IDW äußert sich kritisch zum überarbeiteten Entwurf eines BMF-Schreibens zu den GoBD

Der neuerliche Entwurf eines BMF-Schreibens zu den GoBD greife die vom Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (kurz: IDW) zur Vorgängerfassung geäußerte Kritik nur unzureichend auf. Auch die jetzt vorgelegte Fassung sei wegen des überzogenen Administrationsaufwands nicht akzeptabel, so das IDW in einer aktuellen Stellungnahme an das BMF.

Neben den Kritikpunkten, die das IDW dem BMF bereits am 2.5.2013 vorgetragen hat, sind weitere Klarstellungen, z.B. zur Zulässigkeit der Verwendung von Steuerschlüsseln, unumgänglich, um Rechtssicherheit zu schaffen.

Auch die beabsichtigte Ausdehnung der Aufbewahrungsfristen für Anschaffungsbelege bei langlebigen Wirtschaftsgütern ist nicht hinnehmbar. Es besteht nach wie vor die Gefahr, dass die Neuregelung einseitig zulasten der Steuerpflichtigen geht.

Quelle: IDW online v. 5.9.2013

 

Entwurf eines BMF-Schreibens „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterla-gen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“

Sehr geehrter Herr Dr. Misera, sehr geehrte Damen und Herren,
wir danken Ihnen für die Gelegenheit, auch zu der überarbeiteten Fassung des o.g. Entwurfs Stellung nehmen zu können. Bereits mit unserem Schreiben vom 2. Mai 2013 hatten wir Ihnen zahlreiche Kritikpunkte zum Erstentwurf der GoBD übermittelt. In der überarbeiteten Fassung des Entwurfs wird diese Kritik leider nur unzureichend aufgegriffen. Es wurden wenige, überwiegend redaktionelle Änderungen und ergänzende Klarstellungen vorgenommen. Auch die jetzt vor-gelegte Fassung ist nach unserer Auffassung nicht akzeptabel.
Insofern verweisen wir auf die Anmerkungen in unserer Stellungnahme vom 2. Mai 2013 (als Anlage beigefügt), die wir inhaltlich aufrecht erhalten, und er-lauben uns, lediglich die Punkte, die unverändert in den neuerlichen Entwurf übernommen, aber gleichwohl zwingend einer Änderung bedürfen, nachfolgend aufzuführen. Dies betrifft insbesondere die Ausführungen
– zum Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit (3.1) sowie zur Zeitgerechtheit (3.2.3),
– zum Belegwesen (4.) sowie zur Zuordnung zwischen Beleg und Grundauf-zeichnung oder Buchung (4.2),
– zur Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle in sachlicher Ordnung (5.3),
– zum internen Kontrollsystem (6.) und zur Datensicherheit (7.),
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– zur Unveränderbarkeit, Protokollierung von Änderungen (8.),
– zur Aufbewahrung (9.), insbesondere im Hinblick auf die maschinelle Aus-wertbarkeit (9.1), die elektronische Aufbewahrung (9.2), die elektronische Er-fassung von Papierdokumenten (9.3) sowie zur Auslagerung von Daten aus dem Produktivsystem und Systemwechsel (9.4),
– zur Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit (10.) sowie
– zum Datenzugriff (11.).
Im Übrigen greifen wir in dieser Stellungnahme lediglich die Änderungen bzw. Ergänzungen auf, soweit sie die von uns vorgetragenen Anregungen betreffen oder die vorgenommenen Anpassungen neue Fragestellungen aufwerfen. Dies vorausgeschickt, möchten wir zu folgenden Aspekten im Einzelnen Stellung nehmen:
Zu 2. Verantwortlichkeit (i.V.m. 12. Zertifizierung und Software-Testate)
Nach Tz. 21 hat der Steuerpflichtige die Pflicht, sich zu informieren, ob das in seinem Unternehmen eingesetzte DV-System den GoBD entspricht. Dies hat zur Konsequenz, dass er bspw. auf „Zertifikate“ oder „Testate“ Dritter (sog. Software-Testate) zurückgreifen muss, die aber nach Tz. 170 der Entwurfsfas-sung gegenüber der Finanzbehörde keine Bindungswirkung entfalten sollen. Ziel der Softwareprüfung gemäß IDW PS 880 ist es insbesondere, mit hinrei-chender Sicherheit zu beurteilen, ob das Softwareprodukt den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und den damit verbundenen Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit und Sicherheit rechnungslegungsbezogener Programm-funktionen entspricht.
Insofern stellt sich die Frage, auf welche Hilfsmittel der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Informationspflicht zurückgreifen soll, wenn selbst Softwarebe-scheinigungen mit einem vollständige Prüfungsbericht über die Softwareprüfung nicht als Indiz für die GoB-Konformität gewertet werden können. Wir bitten da-her klarzustellen, inwieweit sich der Steuerpflichtige auf ein Software-Testat be-ziehen kann und ggf. welche weiteren Informationspflichten bestehen.
Zu 3.2.4 Ordnung
In Tz. 56 wird ausgeführt, dass die „nicht getrennte Verbuchung“ von nicht steu-erbaren, steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen ohne genügende Kenn-zeichnung in der Regel gegen die Grundsätze der Wahrheit und Klarheit einer kaufmännischen Buchung verstößt. Unklar bleibt, ob die Verwendung von Steu-erschlüsseln zur Kennzeichnung ausreicht oder ob für die betreffenden Umsät-
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ze jeweils gesonderte Konten zu führen sind. Unseres Erachtens reicht es aus, wenn bei der Auswertung der Konten die Umsatzgruppen separat abgerufen werden können. Die Notwendigkeit, gesonderte Konten einzurichten und fortlau-fend zu führen, ist nicht sachgerecht und verursacht zusätzlichen Administrati-onsaufwand. Wir regen daher an klarzustellen, dass bei Verwendung von Steu-erschlüsseln den Grundsätzen der Wahrheit und Klarheit entsprochen wird.
Zu 3.2.5 Grundsatz der Unveränderbarkeit
In Tz. 60 wird gefordert, dass Veränderungen und Löschungen von und an Da-ten, Datensätzen, elektronischen Dokumenten und anderen Unterlagen ent-sprechend den Vorgaben der § 146 Abs. 4 AO bzw. § 239 Abs. 3 HGB zu pro-tokollieren sind. In diesem Zusammenhang wird auch auf Tz. 8 des überarbeite-ten Entwurfs verwiesen. Diese Textziffer verlangt, dass sich die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten auf steuerliche und außersteuerliche Daten bezie-hen. Insofern wird die beabsichtigte Konkretisierung, dass sich diese Anforde-rung nur auf solche Daten, Datensätze und elektronische Dokumente beziehen kann, die unzweifelhaft zu einer Buchung zuzuordnen sind und damit Beleg-funktion haben, nicht erreicht. Zur Klarstellung regen wir an, den Verweis auf Tz. 8 zu streichen.
Zu 4.3 Erfassungsgerechte Aufbereitung der Buchungsbelege
Textziffer 77 verlangt, dass für jeden Geschäftsvorfall, der in der Grundauf-zeichnung erfasst und im Journal verbucht wird, u.a. der Buchungsbetrag bzw. die Mengen- und Wertangaben anzugeben sind, aus denen sich der zu bu-chende Betrag ergibt. Diesen Anforderungen an eine erfassungsgerechte Auf-bereitung der notwendigen Daten kann aus unserer Sicht nicht gefolgt werden. Die geforderten Pflichtinhalte und -angaben für alle Geschäftsvorfälle gehen über das sachlich gebotene Maß hinaus, da von den Unternehmen zum einen eine teilweise redundante Aufzeichnung von Daten gefordert wird. Zum anderen erfolgt in vielen Rechnungslegungssystemen die Festlegung der Buchungsperi-ode über das Buchungsdatum. Ferner ist es unüblich, in Hauptbüchern Men-gen- und Wertangaben zu erfassen, aus denen sich der Buchungsbetrag ergibt.
Ebenfalls ist die zwingende Eintragung des Erfassungsdatums bisher nicht vor-gegeben und wird infolgedessen auch in vielen Rechnungslegungsprogrammen nicht berücksichtigt, zumal nicht die Erfassung eine Buchung festlegt, sondern die entsprechende Journalisierung. Die Vorgehensweise und die aus diesen Vorgaben resultierenden Konsequenzen für betrieblichen Abläufe und Struktu-ren sind nicht sachgerecht und bedingen, dass das Datenmodell vieler Soft-warehersteller anzupassen wäre. Ferner weisen wir darauf hin, dass nach der geplanten Neuregelung keine Möglichkeit einer Vorerfassung im Rechnungswe-
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sen mit nachgelagerter Kontrolle und Autorisierung mehr besteht. Dies führt zu einer erheblichen Verschärfung der Handhabung in der Praxis. Unseres Erach-tens sollte daher weder für das Erfassungsdatum noch für Mengen- und Wert-angaben eine Erfassungspflicht in der Grundaufzeichnung bestehen; gleiches gilt für die Pflicht zur Buchung im Journal. Wir bitten dies entsprechend zu re-geln.
Zu 4.4 Besonderheiten (i.V.m. 9. Aufbewahrung)
Laut Auffassung der Finanzverwaltung erstreckt sich die Aufbewahrungspflicht gemäß Tz. 112 auf die „nach außersteuerlichen und steuerlichen Vorschriften aufzeichnungspflichtigen und nach § 147 Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen“. Diese Formulierung findet sich auch in Abschnitt 11.1 (Umfang und Ausübung des Rechts auf Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO). Die ausdrückli-che Einbeziehung außersteuerlicher Vorschriften ist neu und in den bisherigen Äußerungen der Finanzverwaltung so nicht enthalten.
Dabei wird die Dauer, während der Anschaffungsbelege bei langlebigen Wirt-schaftsgütern aufzubewahren sein sollen, übermäßig ausgedehnt; die Aufbe-wahrungsfrist für den Anschaffungsbeleg soll erst mit Ablauf der steuerlichen Nutzungsdauer beginnen (Tz. 81). Dies hat zur Folge, dass Belege über lange Zeit, z.B. bei Gebäuden über mehr als 40 Jahre, aufzubewahren sind.
Gemäß § 147 Abs. 3 AO sind Buchungsbelege zehn Jahre aufzubewahren; die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Buchungsbeleg entstanden ist (§ 147 Abs. 4 AO). Somit besteht keine Rechts-grundlage für eine weitergehende Archivierungspflicht. Wir bitten daher von der geplanten Regelung auch mit Blick auf die den Unternehmen aufgebürdeten Ar-chivierungslasten abzusehen. Mit der zehnjährigen Aufbewahrungspflicht wird dem Interesse einer ordnungsmäßigen Buchführung und ihrer Überprüfung hin-reichend Rechnung getragen.
Zu 5.2 Verbuchung im Journal
Der Erstentwurf sah in Abschnitt 5.2 vor, dass zur Erfüllung von Journal- und Kontenfunktion ein „Buchungssatzzähler“ zu erfassen bzw. zu speichern ist, wenn es sich um Splitbuchungen oder Teilbuchungen handelt. Diese Anforde-rung wurde gestrichen. Stattdessen wurde im letzten Satz der Tz. 94 eine Er-gänzung aufgenommen, die die begrüßenswerte Streichung des Buchungssatz-zählers relativiert. Danach muss über eine einheitliche und je Wirtschaftsjahr eindeutige Identifikationsnummer des Geschäftsvorfalls die Identifizierung und Zuordnung aller Teilbuchungen einschließlich Steuer-, Sammel-, Verrechnung- und Interimskontenbuchungen eines Geschäftsvorfalls gewährleistet sein. Hier-
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bei ist zu unterscheiden zwischen Identifikationsnummern für das Haupt- und Nebenbuch. Die gestellten Anforderungen sind ebenfalls weder sachgerecht noch gibt es dafür eine Rechtsgrundlage. Es ist dem Steuerpflichtigen überlas-sen, wie er sicherstellt, dass eine Zuordnung möglich ist. Diesem Grundsatz tragen die GoBS hinreichend Rechnung. Dort ist zutreffend geregelt, dass das Ordnungsprinzip erfüllt wird, wenn auf die gespeicherten Geschäftsvorfälle und/oder Teile gezielt zugegriffen werden kann.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass auch der überarbeitete Entwurf ei-nes BMF-Schreibens unverändert eine Vielzahl rechtlicher und technischer Fra-gen aufwirft und erheblichen organisatorischen Zusatzaufwand mit sich bringt. Außerdem vermittelt der Entwurf den Eindruck, dass zum Teil Lösungsansätze gewählt werden, die ausschließlich die Anforderungen der Steuerverwaltung an die Auswertbarkeit der Rechnungslegung im Rahmen von Betriebsprüfungen, nicht aber die unternehmerischen Anforderungen berücksichtigt, die z.B. für die Integration des Rechnungswesens in Geschäftsprozesse von Bedeutung sind.
Wir erlauben uns, unsere Empfehlung zu wiederholen, vor Veröffentlichung ei-nes endgültigen BMF-Schreibens mit allen Beteiligten (Unternehmen, Soft-wareherstellern, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern) eine tragfähige und rechtlich sichere Lösung zu suchen. Daran wirken wir gerne mit.
Mit freundlichen Grüßen
Hamannt