In seiner Einkommensteuerveranlagung beantragte der Arbeitnehmer die Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode (2.218 EUR) und wollte die Zuzahlung (4.214 EUR) komplett als Werbungskosten abziehen. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Zuzahlungen nur bis zur Höhe des geldwerten Vorteils abzugsfähig und der übersteigende Betrag (1.997 EUR) der privaten Nutzung zuzurechnen sei. Die hiergegen gerichtete Klage wurde beim Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg anhängig.

Entscheidung
Das FG ließ den Abzug der kompletten Zuzahlung als Werbungskosten zu. Zur Begründung führten die Richter aus, dass die Zuzahlungen objektiv mit der Berufstätigkeit im Zusammenhang ständen und subjektiv auch zur Förderung des Berufs verausgabt wurden. Kosten der privaten Lebensführung schloss der Senat aus, weil sich die Zuzahlungen nicht nach dem Verhältnis der privaten zu den beruflichen Fahrten richteten, sondern dem Beschäftigungsgrad. Zwar seien Zuzahlungen nach der Rechtsprechung vom Sachbezugswert abzuziehen, weil es insoweit an einer Bereicherung fehle. Die hierzu ergangenen Regelungen beträfen jedoch die „Einnahmen“ und nicht die beim Senat streitige Ausgabenseite.

Konsequenz
Die Finanzverwaltung hat bereits die vom FG zugelassene Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Einsprüche des Arbeitnehmers sind bei gleichen Sachverhalten mit Hinweis auf ein Ruhen des Verfahrens zu empfehlen.

Leasingvertrag: Zur Prozessführungsbefugnis

Leasingvertrag: Zur Prozessführungsbefugnis

Kernaussage
Ein Leasingnehmer kann im Rahmen der leasingtypischen Abtretungskonstruktion vom Leasinggeber wirksam ermächtigt werden, kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche aus dem Beschaffungsvertrag, soweit sie ihm nicht abgetreten sind, im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen mit dem Ziel einer Leistung an den Leasinggeber geltend zu machen. Allerdings endet diese Befugnis, wenn der Ermächtigende seinerseits die Forderung abgetreten hat und diese Abtretung im Zuge der ausgesprochenen Kündigung des Leasingvertrags offen gelegt wird.

Sachverhalt
Die Klägerin übernahm einen Leasingvertrag über diverse Fitnessgeräte. Die später beklagte Lieferantin hatte nach Vorlage einer angeblich unterzeichneten Abnahmeerklärung von der Leasinggeberin ihren Kaufpreis von 102.660 EUR erhalten, die Geräte tatsächlich aber nicht geliefert. In den Leasingbedingungen fand sich eine Klausel, die im Falle der vorzeitigen Vertragsbeendigung eine aufschiebend bedingte Rückabtretung vorsah und damit vorbehaltlich bereits eingeleiteter Prozessführungsmaßnahmen erst in einer Zeit zum Tragen kam, in der der vertragliche Leistungsaustausch und die Verpflichtung des Leasinggebers zur Gewährung des Mietgebrauchs bereits ihr Ende gefunden hatten. Nachdem die Klägerin erfolglos bei der Beklagten eine Auslieferung der Fitnessgeräte begehrt hatte, trat sie im Oktober 2008 vom Kaufvertrag zurück. Sie erhob im Dezember 2011 Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises an die Leasinggeberin. Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen, während das Oberlandesgericht ihr statt gab. Die Beklagte erhob daraufhin Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Der BGH hob das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück. Gegen die Klausel bestanden keine durchgreifenden Bedenken. Es entspricht der üblichen Praxis, die auch durch die Rechtsprechung des Senats gebilligt ist, dass der Leasinggeber den Leasingnehmer durch eine Klauselgestaltung wirksam ermächtigen kann, kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche aus dem Beschaffungsvertrag, soweit sie ihm nicht abgetreten sind, im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen zur Leistung an den Leasinggeber geltend zu machen. Diese Ermächtigung ist jedoch endlich, soweit der Leasinggeber als Ermächtigender seinerseits die Forderung abgetreten hat und diese Abtretung sodann offenlegt. Denn insoweit ist der bedeutsame Schutz des Prozessgegners wegen desselben Streitgegenstandes nicht sowohl vom derzeitigen als auch vom ursprünglichen Forderungsinhaber gerichtlich in Anspruch genommen zu werden, nicht mehr gewahrt.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Schwierigkeiten bei Ansprüchen im Leasing-Dreiecksverhältnis und die Wichtigkeit der ordnungsgemäßen Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen, die oft der AGB-Kontrolle unterliegen.