Archiv der Kategorie: Privatbereich

Dienstwagen: 1 %-Regel trotz fehlender Privatnutzung?

Dienstwagen: 1 %-Regel trotz fehlender Privatnutzung?

Kernproblem

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in den letzten Monaten die Rechtsprechung zur 1 %-Regel bei der Überlassung von Firmenwagen kräftig durcheinander gewirbelt. Mittlerweile muss zwischen der Behandlung bei Arbeitnehmern (zu denen steuerlich neben den Fremdgeschäftsführern auch Gesellschafter-Geschäftsführer gehören) und den Unternehmern strikt unterschieden werden. Nach neuer Rechtsprechung hat der Unternehmer die Möglichkeit, die Privatnutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch im Status und Gebrauchswert gleichwertige Fahrzeuge des Privatvermögens zu widerlegen. Wir erinnern uns an den Rechtsanwalt, der so die 1 %-Regel bei seinem betrieblichen Sportwagen vermeiden konnte, weil er privat einen Wagen gleichen Fabrikats nutzte. Beim Arbeitnehmer kommt es jetzt nach einem neuen Urteil auf die tatsächliche Privatnutzung nicht mehr an und erschwert die Lage für den Steuerpflichtigen. Dafür kann sich das Finanzamt nicht mehr darauf berufen, dass der Beweis des ersten Anscheins immer für die Privatnutzung des Dienstwagens spricht.

Sachverhalt

Der Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH konnte nach seinem Anstellungsvertrag den Dienstwagen auch privat nutzen. Dafür versteuerte die GmbH eine monatliche Kostenpauschale für 250 km als geldwerten Vorteil. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Prüfung wurde das vom Geschäftsführer geführte Fahrtenbuch verworfen und die GmbH auf Basis der 1 %-Regel (abzüglich der bisher versteuerten Kostenpauschale) zur Lohnsteuer in Haftung genommen. Der Geschäftsführer verwies darauf, für private Fahrten nur ein Motorrad und das Auto der Lebensgefährtin genutzt zu haben. Nachdem die Berufung auf den Anscheinsbeweis nicht mehr ausreichend ist, konnte man auf die Entscheidung des BFH gespannt sein.

Entscheidung

Der BFH änderte hier seine Rechtsprechung: Allein die vom Arbeitgeber gewährte Möglichkeit der Privatnutzung des Dienstwagens führt bei einem Arbeitnehmer zu einem geldwerten Vorteil. Ob der Arbeitnehmer von der Möglichkeit Gebrauch macht, ist dafür unerheblich. Den Vorteil sieht der BFH in der Ersparnis nutzungsunabhängiger Kosten, die ohne das Vorhalten eines betriebsbereiten Fahrzeugs verausgabt werden müssten. Bei solchen Fallgestaltungen kommt es zukünftig nicht mehr darauf an, ob der Arbeitnehmer den Beweis des ersten Anscheins durch einen Gegenbeweis widerlegen kann.

Konsequenz

Will man die zuletzt positive Entwicklung beim BFH nutzen und ist eine Privatnutzung des Dienstwagens auch nicht beabsichtigt, darf der Steuerpflichtige dazu auch nicht länger befugt sein. Tut er es dann trotz Verbots und ist zugleich Gesellschafter-Geschäftsführer, liegt kein Arbeitslohn vor, sondern eine verdeckte Gewinnausschüttung. Das hat der BFH in weiteren Entscheidungen ebenso klargestellt und sich gegen die Annahme verwehrt, dass ein Privatnutzungsverbot beim Gesellschafter-Geschäftsführer nur zum Schein ausgesprochen würde.

Vorabverwaltungsgebühr als Umgehung des Werbungskosten-Abzugsverbots

Vorabverwaltungsgebühr als Umgehung des Werbungskosten-Abzugsverbots

Kernproblem

Zum Jahr 2009 wurde die Abgeltungssteuer auf private Kapitalerträge eingeführt. Für viele hat die Abgeltungssteuer Vorteile gebracht, insbesondere wenn der persönliche Steuersatz höher als der Abgeltungssteuersatz von 25 % ist. Für andere verbleibt im Rahmen der Einkommensteuererklärung eine Veranlagungsoption. Einen großen Nachteil hat die Einführung jedoch mit sich gebracht: Ein Abzug tatsächlicher Werbungskosten ist nicht mehr möglich. Lediglich der Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR je Person ist abzugsfähig. Derzeit mehren sich die Verfahren vor Finanzgerichten, in denen es um den Abzug von Werbungskosten und deren Zurechnung in die Zeit vor oder nach Einführung der Abgeltungssteuer geht.

Sachverhalt

Ein Kapitalanleger hatte im Juni 2007 einen Anlagevertrag abgeschlossen und sich zur Zahlung einer Einmaleinlage und eines monatlichen Anlagebetrages mit Laufzeit über 30 Jahre verpflichtet. Für die Vertragsbindung sollten ihm zum Ende der Laufzeit im Jahr 2037 zusätzlich 18.400 EUR gutgeschrieben werden. Mit der ersten Depoteinzahlung im November 2007 wurde dem Anleger eine Vorabverwaltungsgebühr von 17.339 EUR belastet, die er als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machte. Das Finanzamt berücksichtigte die Gebühr nur zeitanteilig für 1 Jahr mit 578 EUR und vertrat die Auffassung, mit dem Anlageprogramm würde überwiegend eine Wertsteigerung angestrebt und die Zahlung der Vorabgebühr sei zur Umgehung (des im Mai 2007 vom Bundestag verabschiedeten) Werbungskostenabzugsverbots geleistet worden.

Entscheidung

Das Niedersächsische Finanzgericht hat die komplette Gebühr zum Werbungskostenabzug zugelassen und einen Gestaltungsmissbrauch verneint. Die Richter verglichen die Üblichkeit der gezahlten Gebühr mit anderen Kapitalanlage- und Versicherungsverträgen (oder Bausparkassen) sowie deren Informationspflichten zur Höhe und Laufzeit der eingeplanten Abschlusskosten. Zudem stehe die zu beurteilende Gebühr nach Auffassung des Finanzgerichts in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Verwaltung der Anlage und diene der Einnahmeerzielung. Eine Kürzung der Aufwendungen mit Verweis auf steuerfreie Vorteile sei nicht zulässig, soweit der Steuerpflichtige einen Einnahmeüberschuss der Kapitalerträge anstrebe. Dagegen sei die Zuordnung zu den Anschaffungsnebenkosten abzulehnen, weil kein konkreter Bezug mit noch zu beschaffenden Kapitalanlagen erkennbar sei.

Konsequenz

Das Urteil steht im Widerspruch zu einer Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz, das nicht den Abfluss der Aufwendungen, sondern den Zeitpunkt des Zuflusses der damit zusammenhängenden Kapitalerträge als für die Zuordnung entscheidend ansieht. Mit einer ähnlichen Begründung hat das Finanzgericht Köln zugunsten des Steuerpflichtigen die Aufwendungen einer Selbstanzeige für vor dem Jahr 2009 liegende Kapitalerträge als Werbungskosten zugelassen. Die Revision der Finanzverwaltung zum Urteil aus Niedersachen ist bereits beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig.

Probezeitkündigung am 1. Tag wegen Zigarettengeruchs unwirksam

Probezeitkündigung am 1. Tag wegen Zigarettengeruchs unwirksam

Kernfrage

Innerhalb der Probezeit können Arbeitsverhältnisse auch ohne Angabe von Gründen und grundsätzlich ohne weitere Begründungspflicht, soweit dies arbeitsvertraglich vereinbart worden ist, jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Wochen beendet werden. Allerdings kann eine solche Probezeitkündigung mit Kündigungsschutzklage angegriffen werden, wobei das Gericht die Kündigung dann nur darauf hin überprüfen kann, ob die Kündigung willkürlich ist bzw. gegen Treu und Glauben verstößt. Einen solchen Fall hat jetzt das Arbeitsgericht Saarlouis entschieden.

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer war unter Hinweis auf ein bestehendes Rauchverbot eingestellt worden. Als er zu seinem ersten Arbeitstag erschien, rauchte er vor Arbeitsantritt außerhalb des Betriebs noch eine Zigarette. Bei Arbeitsantritt wurde er vom Geschäftsführer danach gefragt, ob er bereits geraucht habe. Diese Frage beantwortete der Arbeitnehmer wahrheitsgemäß und erhielt nach 2 Stunden die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses in der Probezeit.

Entscheidung

Der gegen die Kündigung gerichteten Kündigungsschutzklage entsprach das Arbeitsgericht Saarlouis. Zwar sei die Kündigung als Probezeitkündigung grundsätzlich außerhalb des Kündigungsschutzgesetz zulässig, sie verstoße aber gegen die Grundsätze aus Treu und Glauben. Zum einen habe der Arbeitnehmer sich an die Vorgaben des geltenden Rauchverbots am Arbeitsplatz gehalten, zum anderen und dies sei entscheidend, sei auch das Probearbeitsverhältnis auf eine dauerhafte Zusammenarbeit angelegt. Aus diesem Grund hätte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben müssen, sein Verhalten zu ändern.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zutreffend. Unabhängig davon, ob ein Arbeitgeber nicht rauchende Mitarbeiter bevorzugt, kann ein Probezeit-Arbeitsverhältnis, ohne dass es zu einer echten Pflichtverletzung gekommen wäre, nicht nach 2 Stunden beendet werden. Es bleibt abzuwarten, ob die Berufung gegen das Urteil zum Landesarbeitsgericht geführt wird.

Miteigentumsfiktion bei Zwangsvollstreckung aus Erbrecht

Miteigentumsfiktion bei Zwangsvollstreckung aus Erbrecht

Kernfrage

Das Erbrecht eröffnet Ansprüche des erbrechtlichen Anspruchsinhabers gegen den Empfänger einer Schenkung; und zwar dergestalt, dass der Schenkungsempfänger verpflichtet ist, die erbrechtlichen Ansprüche aus dem Geschenk heraus zu bedienen. Insbesondere dann, wenn die Schenkung dazu geführt hat, dass beim Schenkungsempfänger Alleineigentum entstanden ist, stellt sich die Frage, ob der Schenkungsgegenstand, den der Schenkungsempfänger zur Bedienung der erbrechtlichen Ansprüche einsetzen muss, überhaupt noch vorhanden ist. Deutlich wird dies bei Grundstücken, wenn ein Miteigentumsanteil an einen Miteigentümer geschenkt wird. Im Grundbuch werden dann nämlich die Miteigentumsanteile gelöscht und lediglich noch Alleineigentum ausgewiesen. In dieser Konstellation hatte der Bundesgerichthof (BGH) jetzt über die Zulässigkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu entscheiden.

Sachverhalt

Ein Pflichtteilsberechtigter hatte gegen einen Schenkungsempfänger ein Urteil erstritten, dass ihm Zahlungsansprüche zusprach. Diese Zahlungsansprüche, die daraus resultierten, dass der Erblasser dem Schenkungsempfänger einen halben Miteigentumsanteil an einem Grundstück geschenkt hatte, wodurch der Schenkungsempfänger Alleineigentümer geworden war, wollte der Pflichtteilsberechtigte durch Eintragung einer Sicherungshypothek an dem geschenkten halben Miteigentumsanteil sichern. Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung der Sicherungshypothek aber deshalb ab, weil der Miteigentumsanteil, dessen Verwertung der Schenkungsempfänger hätte dulden müssen, nicht mehr vorhanden war, nach dem jetzt Alleineigentum bestand.

Entscheidung

Der BGH entschied nun, dass für Zwecke der Zwangsvollstreckung des erbrechtlichen Anspruchsinhabers das Fortbestehen des Miteigentumsanteils, in den die Zwangsvollstreckung zulässig gewesen wäre, wenn er nicht durch Vereinigung „untergegangen“ wäre, fingiert wird, um die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen. Begründung hierfür sei, dass eine solche Zwangsvollstreckung darauf gerichtet sei, die Zwangsvollstreckung als solche zu dulden.

Konsequenz

Die Konsequenzen der Entscheidung können weitreichend sein, weil die Zwangsvollstreckung in einer vergleichbaren Grundbuch- bzw. Eigentumssituation nicht zwingend aus erbrechtlichen Ansprüchen erfolgen muss. Entscheidend ist, dass der BGH abweichend von der Eigentums- und Grundbuchlage eine dingliche Rechtsposition fingiert.

Zur Nichtigkeit eines Bedarfswertbescheids

Zur Nichtigkeit eines Bedarfswertbescheids

Kernaussage

Ein Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts für Erbschaftsteuerzwecke muss alle Miterben bezeichnen. Nennt er als Inhaltsadressatin lediglich eine Erbengemeinschaft, ist er nichtig.

Sachverhalt

Die Kläger sind Mitglieder einer Erbengemeinschaft. Das beklagte Finanzamt bewertete das zum Nachlass gehörende Grundstück und stellte den Grundbesitzwert einheitlich und gesondert fest. Der Bescheid erging „mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft und alle Miterben“. Er wurde gegenüber der Ehefrau des Erblassers und zwar als Empfangsbevollmächtigte der Erbengemeinschaft bekannt gegeben. Die Kläger sind der Auffassung, dass der Bescheid nichtig sei, denn es sei nicht ersichtlich, aus welchen Miterben die Erbengemeinschaft bestehe. Zudem sei der Bescheid nicht gegenüber allen Inhaltsadressaten bekannt gegeben. Das Finanzgericht gab der Klage statt, ließ aber die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu.

Entscheidung

Die Angabe des Inhaltsadressaten ist ein konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsaktes. Ist die Angabe nicht hinreichend bestimmt, ist der Verwaltungsakt nichtig. Zwar ist die Erbengemeinschaft vorliegend Feststellungsbeteiligte gemäß den Vorschriften zum Bewertungsgesetz geworden; das macht sie aber nicht zugleich zum Inhaltsadressaten. Denn die Zurechnung des Grundstücks zur Erbengemeinschaft erfolgt lediglich deshalb, weil die Erbquote nicht vom Lagefinanzamt, sondern vom Erbschaftsteuerfinanzamt zu ermitteln ist. Die Erbengemeinschaft hat verfahrensrechtlich keine Beteiligtenstellung und auch nicht die damit verbundene Rechtsbehelfsbefugnis. Sie ist rechtlich ein „Nullum“, denn sie ist nicht handlungsfähig im Sinne der Abgabenordnung. Vorliegend ist der Inhaltsadressat somit nicht ausreichend bezeichnet und der Bescheid daher nichtig.

Konsequenz

Das vorliegende Urteil verdeutlicht, dass bei einer Mehrheit von Adressaten stets zu überprüfen ist, ob der Inhaltsadressat des Bescheids zutreffend und hinreichend bezeichnet wurde.

Ausschließliche Ersatzerbeinsetzung ist keine Nacherbeinsetzung

Ausschließliche Ersatzerbeinsetzung ist keine Nacherbeinsetzung

Kernfrage

Testamente müssen, insbesondere dann, wenn sie privatschriftlich und ohne Beratung verfasst worden sind, entsprechend dem tatsächlichen Erblasserwillen, der gegebenenfalls durch Nachforschung zu ermitteln ist, ausgelegt werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens die Grenzen dieser Auslegungsfähigkeit zu bestimmen.

Sachverhalt

Die Mutter von 4 Kindern hatte in einem eigenhändig verfassten Testament ihre ältesten Sohn zum Alleinerben eingesetzt. Darüber hinaus enthielt das Testament die Regelung, dass der zweitälteste Sohn Ersatzerbe werden solle, wenn der älteste Sohn kinderlos versterben sollte. Die Mutter wurde zunächst vom ältesten Sohn beerbt, der keine Kinder hatte. Nach dem Tode des ältesten Sohns beantragte der Zweitälteste einen Erbschein, der ihn als Nacherbe nach der Mutter auswies. Diesen Erbscheinsantrag lehnte das OLG Hamm ab.

Entscheidung

Die Ersatzerbeinsetzung des zweiältesten Sohnes könne nicht in eine Nacherbeinsetzung (und damit verbunden in einer Vorerbeneinsetzung des ältesten Sohnes) umgedeutet werden. Ohne weitere Anhaltspunkte im Testament, insbesondere ohne dem ersten Erben auferlegte Verfügungsbeschränkungen, müsse davon ausgegangen werden, dass selbst der rechtliche Laie unter einer Ersatzerbeneinsetzung lediglich eine Erbeinsetzung für den Fall verstehe, dass der eigentliche Erbe im Erbfall nicht vorhanden war. Dies war aber nicht der Fall. Der älteste Sohn war Erbe nach der Mutter geworden; und zwar als Vollerbe. Für seine Einsetzung als Vorerbe bestand kein Indiz.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt die Probleme, die bei privatschriftlichen Testamenten auftreten können. Hätte der Zweitälteste Sohn Recht bekommen, wäre er alleiniger Nacherbe bezogen auf das Vermögen geworden, das der Älteste von seiner Mutter geerbt hatte. Nunmehr kommt es nach dem ältesten Sohn zur gesetzlichen Erbfolge; und zwar nicht nur bezogen auf das Vermögen des Sohnes, sondern auf bezogen auf den Nachlass der Mutter, der im Vermögen des Ältesten aufgegangen ist.

Zur Feststellung des Grundbesitzwertes für Schenkungsteuerzwecke

Zur Feststellung des Grundbesitzwertes für Schenkungsteuerzwecke

Kernaussage

Das Lagefinanzamt ist für die Feststellung des Grundbesitzwerts zuständig und dies nur auf Anfrage des Erbschaftsteuerfinanzamtes hin. Dieses entscheidet mithin, ob ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist.

Sachverhalt

Streitig ist, ob Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist. Die Bewertungsstelle des Lagefinanzamts stellte den Grundbesitzwert für eine wirtschaftliche Einheit aufgrund einer Anfrage der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts fest. Die Betriebsprüfungsstelle wurde durch das für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständige weitere Finanzamt beauftragt. Dieser Prüfungsauftrag beinhaltet die Befugnis zur Erteilung von Prüfungsanordnungen. Aus diesem Grunde ist das Lagefinanzamt der Auffassung, dass die Betriebsprüfungsstelle wegen der vorliegenden Auftragsprüfung berechtigt sei, eine Anfrage zur Feststellung von Grundbesitzwerten an die Bewertungsstelle zu richten.

Entscheidung

Die Aussetzung der Vollziehung ist anzuordnen, da vorliegend ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids bestehen. Die Grundbesitzwerte sind gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung von Bedeutung sind. Für das Lage- bzw. Feststellungsfinanzamt ist die Wertfeststellung nur dann erforderlich, wenn ein Finanzamt um die Feststellung zum Zwecke einer beabsichtigten Steuerfestsetzung nachsucht. Das bedeutet, dass die Entscheidung, ob ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist, nicht bei dem Lage- bzw. Feststellungsfinanzamt liegt, sondern bei dem dafür zuständigen Finanzamt, das ist bei Schenkungen das Erbschaftsteuerfinanzamt. Im Streitfall liegt allerdings eine Anfrage der Betriebsprüfungsstelle des unzuständigen Finanzamts vor.

Konsequenz

Die Bedarfswertfeststellungen der Lagefinanzämter entfalten in Bezug auf die Grundbesitzwerte für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als Grundlagenbescheide Bindungswirkung. Entsprechend erscheint es als logische Konsequenz, dass die Entscheidung, ob ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist, dem Erbschaftsteuerfinanzamt obliegt.

Abtretung ändert öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht

Abtretung ändert öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht

Kernaussage

Die Abtretung einer Forderung vermag die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht zu ändern und den Zivilrechtsweg zu eröffnen. Der für den Besoldungsanspruch des Beamten nach dem Beamtenrechtsrahmengesetz gegebene Verwaltungsrechtsweg bleibt daher auch nach der Abtretung des Besoldungsanspruchs für den Rechtsstreit des Zessionars gegen den Dienstherrn als Drittschuldner eröffnet.

Sachverhalt

Die Klägerin, ein Kreditinstitut, macht mit der vor dem Amtsgericht erhobenen Klage aus abgetretenem Recht Besoldungsansprüche eines Beamten des beklagten Landes in Höhe der Restforderung aus einem Darlehensvertrag geltend. Über das Vermögen des Beamten wurde das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet und ein Treuhänder bestellt. Dieser vertrat die Auffassung, dass die Abtretung der Besoldungsansprüche unwirksam sei. Daraufhin zahlte der Beklagte die pfändbaren Bezüge an den Treuhänder aus, weshalb die Klägerin Klage erhob. Das Amtsgericht hat den Rechtsstreit zu den Verwaltungsgerichten verwiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die meint, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sei.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Rechtsbeschwerde zurück, weil der Verwaltungsrechtsweg für den geltend gemachten Anspruch eröffnet ist. Durch die Abtretung der pfändbaren Gehaltsanteile eines Beamten ändert sich nicht an dem Charakter des abgetretenen Anspruchs. Das Rechtsverhältnis, aus dem der Anspruch hergeleitet wird, ist weiterhin das öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnis. Die Abtretung der Forderung vermag die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht zu ändern und den Zivilrechtsweg zu eröffnen. Es hat lediglich ein Gläubigeraustausch stattgefunden, d. h. die Klägerin ist an die Stelle des Beamten getreten. Auch ist unerheblich, welche Einwendungen der Beklagte erhebt. Ob sich diese aus bürgerlich-rechtlichen oder aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben, spielt für den Rechtsweg keine Rolle.

Konsequenz

Bei Beamten gibt es in Bezug auf die Lohnabtretung eine Besonderheit. Nach der einschlägigen gesetzlichen Bestimmung (§ 411 BGB) gelten den Zahlstellen der Beamten Lohnabtretungen als nicht bekannt, sofern diese nicht beurkundet sind. Aus diesem Grunde sollte die Abtretung von Besoldungsansprüchen notariell beurkundet werden.

Werbungskosten bei beruflich veranlasster Krankheit

Werbungskosten bei beruflich veranlasster Krankheit

Kernaussage

Werbungskosten sind beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Aufwendungen zur Wiederherstellung der Gesundheit können dann beruflich veranlasst sein, wenn es sich um eine typische Berufskrankheit handelt oder der Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Beruf eindeutig feststeht.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine nichtselbstständige, als Geigerin tätige Berufsmusikerin. Mit ihrer Einkommensteuererklärung 2009 machte sie 2.516 EUR für Krankengymnastik und eine Bewegungsschulung (Dispokinese) als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Krankengymnastik als außergewöhnliche Belastung, eine Berücksichtigung der Dispokinese wurde abgelehnt. Hiergegen führt die Klägerin an, dass sie durch die Einschränkungen im Schulterbereich nicht ihrer Erwerbstätigkeit als Berufsmusikerin habe nachgehen können und dass die Dispokinese eine Fortbildungsmaßnahme sei, die der ganzheitlich orientierten Schulung zur Verbesserung der Haltung, Bewegung sowie der Erfahrungs- und Bewusstseinsprozesse und damit der Spiel- und Ausdrucksfähigkeit professioneller Musiker diene. Das Finanzgericht wies die Klage der Geigerin ab. Hiergegen ging die Geigerin in Revision und hatte Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück. Werbungskosten liegen nach Ansicht des BFH vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Sie sind beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Unabhängig davon, ob es sich hier um Fortbildungsmaßnahmen handelt, können Aufwendungen zur Wiederherstellung der Gesundheit beruflich veranlasst und damit als Werbungskosten abziehbar sein, wenn es sich um eine typische Berufskrankheit handelt oder der Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Beruf eindeutig feststeht.

Konsequenz

Das Finanzgericht wird nun durch ein Sachverständigengutachten feststellen müssen, ob die Dispokinese als Fortbildungsmaßnahme oder unter dem Gesichtspunkt der typischen Berufskrankheit als Werbungskosten abziehbar ist.

Keine Bescheidänderung trotz nachträglicher Erteilung einer Spendenbescheinigung

Keine Bescheidänderung trotz nachträglicher Erteilung einer Spendenbescheinigung

Kernaussage

Ein bestandskräftiger Bescheid für das Jahr 2004 kann nicht aufgrund einer Spendenbescheinigung geändert werden, die erst nach Erlass des Bescheids im Jahr 2008 ausgestellt wurde.

Sachverhalt

Die Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung 2004 Spenden geltend. Da die Höchstbeträge für den Spendenabzug überschritten wurden, erließ das Finanzamt einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Großspendenvortrags, der bestandskräftig wurde. Später reichte die Klägerin im Jahr 2008 für 2004 erteilte Spendenbescheinigungen ein. Das Finanzamt verweigerte eine Änderung. Hiergegen klagte die Klägerin vor dem Finanzgericht.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab, lies aber die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zu. Der Feststellungsbescheid über den Großspendenvortrag konnte nicht wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel (§ 173 AO) geändert werden. Denn bei der nachträglichen Spendenbescheinigung handelt es sich nicht um ein nachträglich bekannt gewordenes Beweismittel, da es ursprünglich noch gar nicht vorlag. Die nachträglich bekannt gewordene Tatsache der Zahlung genügt nicht allein für eine Korrektur nach der betreffenden Vorschrift der Abgabenordnung (AO), da eine Spendenbescheinigung für eine niedrigere Steuer hinzukommen muss, die jedoch ursprünglich nicht vorlag. Eine Änderung wegen sonstiger Ereignisse (§ 175 AO) schied ebenfalls aus, da diese Vorschrift ausdrücklich normiert, dass die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung nicht als rückwirkendes Ereignis gilt. Nach Auffassung des Finanzgerichts verstößt diese Norm auch nicht gegen Europarecht. In der Entscheidung „Meilicke II“ hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zum Effektivitätsgrundsatz ausgeführt, dass ein europarechtlicher Verstoß vorliegt, wenn eine nationale Regelung rückwirkend und ohne Übergangsregelung die Durchsetzung europarechtlicher geschützter Werte verwehrt. Dies war hier nicht der Fall, da die Neuregelung des § 175 Abs. 2 Satz 2 AO bei Abgabe der Steuererklärung schon bekannt war. Im Übrigen lag auch ein reiner Inlandssachverhalt vor, den das Unionsrecht nicht betraf.

Konsequenz

Nach der Abgabenordnung ist bei der Korrektur von Steuerbescheiden die Einordnung (neue Tatsachen/Beweismittel bzw. rückwirkende Ereignisse) entscheidend. Ausdrücklich geregelt wird, dass mit nachträglichen Bescheinigungen, auch wenn es sich um rückwirkende Ereignisse handelt, keine Änderung herbeigeführt werden kann.