Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus

Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus sollen die im Rahmen der von der Bundesregierung gestarteten Wohnraumoffensive vorgesehenen steuerlichen Anreize für den Mietwohnungsneubau im bezahlbaren Mietsegment in die Tat umgesetzt werden. Dies erfolgt durch die Einführung einer Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau in § 7b Einkommensteuergesetz – neu -.

So können die Maßnahmen der Länder im Mietwohnungsneubau unterstützt werden, um insbesondere private Investoren zum Bau bezahlbaren Mietwohnraumes anzuregen. Hintergrund sind der Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen sowie die steigenden Mieten. Nur durch verstärkten Wohnungsneubau kann die Nachfrage gedeckt werden. Die Maßnahme zielt vorwiegend auf private Investoren ab, sich verstärkt im bezahlbaren Mietwohnungsneubau zu engagieren.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 04.09.2018

Referentenentwurf: Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus

Erhebung von Erschließungsbeiträgen ohne klare zeitliche Grenze verfassungswidrig

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 06.09.2018 beschlossen, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die Verjährungsregelung des Kommunalabgabengesetzes Rheinland-Pfalz, soweit sie die Erhebung von Erschließungsbeiträgen zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage erlaubt, mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar ist.

Der Kläger wendet sich gegen Erschließungsbeitragsbescheide i. H. v. insgesamt mehr als 70 000 Euro. Er ist Eigentümer mehrerer Grundstücke in einem Gewerbegebiet. Das abgerechnete Teilstück der Straße, an dem diese liegen, wurde bereits 1986 vierspurig erbaut. Die zunächst vorgesehene vierspurige Fortführung wurde 1999 endgültig aufgegeben. Der zweispurige Weiterbau erfolgte sodann 2003/2004. Erst im Jahr 2007 widmete die Gemeinde den Straßenzug in seiner gesamten Länge dem öffentlichen Verkehr. Die angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheide ergingen im August 2011. Der Einwand des Klägers, 25 Jahre nach Herstellung der seine Grundstücke erschließenden Straße dürften keine Beiträge mehr erhoben werden, blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hielt die Beitragserhebung für rechtmäßig, weil seit dem Eintritt der Vorteilslage noch nicht 30 Jahre vergangen seien und keine besonderen Umstände schon zuvor ein Vertrauen des Klägers darauf begründet hätten, von einem Beitrag verschont zu bleiben.

Dem ist das Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt. Das Landesrecht ermöglicht bislang, Erschließungsbeiträge zeitlich unbefristet nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Zwar verjähren Beitragspflichten gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Kommunalabgabengesetzes Rheinland-Pfalz in Verbindung mit §§ 169, 170 der Abgabenordnung in vier Jahren nach Entstehung des Anspruchs. Der Beginn der Verjährungsfrist setzt damit aber u. a. die öffentliche Widmung der Erschließungsanlage voraus, die auch noch geraume Zeit nach deren Fertigstellung erfolgen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verstößt eine solche Regelung gegen das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

Der Gesetzgeber hat danach die Aufgabe, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit an der Beitragserhebung und der Einzelnen an Rechtssicherheit zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm zwar ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Er darf es aber nicht gänzlich unterlassen, der Abgabenerhebung eine bestimmte zeitliche Grenze zu setzen. Die vom Oberverwaltungsgericht angenommene Grenze von 30 Jahren nach Eintritt der Vorteilslage entspricht diesen Anforderungen nicht. Denn sie findet keine hinreichende Grundlage in der Rechtsordnung.

Im vorliegenden Fall waren zwischen der tatsächlichen Entstehung des Vorteils – spätestens im Jahr 1999 – und dem Erlass der Beitragsbescheide im Jahr 2011 mehr als 10 Jahre vergangen. Insofern besteht angesichts der in anderen Bundesländern bereits geltenden Vorschriften jedenfalls die Möglichkeit, dass die auch in Rheinland-Pfalz gebotene, aber bisher unvollständige gesetzliche Normierung eine Beitragserhebung hier ausschließen wird. Weil somit die Entscheidung in dem vorliegenden Revisionsverfahren von der Gültigkeit der beanstandeten Regelung abhängt, musste das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren aussetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen.

Quelle: BVerwG, Pressemitteilung vom 06.09.2018 zum Beschluss 9 C 5.17 vom 06.09.2018

Keine Sozialhilfe bei zumutbarer Selbsthilfe

Ein Bürger hat dann keinen Anspruch auf steuerfinanzierte Sozialhilfe, wenn er durch Kündigung eines mit einem Bestattungsunternehmen geschlossenen privaten Bestattungsvorsorgevertrages Vermögen (zurück-)erlangen und sich so selbst helfen kann. Das gilt jedenfalls dann, wenn die spätere Bestattung anderweitig gesichert ist.

Das hat das Sozialgericht Münster entschieden (Urteil vom 28.06.2018, Az. S 11 SO 176/16). Im konkreten Fall hatte eine Frau ihr Grundstück frühzeitig an ihren Sohn übertragen. Anlässlich dessen verpflichtete sich der Sohn notariell, die Kosten der Bestattung der Mutter später zu tragen. Jahre darauf musste die Frau in ein Pflegeheim ziehen und schloss einen Bestattungsvorsorgevertrag i. H. v. knapp 9.000 Euro ab. Sodann beantragte sie Sozialhilfe, welche der Kreis Steinfurt als Sozialhilfeträger ablehnte. Im folgenden Gerichtsverfahren gab das Sozialgericht dem Kreis Steinfurt Recht: Es könne offen bleiben, ob der Bestattungsvorsorgevertrag angesichts der hohen Summe überhaupt noch angemessen sei. Jedenfalls aber sei eine angemessene Bestattungsvorsorge schon durch die Verpflichtung des Sohnes gewährleistet. In der Folge sei es der Frau zumutbar, ihren Bestattungsvorsorgevertrag zu kündigen, rückabzuwickeln und sich durch das dann erhaltene Vermögen (zunächst) selbst zu helfen.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Münster ist zwischenzeitlich rechtskräftig geworden.

Quelle: SG Münster, Pressemitteilung vom 06.09.2018 zum Urteil S 11 SO 176/16 vom 28.06.2018 (rkr)

Kfz-Versicherungsschutz für Verbissschäden durch Mäusebefall

Nimmt ein Versicherer Bissschäden im Fahrzeuginnenraum vom Versicherungsschutz aus, bezieht sich dies allein auf die Fahrgastzelle und den Kofferraum, entschied das Oberlandgericht Frankfurt am Main (OLG) mit am 07.09.2018 veröffentlichtem Urteil. Für Bissschäden im Bereich zwischen der Außenhaut und der Innenraumverkleidung hafte der Versicherer dagegen.

Das klägerische Fahrzeug ist bei der Beklagten teilkaskoversichert. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Versicherung heißt es in Ziff. A.2.2.7: „Versichert sind Schäden, die unmittelbar durch Tierbiss am Fahrzeug verursacht wurden. Schäden am Fahrzeuginnenraum sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen…“.

Im Frühjahr 2014 ließ der Kläger das versicherte Fahrzeug in einer Werkstatt überprüfen. Es wurde festgestellt, dass „die Wasserabläufe des Panoramadaches zerbissen, der Kopfairbag auf der Beifahrerseite angefressen und hinter dem Armaturenbrett starke Bissschäden an der Dämmung und an der Isolierung der Verkabelung vorhanden waren“. Ein Sachverständiger bestätigte weitere Schäden hinter diversen seitlichen Verkleidungsteilen, oberhalb des Dachhimmels und unterhalb des Bodenbelags. Er führte sie eindeutig auf Nagetiere – wahrscheinlich Mäuse – zurück.

Die Beklagte lehnte eine Leistungspflicht ab. Sie meinte, dass es sich um Schäden im Fahrzeuginnenraum handele, die vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien. Der Kläger begehrt deshalb festzustellen, dass die Beklagte für die „Verbissschäden durch Mäusebefall“ eintrittspflichtig sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG Erfolg.

Es liege ein versicherter Schaden durch Tierbiss am Fahrzeug im Sinne der Ziff. A.2.2.7 S. 1 der Versicherungsbedingungen vor, stellte das OLG fest. Die Schäden im Bereich zwischen der Außenhaut des Autos und der Innenraumverkleidung seien „am Fahrzeug“ im Sinne von S. 1 der Klausel entstanden. Damit sei nicht nur die Außenhülle des Autos gemeint, sondern das Fahrzeug als Ganzes. Von dieser Gesamtheit des Fahrzeugs nehme S. 2 der Klausel zwar den Fahrzeuginnenraum aus. Die hier zu beurteilenden Schäden befänden sich indes nicht im Fahrzeuginnenraum.

Der Begriff des Fahrzeuginnenraums sei dabei aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auszulegen. Dieser würde davon ausgehen, dass der „Innenraum durch Fahrgastzelle und Kofferraum definiert wird“, d. h. die durch Menschen „benutzbaren und zugänglichen“ Bereiche. „Als Innenraumschaden wird er all diejenigen Schäden werten, die er ohne Demontage des Fahrzeugs als Bisspuren qualifizieren kann“, resümiert das OLG. Nicht zum Innenraum gehöre jedoch der Zwischenraum hinter der Verkleidung mit Lüftungselementen, Klimaanlage, Sicherheitseinrichtungen, Bordelektronik etc. und den entsprechenden Verkabelungen. Für dieses Verständnis spreche auch, dass der in S. 2 der Klausel enthaltene Risikoausschluss für Innenraumschäden grundsätzlich eng auszulegen sei. Ein Risikoausschluss dürfe grundsätzlich nicht weiter ausgedehnt werden, als es sein Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Zwecks erfordere. Zu berücksichtigen sei schließlich auch, dass der Versicherungsschutz bei einem anderen Verständnis „in Anbetracht der in der mitteleuropäischen Fauna vertretenen potenziellen Schadtiere und ihrer Bissgewohnheiten“ praktisch „leer liefe“. Tierbissschäden träten „vor allem im Motorraum an durchbissenen Kabeln auf“.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: OLG Frankfurt, Pressemitteilung vom 07.09.2018 zum Urteil 7 U 25/16 vom 05.09.2018 (rkr)

Halbieren statt kassieren: Hessen möchte Finanzamtszinsen senken

Finanzminister Schäfer: „Der Steuerzahler wird langfristig damit um Zahlungen von fast einer Milliarde Euro entlastet.“

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Hessen macht sich dafür stark, dass die Finanzamtszinsen – Zinsen für Steuernachzahlungen und -erstattungen – halbiert werden. Wer dem Finanzamt Geld schuldet, soll dafür künftig nur noch drei Prozent Zinsen pro Jahr anstatt wie bisher sechs Prozent bezahlen. Über die vom Hessischen Kabinett beschlossene Gesetzesinitiative dazu wird der Finanzausschuss des Bundesrats am Donnerstag erstmals beraten. „Halbieren statt Kassieren: Wir möchten die Finanzamtszinsen deutlich senken. Unser Vorstoß kommt all jenen Bürgerinnen und Bürgern zugute, die durch überhöhte Zinsen auf Steuerschulden belastet werden. In Zeiten niedriger Zinsen ist das nicht gerecht und wird von der Bevölkerung auch so empfunden. Eine Anpassung des Zinssatzes ist daher längst überfällig: Ich hoffe, dass der Bundesrat unserer Initiative folgt und einer Halbierung zustimmen wird. Langfristig wird der Steuerzahler damit um Zahlungen von fast einer Milliarde Euro pro Jahr entlastet“, sagte Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer.

„Seit über 50 Jahren ist an der Höhe der Finanzamtszinsen nichts geändert worden. Angesichts des nun Jahre herrschenden Zinstiefs kann man doch keinem Bürger mehr die vom Finanzamt verlangten Zinsen erklären. Eine Initiative, daran etwas zu ändern, hatte ich bereits vor über zwei Jahren mit einem Brief an das Bundesfinanzministerium und meine Länderkollegen angestoßen. Geändert hat das leider bis heute nichts“, sagte Schäfer. „Mittlerweile hat auch der Bundesfinanzhof Zweifel geäußert, ob der Zinssatz noch mit der Verfassung vereinbar ist. Um unserer Forderung Nachdruck zu verleihen, haben wir jetzt einen Gesetzentwurf beim Bundesrat eingereicht. Ich meine: Politik sollte handeln, Bürgerinnen und Bürger entlasten und sich nicht erst von Gerichten dazu zwingen lassen.“

„Die Halbierung des Zinssatzes ist für mich eine Frage der Gerechtigkeit.“

Finanzminister Schäfer weiter: „Die Halbierung des Zinssatzes ist für mich eine Frage der Gerechtigkeit. Der Staat profitiert seit Jahren vom Zinstief und sollte sich durch die Finanzamtszinsen nicht noch zusätzlich bereichern.“ Die Halbierung sei dabei nur der erste, längst überfällige Schritt. „Langfristig geht es mir darum, die Finanzamtszinsen dauerhaft an das jeweils herrschende Zinsniveau anzupassen. Ein so genannter Zinssatz auf Rädern, der sich parallel zu den Entwicklungen der Marktzinsen bewegt, wäre dafür die richtige Lösung. So würden wir verhindern, dass sich über die Jahre oder wie jetzt geschehen gar über ein halbes Jahrhundert, die Zinssätze von Staat und Markt so sehr und vor allem so stark zulasten der Bürgerinnen und Bürger auseinanderentwickeln.“

Hessen hat neben dem Gesetzentwurf zur Halbierung der Finanzamtszinsen auch eine Entschließung eingereicht, um einen Zinssatz auf Rädern in Angriff zu nehmen.

Hinweis

Die hessischen Initiativen sind als Drucksachen beim Bundesrat nachzulesen: 396/18 und 397/18.

03.09.2018 Hessisches Ministerium der Finanzen

Lohnsteuer: Bekanntmachung des Musters für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung 2019

Gemäß § 51 Abs. 4 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung zu bestimmen. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird hiermit das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2019 bekannt gemacht (siehe Anlage).

Der Ausdruck hat das Format DIN A 4.

Der Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung kann vom amtlichen Muster abweichen, wenn er sämtliche Angaben in gleicher Reihenfolge enthält und in Format und Aufbau dem bekannt gemachten Muster entspricht.

Bei der Ausstellung des Ausdrucks der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung sind die Vorgaben im BMF-Schreiben vom 27. September 2017 (BStBl I Seite 1339) zu beachten.

Die Fußnote zu Tz. 13 Buchst. e des BMF-Schreibens vom 27. September 2017 (BStBl I Seite 1339) wird hiermit aufgehoben. Damit sind Sozialversicherungsbeiträge, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit nach DBA steuerfreien Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stehen, nicht mehr im Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigen. Dies gilt auch für die Ausstellung des elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen 2018. Soweit die Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 11. Dezember 2017 (BStBl I S. 1624) vorliegen, kann der Sonderausgabenabzug im Veranlagungsverfahren beantragt und berücksichtigt werden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2378 / 18 / 10001 vom 31.08.2018

Das Muster finden Sie hier …

Umsatzsteuer Steuerbefreiung der Umsätze für die Seeschifffahrt und für die Luftfahrt (§ 4 Nr. 2, § 8 UStG, Abschnitt 8.1 UStAE)

Nach Ergehen des BMF-Schreibens vom 6. Oktober 2017 – III C 3 – S-7155 / 16 / 10002 (2017/0838408) -, BStBl I S. 1349, sind Zweifelsfragen aus der Praxis zum Anwendungsbereich dieses Schreibens gestellt worden.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Abschnitt 8.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 17. Juli 2018 – III C 3 -S-7179 / 08 / 10005 :001 (2018/0592904), BStBl I S. 820, geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. Absatz 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

3Die Steuerbefreiung kann sich nicht auf Umsätze auf den vorhergehenden Stufen erstrecken, wenn im Zeitpunkt dieser Leistungen deren endgültige Verwendung für den Bedarf eines konkreten, eindeutig identifizierbaren Seeschiffes ihrem Wesen nach nicht feststeht; steht jedoch im Zeitpunkt der Leistung deren endgültige Verwendung für den Bedarf eines solchen Seeschiffes fest und ist die endgültige Zweckbestimmung der Leistung bereits aufgrund der Befolgung der steuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten (Beleg- und Buchnachweis) sowie der Befolgung der Aufbewahrungspflichten und nicht erst durch besondere Kontroll- und Überwachungsmechanismen nachvollziehbar, kann sich die Steuerbefreiung auch auf vorhergehende Stufen erstrecken (vgl. EuGH-Urteile vom 14. 9. 2006, C-181/04 bis C-183/04, Elmeka, und vom 19. 7. 2012, C-33/11, A).“

2. Absatz 2 Sätze 1 und 2 werden wie folgt gefasst:

1Bei den begünstigten Schiffen (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG) muss es sich um bereits vorhandene Wasserfahrzeuge handeln, die nach ihrer Bauart dem Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sind; maßgebend ist die zolltarifliche Einordnung. 2Ein Wasserfahrzeug ist frühestens ab dem Zeitpunkt seines (klassischen) Stapellaufs oder seines Aufschwimmens im Trockendock als „vorhanden“ anzusehen.

3. Absatz 3 Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

„3. Teile von Schiffen und andere Gegenstände, die in ein bestimmtes nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG begünstigtes Wasserfahrzeug eingebaut werden sollen oder die zum Ersatz von Teilen oder zur Reparatur eines begünstigten Wasserfahrzeugs bestimmt sind; Absatz 2 Sätze 1 und 2 gilt entsprechend.“

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7155 / 16 / 10002 vom 05.09.2018

Anwendungsfragen zum Investmentsteuergesetz in der am 1. Januar 2018 geltenden Fassung (InvStG 2018)

Auslegungsfragen zu §§ 35 und 48 InvStG 2018

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-1980-1 / 16 / 10010 :011 vom 28.08.2018

Auszug

Das BMF beantwortet ausführlich die Fragen des Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) zur Auslegung der §§ 35 und 48 InvStG 2018 unter folgenden Schwerpunkten:

I. Zurechnung nach § 35 InvStG 2018

II. Ermittlung des Fonds-Aktiengewinns nach § 48 InvStG 2018

III. Spezial-Investmentfonds mit nur einem Anleger

IV. Fonds-Abkommensgewinn, Fonds-Teilfreistellungsgewinn

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-1980-1 / 16 / 10010 :011 vom 28.08.2018

 

EEG-Umlage für Eigenstrom aus KWK

Berlin: (hib/PEZ) Die Bundesregierung will die geplante weitere Reduzierung der EEG-Umlage für Eigenstrom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) möglichst schnell gesetzlich festzurren. Sie sei bestrebt, das Verfahren hierzu zügig nach der Sommerpause abzuschließen, erklärt die Regierung in der Antwort (19/4031) auf eine Kleine Anfrage (19/3770) der FDP-Fraktion. Es sei davon auszugehen, dass eine rückwirkende Lösung zum 1. Januar 2018 möglich ist.

Vorausgegangen waren Verhandlungen mit der EU-Kommission über die Weiterführung der verringerten Umlage. Bis Ende vergangenen Jahres galt diese Sonderregelung für Eigenstrom aus KWK-Anlagen, die ab August 2014 in Betrieb genommen wurden. Seitdem müssten Unternehmen die volle EEG-Umlage auf den von ihnen selbst erzeugten Strom zahlen, was der FDP-Fraktion zufolge zu erheblichen Mehrbelastungen führt. Im Sommer einigte sich die Bundesregierung mit der EU-Kommission auf eine Fortführung.

Den Angaben der Bundesregierung zufolge sind etwa 10.000 Anlagen betroffen. Mit Ausnahme von etwa 200 Anlagen könnten die Betreiber auch weiterhin die bisherige 40 Prozent-Umlage in Anspruch nehmen. „Damit würde sich für 98 Prozent der Anlagen keinerlei Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ergeben“, schreibt die Bundesregierung.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 643/2018

Zum System der sozialen Sicherheit am Arbeitsort bei Ablösung von entsandten Arbeitnehmern unterschiedlicher Arbeitgeber

Ein entsandter Arbeitnehmer fällt, wenn er einen anderen entsandten Arbeitnehmer ablöst, unter das System der sozialen Sicherheit am Arbeitsort, auch wenn die beiden Arbeitnehmer nicht von demselben Arbeitgeber entsandt wurden.

Eine A1-Bescheinigung über die Eingliederung des Arbeitnehmers in das System der sozialen Sicherheit des Herkunftsmitgliedstaats bindet jedoch, solange sie von diesem Staat weder widerrufen noch für ungültig erklärt worden ist, außer im Fall von Betrug oder Rechtsmissbrauch sowohl die Träger der sozialen Sicherheit als auch die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die Arbeiten ausgeführt werden.

Die österreichische Gesellschaft Alpenrind betreibt in Salzburg einen Schlachthof. In den Jahren 2012 bis 2014 ließ sie dort das Fleisch von nach Österreich entsandten Arbeitnehmern der ungarischen Gesellschaft Martimpex zerlegen und verpacken. Vor und nach diesem Zeitraum wurden die Arbeiten von Arbeitnehmern einer anderen ungarischen Gesellschaft, Martin-Meat, ausgeführt.

Für die etwa 250 von Martimpex vom 1. Februar 2012 bis zum 13. Dezember 2013 entsandten Arbeitnehmer stellte der ungarische Sozialversicherungsträger – teilweise rückwirkend und teilweise in Fällen, in denen der österreichische Sozialversicherungsträger1 bereits festgestellt hatte, dass die betreffenden Arbeitnehmer in Österreich pflichtversichert seien – A1-Bescheinigungen2 über die Anwendung der ungarischen Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit aus.

Der Bescheid des österreichischen Sozialversicherungsträgers über die Pflichtversicherung der Arbeitnehmer nach den österreichischen Rechtsvorschriften wurde vor den österreichischen Gerichten angefochten.

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof (Österreich)3 den Gerichtshof um Erläuterungen zu den Unionsvorschriften über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit4 und insbesondere zur Bindungswirkung der A1-Bescheinigung ersucht.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass eine vom zuständigen Träger eines Mitgliedstaats (im vorliegenden Fall Ungarn) ausgestellte A1-Bescheinigung sowohl für die Träger der sozialen Sicherheit als auch für die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird (Österreich), verbindlich ist5, solange sie von dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgestellt wurde (Ungarn)6, weder widerrufen noch für ungültig erklärt worden ist.

Dies gilt auch dann, wenn die zuständigen Behörden der beiden Mitgliedstaaten, wie im vorliegenden Fall, die Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit angerufen haben und diese zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Bescheinigung zu Unrecht ausgestellt wurde und widerrufen werden sollte. Der Gerichtshof führt hierzu aus, dass sich die Rolle der Verwaltungskommission in diesem Rahmen auf eine Annäherung der Standpunkte der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die sie angerufen haben, beschränkt und dass ihre Schlussfolgerungen den Stellenwert einer Stellungnahme haben.

Ferner stellt der Gerichtshof fest, dass eine A1-Bescheinigung Rückwirkung entfalten kann, auch wenn zum Zeitpunkt ihrer Ausstellung der zuständige Träger des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird (Österreich), bereits entschieden hatte, dass der betreffende Arbeitnehmer der Pflichtversicherung dieses Mitgliedstaats unterliegt.

Überdies kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass ein von einem Arbeitgeber zur Ausführung einer Arbeit in einen anderen Mitgliedstaat entsandter Arbeitnehmer, der dort einen anderen, von einem anderen Arbeitgeber entsandten Arbeitnehmer ablöst, nicht weiterhin den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats unterliegen kann, in dem sein Arbeitgeber gewöhnlich tätig ist.

In der Regel unterliegt ein Arbeitnehmer nämlich dem System der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem er arbeitet, um insbesondere die Gleichbehandlung aller im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erwerbstätigen Personen am besten zu gewährleisten.

Nur unter bestimmten Umständen hat der Unionsgesetzgeber die Möglichkeit vorgesehen, dass ein entsandter Arbeitnehmer weiterhin dem System der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats unterliegt, in dem sein Arbeitgeber gewöhnlich tätig ist. Ausgeschlossen hat der Verordnungsgeber diese Möglichkeit, wenn der entsandte Arbeitnehmer eine andere Person ablöst. Ein solcher Fall liegt vor, wenn ein von einem Arbeitgeber zur Ausführung einer Arbeit in einen anderen Mitgliedstaat entsandter Arbeitnehmer dort einen anderen, von einem anderen Arbeitgeber entsandten Arbeitnehmer ablöst.

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Arbeitgeber der beiden betreffenden Arbeitnehmer ihren Sitz im selben Mitgliedstaat haben oder ob zwischen ihnen personelle oder organisatorische Verflechtungen bestehen.

Fußnoten

1 Die Salzburger Gebietskrankenkasse.

2 Vormals Bescheinigung E 101.

3 Der Verwaltungsgerichtshof wurde von der Salzburger Gebietskrankenkasse und vom österreichischen Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz im Wege der Revision angerufen.

4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 200, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 1244/2010 der Kommission vom 9. Dezember 2010 (ABl. 2010, L 338, S. 35) geänderten Fassung sowie Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung Nr. 883/2004 (ABl. 2009, L 284, S. 1) in der durch die Verordnung Nr. 1244/2010 geänderten Fassung.

5 Außer im Fall von Betrug oder Rechtsmissbrauch, vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 6. Februar 2018, Altun u. a. (C-359/16, vgl. auch Pressemitteilung Nr. 10/18).

6 Fest steht, dass die fraglichen Bescheinigungen weder vom zuständigen ungarischen Träger widerrufen noch von den ungarischen Gerichten für ungültig erklärt wurden.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 06.09.2018 zum Urteil C-527/16 vom 06.09.2018