Das Wohngeld wird reformiert

Mit einer Wohngeldreform will das BMUB das Wohngeld an die Entwicklung der Einkommen und der Warmmieten seit der letzten Reform 2009 anpassen. Insgesamt soll das Wohngeld damit steigen.

Zum einen sollen die sogenannten Tabellenwerte angepasst werden. Damit soll neben dem Anstieg der Bruttokaltmieten und des Einkommens auch der Anstieg der warmen Nebenkosten und damit insgesamt der Bruttowarmmiete berücksichtigt werden. Denn seit der Reform 2009 sind die Preise um durchschnittlich acht Prozent und die Warmmieten um durchschnittlich neun Prozent gestiegen. Daraus ergibt sich eine Anpassung der Tabellenwerte um durchschnittlich 39 Prozent.

Zum anderen sollen die Miethöchstbeträge regional gestaffelt angehoben werden. Die Miethöchstbeträge bestimmen den Betrag, bis zu dem die Miete durch das Wohngeld bezuschusst wird. In Regionen mit stark steigenden Mieten sollen diese überdurchschnittlich stark ansteigen. Von der Wohngeldreform werden rund 870.000 Haushalte profitieren. Darunter sind rund 90.000 Haushalte, die bisher auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind. Die Leistungsverbesserungen werden gerade Familien und Rentnern zugutekommen. Die Reform soll am 1. Januar 2016 in Kraft treten.

Fallbeispiele
Im Folgenden werden die Effekte der Reform anhand von mehreren Fallbeispielen gezeigt. Weitere mögliche oder alternative Sozialleistungen (wie Kinderzuschlag oder Grundsicherung) sind berücksichtigt. Den Fallbeispielen liegen eine Reihe von Annahmen und Rechenschritten (z.B. Höhe der Heizkosten, Höhe des Pauschalabzugs beim Wohngeld) zugrunde, die aus Gründen der Lesbarkeit nicht dargestellt werden. Sie sind insofern nicht allgemeingültig.

Die einzelnen Fallbeispiele im Volltext finden Sie auf der Homepage des BMUB.

Quelle: BMUB, Mitteilung vom 20.02.2015

1. Fallbeispiel

Eine Rentnerin in Hamburg zahlt eine Kaltmiete von 510 Euro und erhält eine Rente von 950 Euro. Sie bezieht heute 96 Euro Leistungen der Grundsicherung im Alter. Ab 2016 hat sie einen Wohngeldanspruch von 120 Euro. Sie ist damit nicht mehr auf die Grundsicherung angewiesen. Im Ergebnis hat sie jeden Monat 24 Euro mehr zur Verfügung.

1-Personen-Haushalt: Rentnerin aus Hamburg (Mietenstufe VI)

Rente: 950 Euro
Bruttokaltmiete: 510 Euro
Bisher: Grundsicherung im Alter: 96 Euro
Zukünftig: Wohngeld: 120 Euro (+ 24 Euro)

Hintergrund: Die Rentnerin wohnt in einer relativ teuren Wohnung. Ihre Miete überschreitet den bisherigen Miethöchstbetrag von 385 Euro deutlich. Die Rentnerin hätte auch bei Verzicht auf die Grundsicherung keinen Wohngeldanspruch gehabt. Sie profitiert davon, dass Hamburg in Mietenstufe VI heraufgestuft wird und die Miethöchstbeträge in VI deutlich auf 517 Euro angehoben werden.

2. Fallbeispiel

Ein Rentner in Hof (Bayern) zahlt eine Kaltmiete von 305 Euro und erhält eine Rente von 850 Euro. Er bezieht heute 20 Euro Wohngeld. Ab 2016 erhöht sich sein Wohngeldanspruch auf 58 Euro. Im Ergebnis hat er jeden Monat 38 Euro mehr zur Verfügung.

1-Personen-Haushalt: Rentner aus Hof (Bayern, Mietenstufe I)

Rente: 850 Euro
Bruttokaltmiete: 305 Euro
Bisher: Wohngeld: 20 Euro
Zukünftig: Wohngeld:  58 Euro (+ 38 Euro)

Hintergrund: Rentner profitiert auch von der Anhebung des Miethöchstbetrags von 292 Euro auf 312 Euro.

3. Fallbeispiel

Ein Rentnerehepaar in Leipzig zahlt eine Kaltmiete von 420 Euro und erhält zusammen eine Rente von 1300 Euro. Es bezieht heute 29 Euro Leistungen der Grundsicherung im Alter. Ab 2016 hat es einen Wohngeldanspruch von 40 Euro. Es ist damit nicht mehr auf die Grundsicherung angewiesen. Im Ergebnis hat das Ehepaar jeden Monat 11 Euro mehr zur Verfügung.

2-Personen-Haushalt: Rentnerehepaar aus Leipzig (Sachsen, Mietenstufe II)

Rente des Paars: 1300 Euro
Bruttokaltmiete: 420 Euro
Bisher: Grundsicherung im Alter: 29 Euro
Zukünftig: Wohngeld: 40 Euro (+ 11 Euro)

Hintergrund: Derzeit ist bei 2-Personen-Rentnerhaushalten die Grundsicherung im Alter immer höher als das Wohngeld (ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Vermögensgrenzen). Durch die Reform gibt es wieder einen kleinen Einkommensbereich, in dem der Wohngeldbezug vorteilhaft ist. Der konkrete Rentnerhaushalt hätte auch bei Verzicht auf die Grundsicherung keinen Wohngeldanspruch gehabt.

 

4. Fallbeispiel

 

Eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern (9 und 13 Jahre) in Essen zahlt eine Kaltmiete von 520 Euro und verdient monatlich 1400 Euro. Zusätzlich erhält sie für ihre Kinder 300 Euro Unterhalt und 368 Euro Kindergeld. Sie bezieht heute 71 Euro Wohngeld. Ab 2016 erhöht sich dieser Wohngeldanspruch auf 187 Euro. Im Ergebnis hat sie jeden Monat 116 Euro mehr zur Verfügung.

3-Personen-Haushalt: Alleinerziehende mit 2 Kindern (9 und 13 Jahre) aus Essen (Nordrhein-Westfalen, Mietenstufe IV)

Brutto-Monatseinkommen: 1400 Euro
Unterhalt für die Kinder: 300 Euro
Kindergeld: 368 Euro
Plus Bildungs- und Teilhabepaket
Bruttokaltmiete: 520 Euro
Bisher: Wohngeld: 71 Euro
Zukünftig: Wohngeld: 187 Euro (+ 116 Euro)

Hintergrund: Die Alleinerziehende profitiert insbesondere durch die Neuregelung des Alleinerziehendenfreibetrags. Statt 600 Euro im Jahr für ein Kind unter 12 Jahren wird nun ein Freibetrag von 1320 Euro im Jahr von ihrem Einkommen abgezogen. Wegen des Unterhalts ihres Expartners für die Kinder besteht kein Anspruch auf Kinderzuschlag.

5. Fallbeispiel

Eine Familie mit einem dreijährigen Kind in Schmalkalden (Thüringen) zahlt für ihr Eigenheim insgesamt 500 Euro für Betriebskosten und Hypothek. Der Vater verdient monatlich 1650 Euro. Die Mutter ist arbeitslos und hat keinen Anspruch auf ALG I. Zusätzlich erhalten sie für das Kind 184 Euro Kindergeld. Sie beziehen heute 31 Euro Wohngeld. Ab 2016 erhöht sich dieser Wohngeldanspruch auf 92 Euro. Im Ergebnis haben sie jeden Monat 61 Euro mehr zur Verfügung.

3-Personen-Haushalt: Paar mit 1 Kind (3 Jahre) aus Schmalkalden (Thüringen, Mietenstufe I)

Brutto-Monatseinkommen des Mannes: 1.650 Euro
Frau: arbeitslos ohne Anspruch auf ALG I
Kindergeld: 184 Euro
Kinderzuschlag: 140 Euro
Plus Bildungs- und Teilhabepaket
Belastung für das Eigenheim: 500 Euro
Bisher: Wohngeld: 31 Euro
Zukünftig: Wohngeld: 92 Euro (+ 61 Euro)

Hintergrund: Knapp 10 Prozent der Wohngeldhaushalte, vor allem in ländlichen Regionen, leben im selbstgenutzten Wohneigentum. Der Haushalt profitiert davon, dass durch die Anhebung der Höchstbeträge statt 424 Euro nun 450 Euro der Belastung (Betriebs- und Kreditkosten) beim Wohngeld angerechnet werden. Beim Wohngeld werden im Gegensatz zur Grundsicherung auch Tilgungsbeiträge berücksichtigt.

6. Fallbeispiel

Eine Familie mit zwei Kindern (3 und 4 Jahre) in Schwerin zahlt eine Kaltmiete von 530 Euro. Die Mutter verfügt über ein Monatseinkommen von 1600 Euro. Der Vater ist arbeitslos und hat keinen Anspruch auf ALG I. Zusätzlich erhalten sie für die Kinder 368 Euro Kindergeld. Die Familie bezieht als Aufstocker heute 501 Euro ALG II. Ab 2016 besteht ein Wohngeldanspruch von 271 Euro zuzüglich 280 Euro Kinderzuschlag. Die Familie ist damit nicht mehr auf das ALG II angewiesen und hat im Ergebnis jeden Monat 50 Euro mehr zur Verfügung.

4-Personen-Haushalt: Paar mit 2 Kindern (3 und 4 Jahre) aus Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern, Mietenstufe III)

Brutto-Monatseinkommen der Frau: 1600 Euro
Mann arbeitslos ohne Anspruch auf ALG I
Kindergeld: 368 Euro
Plus Bildungs- und Teilhabepaket
Bruttokaltmiete: 530 Euro
Bisher: (aufstockend) Arbeitslosengeld II: 501 Euro
Zukünftig: Kinderzuschlag: 280 Euro
Zukünftig: Wohngeld: 271 Euro (+ 50 Euro)

Hintergrund: Da der ALG II-Anspruch bisher höher ist als das Wohngeld (bisher rechnerisch 200 Euro) plus Kinderzuschlag, bezieht der Haushalt derzeit ALG II. Künftig ist die Summe aus Wohngeld und Kinderzuschlag höher als das ALG II.

7. Fallbeispiel

Eine Familie mit zwei Kindern (3 und 4 Jahre) in Rosenheim zahlt eine Kaltmiete von 700 Euro. Der Vater verfügt über ein Monatseinkommen von 1600 Euro und die Mutter von 450 Euro. Zusätzlich erhalten sie für die Kinder 368 Euro Kindergeld. Sie beziehen heute 98 Euro Wohngeld zuzüglich 280 Euro Kinderzuschlag. Ab 2016 erhöht sich ihr Wohngeldanspruch auf 194 Euro. Im Ergebnis haben sie jeden Monat 96 Euro mehr in der Tasche.

4-Personen-Haushalt: Paar mit 2 Kindern (3 und 4 Jahre) aus Rosenheim (Bayern, Mietenstufe V)

Brutto-Monatseinkommen des Mannes: 1600 Euro
Brutto-Monatseinkommen der Frau: 450 Euro
Kindergeld: 368 Euro
Kinderzuschlag: 280 Euro
Plus Bildungs- und Teilhabepaket
Bruttokaltmiete: 700 Euro
Bisher: Wohngeld: 98 Euro
Zukünftig: Wohngeld: 194 Euro (+ 96 Euro)

Hintergrund: Bisher überschreitet die Familie den Höchstbetrag von 649 Euro. Bei der Ehefrau (hier Brutto = Netto) entfällt der 6-prozentige Pauschalabzug beim Einkommen.