Denkmalgeschützte Immobilie: BFH bestätigt Kaufpreisaufteilung – Bodenwert ist nicht „null“

BFH, Urteil vom 07.10.2025 – IX R 26/24

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 7. Oktober 2025 wichtige Klarstellungen zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises einer denkmalgeschützten Immobilie in Grund und Boden sowie Gebäude getroffen. Die Entscheidung betrifft unmittelbar die Bemessungsgrundlage der AfA bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und ist für Investoren in Denkmalimmobilien von erheblicher praktischer Bedeutung.


1. Ausgangslage: Denkmal = kein Bodenwert?

Im Streitfall hatten die Kläger ein denkmalgeschütztes Gebäude zu einem Gesamtkaufpreis erworben und den Standpunkt vertreten, dass aufgrund des Denkmalschutzes:

  • das Grundstück nicht ohne Gebäude nutzbar sei,
  • dem Gebäude eine „ewige Restnutzungsdauer“ zukomme,
  • der Bodenwert folglich mit 0 € anzusetzen sei.

Konsequenz dieses Ansatzes wäre gewesen:
Der gesamte Kaufpreis wäre dem Gebäude zuzuordnen – mit entsprechend hoher AfA-Bemessungsgrundlage.

Das Finanzamt und später das Finanzgericht folgten dieser Argumentation jedoch nicht und teilten den Kaufpreis anhand eines Ertragswertverfahrens auf.


2. Kernaussage des BFH: Auch ein Denkmal steht auf wertvollem Boden

Der BFH bestätigt zunächst einen Grundsatz, der in der Beratungspraxis häufig unterschätzt wird:

Auch bei einer denkmalgeschützten Immobilie ist der Gesamtkaufpreis zwingend in einen Anteil für Grund und Boden sowie einen Anteil für das Gebäude aufzuteilen.

Ein Nullansatz für den Bodenwert kommt nach Auffassung des BFH nicht in Betracht, solange nicht der Boden selbst unter Denkmalschutz steht (Bodendenkmal).

Wichtige Klarstellung:

  • Der Denkmalschutz betrifft regelmäßig nur das Gebäude, nicht den Grund und Boden.
  • Einschränkungen durch den Denkmalschutz wirken sich nicht bodenwertmindernd, sondern allenfalls gebäudewertrelevant aus.
  • Der Bodenwert spiegelt primär Lage und Marktsituation wider – unabhängig von der Restnutzungsdauer des Gebäudes.

3. Zulässige Bewertungsmethode: Allgemeines Ertragswertverfahren

Besonders praxisrelevant ist die Aussage des BFH zur Wahl des Bewertungsverfahrens:

  • Das allgemeine Ertragswertverfahren nach § 28 ImmoWertV ist auch bei denkmalgeschützten Gebäuden uneingeschränkt zulässig.
  • Ein Vorrang des vereinfachten Ertragswertverfahrens (§ 29 ImmoWertV) besteht nicht.
  • Das allgemeine Ertragswertverfahren ist keine unzulässige Restwertmethode, sondern ein anerkanntes und sachgerechtes Verfahren zur Ermittlung der Wertrelation zwischen Boden und Gebäude.

Der BFH betont, dass beide Varianten des Ertragswertverfahrens zwar zum gleichen Gesamtwert führen, sich aber hinsichtlich der Aufteilung unterscheiden dürfen.


4. Keine „ewige Nutzungsdauer“ bei Denkmalen

Der BFH erteilt zudem einer in der Praxis immer wieder anzutreffenden Argumentation eine klare Absage:

Auch ein denkmalgeschütztes Gebäude hat keine unendliche Nutzungsdauer.

Begründung des Gerichts:

  • Auch Denkmäler unterliegen wirtschaftlicher Abnutzung.
  • Sie müssen instand gehalten, modernisiert und ggf. substantiell erneuert werden.
  • Zudem können außergewöhnliche Ereignisse (Brand, Naturereignisse, Aufhebung des Denkmalschutzes) die Nutzung beenden.

Der Denkmalschutz führt steuerlich nicht über einen reduzierten Bodenwert, sondern über:

  • erhöhte Instandhaltungsaufwendungen,
  • ggf. erhöhte Abschreibungen nach § 7i EStG.

5. Positiver Aspekt für Steuerpflichtige: Höherer AfA-Satz möglich

Für die Kläger endete das Verfahren nicht vollständig erfolglos. Der BFH stellte klar:

  • Bei einer nachgewiesenen tatsächlichen Restnutzungsdauer von 30 Jahren
  • ist § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG anzuwenden,
  • mit einem AfA-Satz von 3,3 % statt 2,5 %.

👉 Praxishinweis:
Ein qualifiziertes Sachverständigengutachten zur tatsächlichen Nutzungsdauer kann sich erheblich auf die jährliche AfA auswirken, auch wenn der Bodenwert nicht eliminiert werden kann.


6. Konsequenzen für die Beratungspraxis

1. Kein Bodenwert = kein tragfähiges Argument
Die pauschale Behauptung, der Bodenwert einer Denkmalimmobilie betrage 0 €, ist nach dieser Entscheidung regelmäßig nicht haltbar.

2. Bewertungsverfahren sorgfältig wählen
Das allgemeine Ertragswertverfahren ist:

  • zulässig,
  • gerichtlich anerkannt,
  • regelmäßig belastbarer als pauschale Aufteilungen oder Parteigutachten.

3. Fokus auf Restnutzungsdauer legen
Gestaltungspotenzial besteht weniger bei der Bodenwertfrage, sondern bei:

  • der tatsächlichen Nutzungsdauer,
  • der Qualität des Gutachtens,
  • der Kombination mit § 7i EStG.

4. AfA-Optimierung bleibt möglich – aber sachgerecht
Denkmalimmobilien bleiben steuerlich attraktiv, jedoch nicht über eine vollständige Verlagerung des Kaufpreises auf das Gebäude.


Fazit

Der BFH sorgt mit dem Urteil IX R 26/24 für Rechtssicherheit bei der Kaufpreisaufteilung denkmalgeschützter Immobilien:

  • Bodenwert bleibt Bodenwert, auch beim Denkmal.
  • Ertragswertverfahren sind zulässig und maßgeblich.
  • Steuerliche Optimierung erfolgt über Nutzungsdauer und Sonderabschreibungen, nicht über künstliche Nullansätze.

Für Investoren und Berater gilt:
Substanz schlägt Argumentation.