Einkommensteuer: Nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehen kann ein Steuer-pflichtiger, der ursprünglich unter falschem Namen in der Bundesrepublik Deutschland ein-gereist und ausländerrechtlich nur geduldet war, die Aufwendungen, mit denen er zu vermeiden suchte, dass seine falsche Identität vor seiner Eheschließung, die seinen Aufenthalt in Deutschland legalisierte, aufgedeckt und er abgeschoben wird, Urteil des 5. Senats vom 11.10.2013, 5 K 140/11, NZB eingelegt, Az. des BFH VI B 143/13.

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 5 K 140/11
Urteil des Einzelrichters vom 11.10.2013
Rechtskraft: Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: VI B 143/13
Normen: EStG § 33
Leitsatz: Der Wunsch eines mit falschem Namen eingereisten, in der Bundesrepublik Deutschland geduldeten Ausländers, nicht nach Aufdeckung der falschen Identität vor der Eheschließung abgeschoben zu werden, vermag nicht losgelöst von den Umständen der ursprünglichen Einreise die steuerliche Abzugsfähigkeit späterer im Zusammenhang mit der Legalisierung aufgewandter Kosten zu begründen.
Überschrift: Einkommensteuer: Zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um die Anerkennung von Flugkosten für die Kinder der Ehefrau des Klägers als außergewöhnliche Belastung.
Der Kläger ist seit dem … 2007 mit Frau A, geborene …, (Frau A) verheiratet. Frau A ist ivorische Staatsbürgerin. Bis zu ihrer unter falschem Namen (B) und mit falscher Herkunftsangabe (Togo) erfolgten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1995 lebte Frau A in C in der Elfenbeinküste, wo ihre afrikanische Familie weiterhin lebte und lebt. In der Bundesrepublik Deutschland war Frau A ausländerrechtlich geduldet und gebar 4 Kinder, D am … 1998, E (E) am … 2001 sowie die Zwillinge F und G am … 2002. Der Sohn lebt spätestens seit August 2004 bei seinem Vater in Frankreich. Alle drei Töchter leben seit ihrer Geburt bei der seinerzeit nicht verheirateten Mutter, die wiederum seit der Schwangerschaft mit den Zwillingen von dem gemeinsamen Vater der Töchter, H aus Guinea, getrennt lebte. Die Zwillinge trugen seinerzeit den (falschen) Nachnamen der Mutter, die Tochter E den Nachnamen des Vaters.
Den Kläger lernte Frau A im Jahr 2004 in Deutschland kennen. Im Jahr 2007 reisten beide nach C, um dort am … 2007 die Ehe zu schließen. Die 3 Mädchen waren mit nach C geflogen. Frau A verfügte seinerzeit über keinerlei Dokumente mehr, die über ihre wahre Identität Auskunft gaben. Da sie ihre Existenz mit der Eheschließung auf eine sichere Grundlage stellen wollte, bemühte sie sich in der Elfenbeinküste um die Beschaffung der zutreffenden Geburtsurkunde. Wegen der seinerzeitigen Unruhen in der Elfenbeinküste gelang es ihr nur, eine von 2 Zeugen bestätigte Ersatzurkunde zu beschaffen. Der Kläger reiste alsbald nach der Eheschließung nach Deutschland zurück. Seine Ehefrau folgte nach notwendiger Erteilung eines Visums (vgl. Anlage K6) im Oktober 2007 und erhielt am … 2007 die Aufenthaltserlaubnis (Passkopie Einkommensteuermappe – EStM – 2007 Bl. 19). Die Kinder blieben bis zum Abschluss beantragter Namensberichtigungen und Berichtigung der Geburtsurkunden (berichtigte Geburtseinträge der Bundesrepublik Deutschland vom … 2008 für die 3 Mädchen und den Sohn vgl. EStM 2007 Bl. 21-24) bei der Familie in der Elfenbeinküste. Für die Tochter E war nunmehr zwar die Mutter mit ihrem zutreffenden Namen angegeben, allerdings (anders als in den Geburtseinträgen der Elfenbeinküste vom … 2008, vgl. Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom
19.06.2013) – weiterhin – als Nachname der Name ihres leiblichen Vaters eingetragen. Das Amtsgericht Hamburg hatte mit Beschluss vom … 2008 (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 19.06.2013) der Tochter E nicht den Geburtsnamen der Mutter als Familiennamen zuerkannt. Nach Erhalt des Einreisevisums auch für die 3 Mädchen (vgl. zum Verfahren Schreiben der Behörde für Inneres vom 16.02.2009, Anlage K 7, nunmehr auch die Tochter E mit dem Nachnamen der Mutter bezeichnend) reisten auch diese wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein. Zur Vorbereitung der Ausreise ihrer Kinder flog Frau A im Oktober 2008 in die Elfenbeinküste und ebenso wie ihre 3 Töchter im März 2009 nach Deutschland zurück (Reiseanmeldung für die 3 Kinder für 06.03. – 22.03.2009 für einen Flug von C nach J, Rechtsbehelfsakte- RbA – Bl. 33, Ticket für Frau A vom 27.10.2008 für Hinflug J- C 08.12. und Rückflug 06./07.03. EStM 2008 Bl. 28).
Der Kläger wird wenigstens seit 2007 mit seiner Ehefrau zusammenveranlagt.
Mit der Einkommensteuererklärung für 2007 machte der Kläger als außergewöhnliche Belastungen neben einzelnen nicht streitigen Aufwendungen für die Eheschließung Aufwendungen für die Familienzusammenführung geltend (EStM 2007 Bl. 30), u. a. Kosten für einen Flug seiner Ehefrau von C nach J in Höhe von 884 € (zzgl. Ticketservicegebühr). Das zum Beleg eingereichte Ticket vom 04.10.2007 (EStM 2007 Bl. 68) umfasste einen Hinflug von C nach J im Oktober und einen Rückflug von J nach C im Januar. Die Kosten wurden anerkannt. Kosten für den Flug von J nach C zur Eheschließung im April 2007 wurden nicht geltend gemacht.
Mit der Einkommensteuererklärung für 2008 machte der Kläger wiederum Aufwendungen für Familienzusammenführung als außergewöhnliche Belastungen geltend (EStM 2008 Bl. 4), und zwar zum einen Kosten für einen Besuch der Ehefrau bei den Kindern in C im Juli/August 2008 (Ticket vom 25.02.2008 für einen Hinflug nach C im Juli und einen Rückflug nach J im August, EStM 2008 Bl. 24) und zum anderen Kosten für einen weiteren Besuch seitens der Ehefrau in C zwecks Vorbereitung der Ausreise der Kinder (Ticket vom 27.10.2008 EStM 2008 Bl. 28) betreffend einen Hinflug nach C am 08.12. und einen Rückflug nach J am 06./07.3. (2009). Der Beklagte erkannte die Kosten für die Besuchsreise im Sommer 2008 nicht an.
Mit der Einkommensteuererklärung für 2009 machte der Kläger neben Gebühren für die Regelung ausländerrechtlicher Angelegenheiten (Verpflichtungserkärung in Höhe von 37,50 € und Aufenthaltserlaubnis für die 3 Mädchen in Höhe von 90 €) Kosten für die Rückreise der 3 Kinder von C nach J in Höhe von 2.607,84 € gem. Reiseanmeldung vom 09.02.2009 für einen Flug von C nach J in der Zeit vom 06.03. bis zum 22.03.2009 (RbA Bl. 33), insgesamt (gerundet) 2.736 €, als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Der Beklagte erkannte in dem Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 09.02.2011 die genannten Kosten in Höhe von insgesamt 2.736 € mit der Begründung nicht als abzugsfähig an, dass es sich um nicht zwangsläufige Kosten der allgemeinen Lebensführung handele.
Den hiergegen am 14.02.2011 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 05.05.2011 unter Hinweis auf die Entscheidung des BFH vom 19.05.1995 als unbegründet zurück.
Hierauf hat der Kläger am 03.06.2011 Klage erhoben.
Der Kläger trägt vor:
Es würden keine Kosten der Eheschließung geltend gemacht, sondern allein Kosten der Familienzusammenführung, die durch die notwendige kurzfristige Buchung von Reisetickets für die Rückreise der Kinder von C nach J nach erfolgter Berichtigung der Geburtsurkunden und Erstellung der Einreisvisa entstanden seien. Er, der Kläger, habe nach dem ursprünglichen Grund und Anlass für die Einreise seiner späteren Ehefrau unter falschem Namen nie gefragt. Ziel des Klägers und seiner späteren Ehefrau sei es jedenfalls gewesen, im Zusammenhang mit der Eheschließung die Legalisierung des Status von Frau A und deren Kinder herbeizuführen. Eine Eheschließung in Deutschland sei wegen des bloßen Duldungsstatus der Ehefrau und wegen deren falschen Namens nicht möglich gewesen. Jedenfalls habe er, der Kläger, dies befürchtet. Auch habe Frau A ihre Familie in der Elfenbeinküste wiedersehen und er, der Kläger, die Chance nutzen wollen, die Familie kennenzulernen. Die Mitnahme der 3 Kinder nach C sei für die Berichtigung der Geburtsurkunden der Kinder erforderlich gewesen. Es sei nachzuweisen gewesen, dass Frau A die Mutter der Kinder ist. Selbst wenn eine Namensberichtigung für die Kinder grundsätzlich auch von Deutschland aus möglich gewesen wäre, ohne dass die Kinder vor Ort in der Elfenbeinküste gewesen wären, so sei doch zu beachten, dass die für die Tochter E relevante Frage, ob Frau A als ihre Mutter den Familiennamen vorgeben könne, nach ivorischem Recht zu entscheiden gewesen sei, weil E mit dem Namen ihres Vaters in der Geburtsurkunde verzeichnet gewesen sei. Zudem hätten die Kinder bei der Familienfeier aus Anlass der Eheschließung dabei sein sollen. Sie hätten darüber hinaus angesichts ihres Alters nicht allein in Deutschland bleiben können. Infolge traumatischer Erlebnisse während der Schwangerschaft von Frau A mit den Zwillingen sei nicht vorstellbar gewesen, dass die Kinder ohne ihre seinerzeit alleinige Bezugsperson von ihrer Mutter sein könnten. Frau A und er, der Kläger, hätten es von vornherein für möglich gehalten, dass infolge der falschen Identität von Frau A für deren Rückreise nach der Eheschließung eine Sperrfrist erteilt würde. Mögen auch ausländerrechtliche Schwierigkeiten bei der Rückreise der Kinder vorhersehbar gewesen sei, so sei für ihn, den Kläger indes nicht absehbar gewesen, dass die Kinder nicht gleichzeitig mit ihrer Mutter würden ausreisen können, dass die Namensberichtigung für die Kinder so lange Zeit in Anspruch nehmen würde. Er habe sich erst nach der Eheschließung und seiner Rückkehr nach J beim Standesamt J über die Vorgehensweise für die Namensberichtigung der Kinder beraten lassen. Reisekosten für die Ehefrau seien im Jahr 2009 nicht angefallen, da sie schon bei der Buchung ihrer Reise von J nach C im Jahr 2008 auch die Rückreise mitgebucht, das Ticket mithin schon 2008 erworben habe. Die Kosten für die Rückreise der Kinder im Jahr 2009 seien nur deshalb angefallen, weil die im Jahr 2007 mit Rückreisemöglichkeit ausgestellten Reisetickets wegen der Länge des zwischenzeitlich abgelaufenen Zeitraums nicht mehr gegolten hätten. Hätten die Kinder gleichzeitig mit ihrer Mutter noch im Jahr 2007 nach Deutschland zurückreisen können, hätten die ursprünglichen Tickets noch Gültigkeit gehabt und hätte sich der Aufwand für den Erwerb neuer Tickets im Jahr 2009 erübrigt. Damit sei die Kostenentstehung zwangsläufig gewesen. Die Verpflichtungserklärung, hinsichtlich derer Kosten geltend gemacht worden seien, beinhalte die Verpflichtung, für die nachreisenden Kinder aufzukommen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid für 2009 über Einkommensteuer vom 09.02.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2011 dahingehend zu ändern, dass die Kosten für Familienzusammenführung in Höhe von insgesamt 2.736 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor:
Die Kosten der Familienzusammenführung seien ebenso wenig wie die Kosten der Eheschließung zwangsläufig. Weder sei es notwendig gewesen, die Eheschließung in der Elfenbeinküste vorzunehmen, noch eine Änderung der Geburtsurkunden der Kinder im Heimatland der Mutter selbst zu bewirken. Der ausländerrechtliche Status der Kinder müsse dem Kläger bekannt gewesen sein. Zudem sei der Grund für die erforderliche Änderung der Urkunden und der Einreise selbst durch die unzutreffenden Angaben bei der Einreise der Ehefrau verschuldet worden.
Dem Gericht haben 1 Band Rechtsbehelfsakten einschließlich der Unterlagen für die Einkommensteuer 2009 sowie 2 Mappen mit Unterlagen für die Einkommensteuer 2007 und 2008 vorgelegen.
Auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 17.05.2013 wird verwiesen.
Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren u. a. ein an das Amtsgericht Hamburg im Zusammenhang mit einem Verfahren betr. die Namensberichtigung der Tochter E gerichtetes Schreiben von Frau A vom 20.05.2012 (Anlage zum Schriftsatz vom 19.06.2013) sowie die Übersetzung eines von Frau A im Jahr 2007 mit Hilfe Dritter verfassten und übersetzten Lebenslaufs (Anlage zum Schriftsatz vom 25.07.2013) eingereicht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch die Vorsitzende als Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Vorsitzende entscheidet gem. §§ 79a Abs. 3 und 4 i. V. m. § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Einverständnis der Beteiligten als Berichterstatterin und ohne mündliche Verhandlung.
I.
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Beklagte hat die geltend gemachten Aufwendungen zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt.
1. Dabei ist es angesichts der Zusammenveranlagung für den Abzug als außergewöhnliche Belastung unbeachtlich, ob der Kläger – wovon aufgrund der
Einkommensverhältnisse auszugehen ist – oder seine Ehefrau die in Rede stehenden Kosten wirtschaftlich getragen hat. Denn gem. § 26b EStG werden die Eheleute insoweit gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt (BFH Urteil vom 02.09.2010 VI R 11/09 Tz 23, BStBl II 2011, 119).
2. Gem. § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (BFH Urteil vom 05.10.2011 VI R 20711, BFH/NV 2011, 38). Familienbedingte Aufwendungen sind bis 1995 durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs (Freibeträge und Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz) und ab 1996 durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs (Freibeträge oder Kindergeld) abgegolten (BFH Beschluss vom 15.05.2012 VI B 111/11, BFH/NV 2012, 1434). Außergewöhnlich sind Aufwendungen, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen (BFH Beschluss vom 15.05.2012 VI B 111/11, BFH/NV 2012, 1434). Nach diesen Grundsätzen hat die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Eheschließung entstandene Kosten zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt und dies ausdrücklich auch auf Reisekosten erstreckt, die aus Anlass der Eheschließung im Ausland mit einem dort lebenden Partner entstanden sind, selbst wenn die Eheschließung im Ausland primär zu dem Zweck erfolgt sein sollte, dem Partner die Ausreise aus dem Ausland zu ermöglichen (BFH Urteil vom 15.04.1992 III R 11/91, BStBl II 1992, 821) oder dem Einreisenden erleichterten Zugang zu einer Aufenthaltsgenehmigung in dem Heimatstaat des Partners zu verschaffen (FG Berlin Urteil vom 15.08.2012 7 K 7030/11, EFG 2012, 2287). Auch Kosten der Einbürgerung sind zutreffend als Lebensführungskosten gewertet worden (BFH Urteil vom 18.05.1984 VI R 130/80, BStBl II 1984, 588; Niedersächsisches FG Urteil vom 13.09.1990 VI 232/90, n. v. juris), da sie Ausdruck privater Motivation und freiwilliger Entscheidung sind. Entsprechendes gilt für Kosten einer nachträglichen Legalisierung einer nicht genehmigten Auswanderung, durch die die Möglichkeit des Besuchs der im Heimatland verbliebenen Angehörigen erreicht werden soll (BFH Urteil vom 08.11.1977 VI R 42/75, BStBl II 1978, 147). Etwas anderes gilt für Aufwendungen zur Flucht aus einem autoritären Regime, wenn Gefahr für Leib oder Leben bestand oder politische Verfolgung drohte; im letztgenannten Fall gilt dies jedenfalls dann, wenn es sich nicht um die nachträgliche Legalisierung handelt, sondern um die Ermöglichung der ersten Ausreise bzw. Flucht (vgl. FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 13.07.1994 5 K 2881/93, EFG 1994, 930; FG Baden-Württemberg Urteil vom 30.10.1991 2 K 141/86, EFG 1992, 271).
Offen gelassen hat die Rechtsprechung bislang (BFH Urteil vom 15.04.1992 III R 11/91, a. a. O.; vgl. a. FG Berlin Urteil vom 15.08.2012 a. a. O.), ob bei völlig aus dem Rahmen fallenden, unvermeidbaren Kosten im Einzelfall Reisekosten anlässlich einer Eheschließung als außergewöhnlich angesehen werden könnten, und dies jedenfalls für Kosten von 1.100 DM im Jahr 1986 bzw. 2.800 € im Jahr 2009 verneint.
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung kommt es maßgeblich darauf an, ob das Ereignis, dessen Folge die Aufwendungen oder die Verpflichtung zur Begleichung der Aufwendungen sind, für den Steuerpflichtigen zwangsläufig war (BFH Urteil vom 19.05.1995 III R 12/92, BStBl II 1995, 774 Tz. 16 f. juris). Unbeachtlich ist es, ob sich der Steuerpflichtige subjektiv verpflichtet fühlte. Maßgebend ist vielmehr die Verkehrsanschauung. Als eine Zwangsläufigkeit begründende rechtliche Gründe i. S. von § 33 Abs. 2 EStG kommen grundsätzlich nur solche rechtlichen Verpflichtungen in Betracht, die der Steuerpflichtige nicht selbst gesetzt hat (im Fall des BFH Urteils vom 19.05.1995 abgelehnt bei Schäden durch vergebliche Aufwendungen infolge Vertragsschluss, trotz betrügerischen Verhaltens der anderen Vertragspartei). Dabei ist angesichts typischerweise langer Ursachenketten auf die wesentliche Ursache abzustellen, was naturgemäß eine wertende Betrachtung erfordert (Loschelder in: Schmidt EStG 32. Aufl. § 33 Rn. 17; vgl. a. Arndt in: Kirchhof/Söhn EStG § 33 Lfg. Jan 2001 § 33 C 14 ff.; krit. Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG § 33 Lfg. Nov. 2012 Rn. 180 ff., gegen ein Abstellen auf die den Aufwendungen zugrunde liegenden Ursachen; zu wertenden Betrachtungen vgl. die Argumentation der Rspr. zu der Frage der Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten bzw. Strafverteidigerkosten: BFH Urteil vom 12.05.2011 VI R 42/10, BStBl II 2011, 1015 zu der früheren und inzwischen geänderten Rechtsprechung betreffend Zivilprozesskosten: abgestellt wurde zunächst auf die freie Entscheidung zur Anstrengung eines Prozesses, nach der mit Blick auf das Gewaltmonopol des Staates geänderten Rechtsprechung Hinweis auf die Unbeachtlichkeit der Frage nach der Unausweichlichkeit des der streitigen Zahlungsverpflichtung zugrunde liegenden Ereignisses; vgl. demgegenüber BFH Urteil vom 16.04.2013 IX R 5/12, StE 2013, 562 zu Strafverteidigungskosten: keine außergewöhnliche Belastungen wegen fehlender Unausweichlichkeit der zugrunde liegenden Straftat). Der Abzugsfähigkeit steht es jedenfalls entgegen, wenn der Steuerpflichtige die Aufwendungen hätte vermeiden können (vgl. BFH Urteil vom 26.06.2003 III R 36/01, BStBl II 2004, 47 zum Unterlassen einer Versicherung gegen Vermögensschäden). Insgesamt ist es nicht Zweck des Abzugs außergewöhnlicher Belastungen, dem Steuerpflichtigen die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko zu seinem Nachteil realisiert hat (vgl. BFH Urteile vom 12.05.2011 VI R 42/10, BStBl II 2011, 1015, und vom 16.04.2013 IX R 5/12, StE 2013, 562 ).
3. Auf der Grundlage dieser Rechtsgrundsätze, denen das Gericht folgt, können die geltend gemachten Flugkosten nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden.
Die Entstehung der Kosten beruht auf unterschiedlichen Ursachen.
Der seinerzeitige Wunsch des Klägers und seiner späteren Ehefrau, gemeinsam mit den Kindern die Eheschließung zu feiern, ist ebenso wie das Interesse des Brautpaares, die Ehe in C zu schließen, um die Familie der Braut wiederzusehen bzw. kennenzulernen, der privaten Lebensführung zuzuordnen und als Ursache für die Rückreiseaufwendungen für die Kinder steuerlich unbeachtlich. Entsprechendes
gilt für den nachvollziehbaren Wunsch, die Kinder während der Zeit der Abwesenheit der Mutter nicht allein in Deutschland zurückzulassen.
Dass die Reise der Kinder nach C wegen der beabsichtigten Berichtigung der Geburtsurkunden vorgenommen wurde oder erforderlich war, ist nicht ersichtlich, weshalb schon deshalb hierauf die Abzugsfähigkeit der Rückreiseaufwendungen nicht gestützt werden kann. Zum einen hat der Kläger selbst vorgetragen, sich erst nach der Rückkehr nach Deutschland nach der Eheschließung um die Verfahrensfragen zur Berichtigung der Geburtsurkunden gekümmert zu haben. Letzteres deckt sich mit dem Inhalt des Schreibens von Frau A an das Amtsgericht Hamburg vom 20.05.2012 (dort S. 2). Zum anderen ist ausweislich des vorgelegten Geburtseintrags des Sohnes vom … 2008 (EStH 2007 Bl. 21) die Änderung dessen Geburtsurkunde hinsichtlich des Namens der Mutter auch ohne dessen Anwesenheit im Heimatstaat der Mutter erreicht worden. In Bezug auf die beabsichtigte Änderung des Nachnamens der Tochter E gilt im Ergebnis nichts anderes. Auch insoweit sind nach dem Inhalt des Schreibens von Frau A an das Amtsgericht Hamburg vom 20.05.2011 die maßgeblichen Schritte von dem Kläger von Deutschland aus nach seiner Rückkehr aus C unternommen worden. Dass sich insbesondere für das Kind E das Namensrecht nach ivorischem Recht richtete, hat für die Frage der Notwendigkeit der Anwesenheit des Kindes in der Elfenbeinküste keine Bedeutung.
Soweit die Eheschließung auch deshalb in C vorgenommen wurde, um die Eheschließung unter der wahren Identität der Frau A zu ermöglichen und gleichzeitig der mit Aufdeckung des falschen Namens möglicherweise bestehenden Gefahr vorheriger Abschiebung zu entgehen, trägt auch dies im Ergebnis selbst unter Berücksichtigung des nachvollziehbaren Interesses an der Mitnahme der Kinder nicht die Abzugsfähigkeit der Rückreisekosten für die Kinder als außergewöhnliche Belastungen. Denn hierfür ist es als erheblich anzusehen, dass Frau A die Ursache durch ihre seinerzeitige Einreise unter falschem Namen selbst gesetzt hat, ohne dass ein zwingender Grund hierfür vorgetragen oder ersichtlich ist. Insbesondere ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass die erste Einreise von Frau A überhaupt bzw. mit falschem Namen aufgrund vorhandener Gefahr für Leib oder Leben, politischer Verfolgung oder anderer existentieller Probleme erfolgte. Entsprechendes hat der Kläger nicht mitgeteilt. Es ergibt sich auch nicht aus der von dem Kläger vorgelegten, 2007 verfassten Lebenserinnerung seiner Ehefrau. Hiernach ist diese auf Veranlassung eines damaligen Bekannten, der ihr die Ehe versprochen hatte, unter falschem Namen nach Deutschland gereist. Der verständliche Wunsch, nicht nach Aufdeckung der falschen Identität vor der Eheschließung abgeschoben zu werden, vermag nicht losgelöst von den Umständen der ursprünglichen Einreise die steuerliche Abzugsfähigkeit späterer im Zusammenhang mit der Legalisierung aufgewandter Kosten zu begründen. Die Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Erwerb der Rückreisetickets für die Kinder wegen der Dauer des Verfahrens um die Berichtigung der Geburtsurkunden sowie der Ausstellung der Einreisevisa und des dadurch erfolgten Verfalls etwaiger 2007 erworbener Rückreisetickets erforderlich gewesen sein sollte. Zum einen hätten bei im Streitfall zumutbarer Einholung von Erkundigungen über das Verfahren vor der Einreise der Kinder die 2007 nach Vortrag des Klägers im Ergebnis vergeblich aufgewandten Kosten für den verfallenen Rückflug vermieden werden und deren Ersparnis die 2009 aufgewandten Kosten für den Rückflug ganz oder teilweise (letzteres sofern/soweit die Flüge als Einzelflug teurer waren) decken können. Zum anderen war die Notwendigkeit des späteren Berichtigungsverfahrens, soweit es den Namen der Mutter betraf, unmittelbare Folge
der seinerzeitigen, nicht erkennbar durch drohende Gefahr für ihre Person ausgelösten Einreise der Ehefrau des Klägers unter falschem Namen und dem späteren Wunsch nach Legalisierung ihres Status. Beide maßgeblich die späteren Kosten auslösenden Umstände sind der privaten Lebensführung zuzurechnen, weshalb auch die späteren Flugkosten diesen Charakter als Lebensführungskosten teilen. Ob bzw. inwieweit auch die ggf. besonderen Probleme im Zusammenhang mit der Eintragung des Namens des Vaters als Nachname der Tochter E der Ehefrau des Klägers als selbst veranlasst zuzurechnen sind, kann unentschieden bleiben. Da der Kläger gemeinsam mit seiner späteren Ehefrau trotz der vorhandenen Unwägbarkeiten die wie dargelegt nicht zwangsläufige Reise mit der Familie nach C unternommen hat, kann es nach Ansicht des Gerichts ebenfalls nicht als zwangsläufig gewertet werden, wenn die Bewältigung der sich letztlich im Zuge des Verfahrens zur Legalisierung und Namensberichtigung konkret ergebenden Probleme eine Zeit in Anspruch nimmt, die nach den ausländerrechtlichen Bestimmungen bzw. Einreiseregelungen eine frühere Wiedereinreise nicht möglich macht und damit auch die Inanspruchnahme günstigerer Flugtickets verhindert.
Angesichts dessen bedarf es keiner Aufklärung, ob seinerzeit im Jahr 2007 tatsächlich Rückreisetickets für die Kinder erworben wurden, deren Verfall zusätzliche Kosten ausgelöst haben könnte. Hieran bestehen nach Aktenlage Zweifel. Die 2007 erworbenen Tickets für die spätere Ehefrau des Klägers wie für die Kinder sind nicht eingereicht worden, da die Kosten für den Hinflug 2007 nicht geltend gemacht wurden. Die Aktenlage, insbesondere das am 04.10.2007 erworbene Ticket der Ehefrau des Klägers für einen Flug nach J im Oktober, weist darauf hin, dass Frau A trotz ihrer Rückreise nach Deutschland noch im Jahr 2007 erst kurz vor der Rückreise ein Ticket für eine Hin-und Rückfahrt erworben hat. Dies wiederum ist ein Indiz dafür, dass auch für die Kinder im Frühjahr 2007 noch kein Rückreiseticket erworben wurde, das hätte verfallen können.
Schließlich ist auch die Höhe der für die Flüge aufgewandten Kosten nicht derart außergewöhnlich, dass allein dies die Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen rechtfertigte.
4. Für die Einordnung der kleineren Aufwendungen für ausländerrechtliche Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Wiedereinreise der Kinder gelten die Ausführungen zu den Flugkosten entsprechend. Im Ergebnis kann indes hinsichtlich dieser Aufwendungen (90 € + 37,50 €) die Entscheidung die Einordnung als außergewöhnliche Belastungen offen bleiben, weil sie von dem Betrag erfasst sind, den die Kläger gem. § 33 Abs. 3 EStG als zumutbare Eigenbelastung zu tragen haben.
Der sich für den Kläger und seine Ehefrau ergebende Betrag zumutbarer Eigenbelastung beträgt danach 2 % des Gesamtbetrags der Einkünfte, mithin (gerundet) 1.592 €. Hiervon sind nach dem Bescheid vom 09.02.2011 nur 600 € durch anerkannte außergewöhnliche Belastungen verbraucht.
II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 135 Abs. 1, 115 Abs. 2 FGO.