Am 5. Dezember 2024 entschied der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Fall 8 AZR 370/20 über die Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten in Bezug auf Überstundenzuschläge. Das Gericht stellte fest, dass tarifvertragliche Regelungen, die für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzen, Teilzeitbeschäftigte benachteiligen. Diese Praxis verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten gemäß § 4 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) und auch gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wenn keine sachlichen Gründe für die Ungleichbehandlung vorliegen.
Hintergrund des Urteils
Im zugrunde liegenden Fall war die Klägerin als Teilzeit-Pflegekraft (40 % einer Vollzeitstelle) bei einem ambulanten Dialyseanbieter beschäftigt. Der Arbeitgeber wendete den Manteltarifvertrag (MTV) an, nach dem für Überstunden, die über die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen, ein Zuschlag von 30 % gezahlt wird. Die Klägerin forderte aufgrund ihrer geleisteten Überstunden die entsprechende Zeitgutschrift und zusätzlich eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, da sie aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung gegenüber Vollzeitkräften benachteiligt wurde.
Entscheidung des BAG
Das BAG entschied, dass die tarifvertragliche Regelung zur Überstundenvergütung in diesem Fall unwirksam ist, da sie Teilzeitbeschäftigte diskriminiert. Die tarifliche Regelung sah keine anteilige Reduzierung des Schwellenwerts für Überstundenvergütungen entsprechend der Teilzeitquote vor. Dies führte zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung von Teilzeitkräften, die keine sachliche Rechtfertigung hatte.
Darüber hinaus entschied das BAG, dass die Anwendung dieser Regelung auch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts darstellt, da in dem betroffenen Unternehmen ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Frauen in Teilzeit beschäftigt ist. Die Klägerin wurde demnach auch wegen ihres Geschlechts benachteiligt.
Als Folge der Unwirksamkeit der tarifvertraglichen Regelung wurde der Klägerin eine zusätzliche Zeitgutschrift für die Überstunden gewährt und ihr eine Entschädigung in Höhe von 250 Euro zugesprochen. Dieser Betrag soll den immateriellen Schaden durch die Diskriminierung ausgleichen und gleichzeitig eine abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber entfalten.
Bedeutung des Urteils
Dieses Urteil stellt einen wichtigen Schritt zur Bekämpfung der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten dar. Teilzeitbeschäftigte, die in vielen Fällen vor allem Frauen betreffen, dürfen nicht benachteiligt werden, insbesondere wenn es um die Gewährung von Überstundenzuschlägen geht. Arbeitgeber sind nun dazu aufgefordert, ihre tariflichen und arbeitsrechtlichen Regelungen auf ihre Gleichbehandlung hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Fazit
Das Urteil des BAG verdeutlicht, dass Tarifverträge, die Teilzeitbeschäftigte in Bezug auf Überstundenzuschläge benachteiligen, unwirksam sind, sofern keine sachlichen Gründe vorliegen. Arbeitgeber sollten daher ihre internen Regelungen überprüfen und sicherstellen, dass Teilzeitbeschäftigte gleichberechtigt behandelt werden. Arbeitnehmer, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, sollten ihre Rechte kennen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten.