Einkommensteuer: Inländischer Wohnsitz und Änderungsbefugnis des Finanzamts

Der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, entschied mit Urteil vom 18. Juni 2015 (Az. 3 K 2075/12), der Kläger, ein Schweizer Staatsangehöriger, sei am Wohnsitz seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind im Inland ansässig und unbeschränkt steuerpflichtig. Das Finanzamt habe aber aus verfahrensrechtlichen Gründen die zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2006 aufzuheben. Es gebe für die Änderungsbescheide keine Rechtsgrundlage.

Der Kläger, berufstätig in der Schweiz, hat nach seinen Angaben eine Wohnung im Erdgeschoss des elterlichen Wohnhauses in der Schweiz. Seine Ehefrau, eine deutsche Staatsangehörige, wohnt und arbeitet im Inland. Die Eheleute haben nach Schweizer Recht Gütertrennung vereinbart. Der Kläger erwarb 2001 zu Alleineigentum das Erbbaurecht an einem Einfamilienhaus im Inland, das er an seine Ehefrau vermietete. Er reichte ab 2002 Einkommensteuererklärungen für beschränkt Steuerpflichtige beim Finanzamt ein und erklärte Verluste aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt setzte zunächst die Einkommensteuer mit 0,- Euro fest. Der Kläger und seine Ehefrau versteuerten ihr Erwerbseinkommen in der Schweiz. Das Finanzamt gelangte dann zu dem Ergebnis, der Kläger habe seinen Wohnsitz im Inland. Steuerfahnder hatten anlässlich einer Durchsuchung der Wohnräume im Inland zahlreiche persönliche Gegenstände des Klägers gefunden. Der Kläger und seine Ehefrau reichten daraufhin Einkommensteuererklärungen für unbeschränkt Steuerpflichtige für eine Zusammenveranlagung ein. Das Finanzamt hob am 24. Januar 2011 die gegenüber dem Kläger ergangenen Einkommensteuerbescheide zur beschränkten Steuerpflicht wegen neuer Tatsachen auf und erließ am 16. und 18. Februar 2011 an den Kläger und seine Ehefrau gerichtete Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Eine Änderungsvorschrift nannte es nicht.

Der 3. Senat war davon überzeugt, dass der Kläger seinen Wohnsitz im Inland gehabt hat. Der Kläger habe über die inländische Wohnung verfügt und diese regelmäßig aufgesucht. Das Mietverhältnis zwischen ihm und der Ehefrau sei steuerlich nicht anzuerkennen. Die Nutzungsüberlassung erfolge im Rahmen einer familiären Hausgemeinschaft. Verluste seien nicht zu berücksichtigen. Der Kläger habe als Grenzgänger seinen Schweizer Arbeitslohn im Inland zu versteuern. Das Finanzamt habe zwar zu Recht gegenüber der Ehefrau Erstbescheide erlassen. Gegenüber dem Kläger handle es sich jedoch um Änderungsbescheide. Hebe das Finanzamt die ursprünglichen Bescheide im Januar 2011 wegen neuer Tatsachen ohne Neufestsetzung auf, gebe es für die Bescheide vom Februar 2011 an den Kläger keine Rechtsgrundlage. Es fehle insoweit an neuen Tatsachen zulasten des Klägers, die nachträglich, also nach Erlass des letzten Bescheids, bekannt geworden seien.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 02.12.2015 zum Urteil 3 K 2075/12 vom 18.06.2015