Erben steht ein Sonderausgabenabzug für nachgezahlte Kirchensteuer zu

Muss ein Erbe aufgrund eines ihm gegenüber ergangenen Einkommensteuerbescheides für den verstorbenen Erblasser Kirchensteuer nachzahlen, kann der Erbe diesen Betrag steuerlich zu seinen Gunsten als Sonderausgaben geltend machen. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (Az. 8 K 649/13).

Geklagt hatte eine Erbin, deren Vater im Jahre 2009 verstorben war. Im Jahre 2007 hatte der Vater sein Steuerbüro veräußert. Nach dem Tod des Vaters einigten sich die Miterben mit dem Erwerber des Steuerbüros darauf, dass der verbleibende Restkaufpreis statt in drei gleichen Jahresraten sofort in einer Summe gezahlt wird. In dem gegenüber der Erbengemeinschaft ergangenen Einkommensteuerbescheid für den verstorbenen Vater erfasste das Finanzamt für 2007 wegen der Veräußerung des Steuerbüros einen entsprechenden Veräußerungsgewinn, was zu einer Kirchensteuernachforderung führte.

Das Hessische Finanzgericht entschied, dass die Tochter den wegen dieser Kirchensteuernachforderung gezahlten Betrag in ihrer eigenen Steuererklärung als Sonderausgabe geltend machen kann. Denn das Vermögen des Vaters sei im Zeitpunkt des Todes sofort Vermögen der Erben geworden, so dass die Kirchensteuer letztlich aus dem Vermögen der Erben gezahlt werde. Die Tochter sei als Erbin infolge der Zahlung aus ihrem Vermögen auch wirtschaftlich belastet. Zudem sei die steuerliche Berücksichtigung dieser Zahlung nach dem Prinzip der Besteuerung gemäß der individuellen Leistungsfähigkeit geboten. Die hier streitige Kirchensteuer sei schließlich auch nicht bereits mit dem Erbfall entstanden, sondern beruhe auf einer Vereinbarung zwischen den Erben und dem Erwerber des Steuerbüros im Jahre 2009 und damit auf einer eigenen Entscheidung der Erben.

Das Urteil vom 26. September 2013 ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: FG Hessen, Pressemitteilung vom 11.11.2013 zum Urteil 8 K 649/13 vom 26.09.2013

 

HESSISCHES FINANZGERICHT
Geschäftsnummer: 34117 Kas s e l
Königs tor 35
8 K 649/13 34017 Kas s e l
Pos t f a ch 10 17 40
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
-Klägerin-
Prozessbev.:
g e g e n
Finanzamt
Aktenzeichen:
-Beklagterw
e g e n
Einkommensteuer 2011
hat der 8. Senat des Hessischen Finanzgerichts
mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 26. September 2013
unter Mitwirkung
der Vorsitzenden Richterin am Hessischen Finanzgericht
des Richters am Hessischen Finanzgericht
des Richters am Hessischen Finanzgericht
– 2 –
sowie der
und des
als ehrenamtliche Richter
für Recht erkannt:
Der Einkommensteuerbescheid vom .2012 wird unter Aufhebung der
Einspruchsentscheidung vom 2013 dahingehend geändert, dass weitere
– EUR zum Sonderausgabenabzug zugelassen werden.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 13 % und das Finanzamt
zu 87 %.
Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin
vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war
notwendig.
Die Revision wird zugelassen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.
– 3 –
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin als Erbin ein Sonderausgabenabzug
für nachgezahlte Kirchensteuer zusteht.
Die Klägerin (Kl’in.) ist von Beruf und wird einzeln zur Einkommensteuer
veranlagt; an Kirchensteuer auf ihre nichtselbständigen Einkünfte zahlte sie im
Streitjahr – €.
Sie ist – zusammen mit Geschwistern – zu gleichen Teilen (Mit-) Erbin nach
ihrem verstorbenen Vater B, der Inhaber eines Steuerbüros war. Mit Vertrag
vom .2007 hatte er dieses an die … mbH veräußert, wofür er ab Januar 2008
über die Laufzeit von Jahren monatlich ,- € erhalten sollte. Der 3. Absatz der
Vereinbarung lautete wie folgt:
„Verstirbt der B vor Ablauf der Vereinbarung wird als Kaufpreis für den Firmenwert
der Kanzlei B ein Betrag in Höhe von Euro ,- festgelegt. Die
Rechtsnachfolger erhalten von der …mbH den Kaufpreis abzüglich den bereits
gezahlten monatlichen Vergütungen in drei gleichen Jahresraten, wobei die erste
Rate sechs Monate nach dem Tag des Ausscheidens von Herrn fällig wird.
Eine andere Zahlungsweise kann zwischen den Beteiligten vereinbart werden“.
Der Vater verstarb bereits am .2009; zu diesem Zeitpunkt waren entsprechend
der Vereinbarung (erst) Raten zu je ,- €, mithin ,- € netto an den Vater gezahlt
worden. Im Laufe des Jahres 2009 einigten sich die Miterben nach der
Öffnungsklausel im letzten Satz der Vereinbarung vom .2007 mit der Erwerberin
darauf, den verbleibenden Restkaufpreis – statt in drei gleichen Jahresraten
– sofort in einer Summe zu erhalten, wofür sie dieser einen Nachlass von ,-
€ auf die Restschuld einräumten.
Zunächst waren in den für den verstorbenen Vater gegenüber der Erbengemeinschaft
ergangenen Bescheiden für 2007 vom .2009 und für 2008 vom .2010
nur die laufenden Einkünfte erfasst worden, in 2008 demnach incl. der Kaufpreisraten
von insgesamt ,- €. Im Bescheid für 2009 vom .2010 wurden incl.
– 4 –
eines erklärten Veräußerungsgewinnes Einkünfte des Vaters aus selbständiger
Arbeit i.H.v. ,- € der Besteuerung unterworfen.
Gegen den letztgenannten Bescheid erhoben die Erben unter erstmaliger Schilderung
der in 2009 getroffenen Änderungsvereinbarung und gleichzeitigem
Hinweis auf den zusammengeballten Zufluss rechtzeitig Einspruch und begehrten
die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 des Einkommensteuergesetzes
(EStG). Nachdem das Finanzamt auf die zeitliche Zuordnung des
Veräußerungsgewinnes zum Jahr 2007 hingewiesen hatte, wurden die Bescheide
2007 bis 2009 in Absprache mit den Bevollmächtigten der Erben am .2011
wie folgt geändert:
In 2007 wurde erstmals ein Veräußerungsgewinn i.H.v. ,- € erfasst, für den die
Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG gewährt wurde. In den Jahren 2008
und 2009 wurden die gezahlten Raten von ,- € bzw. ,- € sowie in 2009 zusätzlich
der erklärte Veräußerungsgewinn eliminiert.
Diese Änderungen, die zwischen den Erben und dem beklagten Finanzamt unstreitig
sind, führten für 2007 zu einer Kirchensteuernachforderung i.H.v. €
sowie für 2008 und 2009 zu entsprechenden Erstattungen i.H.v. und ,- €, die
alle im Jahr 2011 – zum Teil im Wege der Verrechnung – gezahlt wurden.
In dem für die Kl’in. ergangenen Einkommensteuerbescheid vom .2012 war
erklärungsgemäß eine gezahlte Kirchensteuer von – € berücksichtigt. Mit ihrem
rechtzeitig erhobenen Einspruch begehrte sie unter Hinweis auf die Entscheidung
des Bundesfinanzhofes (BFH) in Sachen XI R 54/99 den zusätzlichen
steuermindernden Ansatz der von ihr für die geänderte Besteuerung des
Vaters im Jahr 2007 geleisteten Nachzahlung i.H. eines Drittels der €, mithin
von €.
Mit Entscheidung vom .2013 wies das beklagte Finanzamt den Einspruch unter
Bezugnahme auf den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007
GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608 als unbegründet zurück. Hier habe dieser eine
Abkehr vom bisherigen Übergang des einkommensteuerlichen Verlustabzuges
– 5 –
vom Erblasser auf den Erben vollzogen und in diesem Zusammenhang ausdrücklich
auch auf seine bisherige Rechtsprechung zum Sonderausgabenabzug
für die vom Erben gezahlte Kirchensteuer des Erblassers Bezug genommen.
Die noch in der Person des Erblassers begründeten Verbindlichkeiten hätten
(nur) sein Reinvermögen gemindert. Beim Übergang auf den Erben sei damit
nur dessen erbschaftsteuerliche, nicht jedoch seine einkommensteuerliche Leistungsfähigkeit
gemindert. Die Kl’in. habe vielmehr von vornherein ein um die
Kirchensteuer vermindertes Vermögen erhalten.
Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hielt die Kl’in. zunächst vollumfänglich
an ihrem im Einspruchsverfahren geltend gemachten Begehren fest. Die vom
Bekl. zitierte Entscheidung betreffe ausschließlich die Vererblichkeit von Verlustvorträgen
und sei auf den Streitfall nicht übertragbar. Vielmehr sei die
Kl’in. durch den Abfluss der Kirchensteuer tatsächlich wirtschaftlich belastet,
so dass der Abzug auch unter dem Gesichtspunkt der Besteuerung nach der individuellen
Leistungsfähigkeit zu gewähren sei. Im Übrigen werde auf die Entscheidung
des BFH vom 16.05.2001 in Sachen I R 76/99 Bezug genommen.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Änderung der Veranlagung 2007
mit der im Jahr 2009 abgeänderten Vereinbarung aus dem Dezember 2007 auf
einer Willensentscheidung der Erben beruhe.
Nach dem Hinweis des Berichterstatters auf den durch die Änderung der Jahre
2008 und 2009 bedingten gegenläufigen Effekt zum Jahr 2007 hat die Kl’in. ihr
Begehren auf die zusätzliche Anerkennung von ,- € Sonderausgaben beschränkt.
Die Klägerin beantragt somit,
den Einkommensteuerbescheid vom .2012 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung
vom .2013 dahingehend zu ändern, dass weitere ,-
€ zum Sonderausgabenabzug zugelassen werden,
sowie hilfsweise,
– 6 –
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
sowie hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und die dort zitierte
Rechtsprechung des BFH. Die von der Kl’in. zitierte Entscheidung in Sachen
I R 76/99 habe mit dem in der Einspruchsentscheidung genannten Beschluss
des Großen Senats ihre Bedeutung verloren. Eine eigene Belastung des
Erben mit der Kirchensteuer des Erblassers könne allenfalls dann vorliegen,
wenn dessen Nachlass zur Deckung der Nachlassverbindlichkeiten nicht ausreiche,
woran es hier aber fehle. Auch führe das vom Gericht angeführte Urteil
des BFH in Sachen X R 29/08 zu keiner anderen Beurteilung. Denn dort seien
die geltend gemachten Steuerberatungskosten erst mit der Beauftragung eines
Steuerberaters durch die Erben selbst entstanden, während hier die Kirchensteuer
bereits mit Ablauf des Jahres 2007 in der Person des Vaters und damit
lange vor dem Eintritt des Erbfalles entstanden sei. Es spiele keine Rolle, dass
sich diese erst nach dem Eintritt des Erbfalles konkretisiert habe, denn sie
bleibe (immer noch) eine Nachlassverbindlichkeit, welche den Erben wirtschaftlich
nicht belastet habe. Soweit der BFH in dieser Entscheidung davon
spreche, dass der Nachlass mit dem Eintritt des Erbfalls Vermögen des Erben
geworden sei, könne nur das Nettovermögen gemeint sein. Dieses sei von
vornherein um hier die streitige Kirchensteuernachzahlung vermindert gewesen,
da die abweichende Ausübung des Veräußererwahlrechtes durch die Erben
auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückwirke. Die Kirchensteuer 2007 sei
damit bereits mit Ablauf des Veranlagungszeitraumes 2007 entstanden, so als
ob sich der Vater bereits zu einer Sofortversteuerung entschieden hätte. Bei
einer Stattgabe sei die bisherige Rechtsprechung des BFH zum Sonderausga-
7 –
benabzug des Erben vor dem Hintergrund der Entscheidung des Großen Senats
zum Nichtübergang des Verlustabzugs erneut auf den Prüfstand zu stellen.
Mit Schreiben vom 05.04. und 25.06.2013 haben sich die Beteiligten mit einer
Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Dem Senat lagen die Einkommensteuerakte der Klägerin für das Streitjahr sowie
die des Vaters bzw. der Erbengemeinschaft für die Jahre 2007 bis 2009
vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kl’in. steht ein weiterer Sonderausgabenzug i.H.v. ,- € zu.
I. Nach der im Streitjahr 2011 geltenden Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG
darf gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgabe abgezogen werden, wenn sie
weder Betriebsausgabe noch Werbungskosten ist oder wie Betriebsausgaben
oder Werbungskosten behandelt wird.
1. Da eine Berücksichtigung von Kirchensteuer als Betriebsausgabe oder Werbungskosten
ausscheidet, kann die Kl’in. die ,- € alleine deshalb als Sonderausgabe
abziehen, weil sie von ihr – entsprechend dem Gesetzeswortlaut – im
Streitjahr tatsächlich gezahlt worden ist.
Dies erscheint – unabhängig vom Wortlaut, welcher die äußerste Grenze der
möglichen Auslegung bildet – auch deshalb gerechtfertigt, weil das Vermögen
des Vaters im Zeitpunkt des Todes sofort Vermögen der Erben geworden ist, so
dass die Kirchensteuer letztlich aus dem Vermögen der Erben gezahlt wurde
(vgl. BFH-Urteil vom 14.10.2009 X R 29/08, BFH/NV 2010, 848 Rz. 17). Der
– 8 –
Erbe ist damit durch die Kirchensteuer des Erblassers in gleicher Weise belastet
wie durch die Kirchensteuer, zu der er selbst veranlagt wird, womit es an
einem nicht abziehbaren Drittaufwand fehlt.
Der BFH hat daher seit Beginn seiner Rechtsprechung (Urteil vom 05.02.1960
VI 204/59 U, BStBl. III 1960, 140; vgl. auch schon Urteil vom 01.03.1957 VI
57/55 U, BStBl. III 1957, 135 zur gezahlten Vermögensteuer, als diese noch
über § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. als Sonderausgabe abzugsfähig war) unter
Hinweis auf das Abflussprinzip in § 11 Abs. 2 EStG alleine auf die tatsächliche
Zahlung – ggf. auch aufgrund abgekürzten Zahlungsweges durch Umbuchung
oder Verrechnung, wie auch teilweise im Streitfall – abgestellt. Mit dem BFHUrteil
vom 16.05.2001 I R 76/99, BStBl. II 2002, 487 hat diese Rechtsprechung
(unter 4. a) bb) bzw. Rn. 13 bei juris) nochmals ausdrücklich ihre Bestätigung
gefunden.
Diese Ansicht wird in der Literatur, wenn auch meist ohne eingehende Begründung,
überwiegend geteilt (vgl. Blümich, EStG, 119. Erglfg. Juni 2013, § 10
Rn. 42; Littmann/Bitz/Pust, EStG, 100. Erglfg. August 2013, § 10 Rn. 13f.;
Bordewin/Brandt, EStG, 355. Akt. September 2013, § 10 Rn. 674; Herrmann/
Heuer/Raupach, EStG, 257. Erglfg. Mai 2013, § 10 Rn. 38f.; so wohl
auch Schmidt, EStG, 32. Aufl. 2013, § 10 Rn. 28 – andere Ansicht nur Frotscher,
EStG, 176. Lfg. Juni 2013, § 10 Rn. 15c sowie Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
EStG, 241. Akt. Juni 2013, § 10 B 183 und G 41).
2. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung hat durch den Beschluss des Großen
Senats vom 17.12.2007 GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608, mit dem die Rechtsprechung
zum Übergang des vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzuges
nach § 10d EStG auf den Erben aufgegeben wurde, zur Überzeugung des Senats
keine Änderung erfahren.
Vielmehr hat der BFH hier zunächst in allgemeiner Form (unter D. I. 2. bzw.
Rn. 59 bei juris) ausgeführt, dass die Antwort auf die Frage, ob und in welchem
Umfang steuerrechtliche Positionen vererblich sind, nicht allein durch
eine isolierte Auslegung der allgemeinen und für alle Steuerarten geltenden
Vorschrift des § 45 AO, sondern nur unter Heranziehung der für die betreffen-
9 –
de Rechtsbeziehung einschlägigen materiell-rechtlichen Normen und Prinzipien
des jeweiligen Einzelsteuergesetzes gefunden werden kann. Schon deshalb
können hier die Ausführungen zum nicht möglichen Übergang des einkommensteuerlichen
Verlustabzugs nicht – wie vom Bekl. gewünscht – eins zu eins
auf den Kirchensteuerabzug übertragen werden. Darüber hinaus hat der BFH
im Besonderen (unter D. III. 5. bzw. Rn. 77 bei juris) weiter ausgeführt, dass
sich die Vererblichkeit des Verlustabzugs nicht mit der – nach dem Verständnis
des erkennenden Senats beizubehaltenden – ständigen Rechtsprechung begründen
lasse, nach welcher vom Erben nachträglich gezahlte Kirchensteuer
Sonderausgaben des Erben darstellen, wenn und soweit dem Erblasser für einen
entsprechenden von ihm selbst gezahlten Betrag der Sonderausgabenabzug
zugestanden hätte. Denn – im Gegensatz zum Verlustabzug – lasse sich die hier
relevante Rechtsprechung durch die besondere Konstellation der „Tatbestandsspaltung“
und „Verklammerung von sowohl in der Person des Erblassers als
auch in derjenigen des Erben jeweils teilweise verwirklichten Besteuerungsmerkmalen“
erklären, wobei die in § 24 Nr. 2 EStG letzter Halbsatz EStG für
die Einkünfteerzielungsebene getroffene Wertung auf den Bereich der Sonderausgaben
ausgedehnt wird. Damit kann nach Auffassung des erkennenden Senats
vom Bekl. auch nicht mit Erfolg inhaltlich auf die Ausführungen des Großen
Senats (unter D. III. 2. und 3. b) bzw. Rn. 67 und 71 in juris) zum objektiven
und subjektiven Nettoprinzip und die ausschließliche Verminderung der
erbschaftssteuerlichen Leistungsfähigkeit zurückgegriffen und damit eine Irrelevanz
der Kirchensteuerzahlung begründet werden. Denn der Verlust geht im
Regelfall deshalb nicht auf den Erben über, weil er – der Erbe – ihn nicht wirtschaftlich
getragen hat, wobei eine den Ausnahmefall begründende wirtschaftliche
Belastung in diesem Sinne noch nicht schon dann vorliegt, wenn dem Erbe
aufgrund eines Verlustes des Erblassers lediglich ein geringeres Vermögen
zufällt (BFH-Beschluss vom 22.05.2013 IX B 185/12, BFH/NV 2013, 1233).
Demgegenüber ist der Erbe durch die von ihm für den Erblasser nachzuzahlende
Kirchensteuer infolge der Zahlung aus seinem Vermögen wirtschaftlich belastet,
so dass die Berücksichtigung der Zahlung nach dem das Einkommens-
10 –
teuerrecht prägenden Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit
geboten ist.
3. Nichts anderes ergibt sich hier zu Gunsten des Finanzamts aus der höchstrichterlichen
Rechtsprechung (GrS 2/04 unter Rn. 58; BFH-Urteil vom
21.10.2008 X R 44/05, BFH/NV 2009, 375), nach der höchstpersönliche Umstände,
die unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verbunden sind,
nicht auf den Rechtsnachfolger übergehen. Denn die für den Kirchensteuer-
Sonderausgabenabzug konstituierende tatsächliche Zahlung ist – etwa im Gegensatz
zur Mitgliedschaft in der Kirche selbst – kein höchstpersönlicher Umstand.
Hätte der Gesetzgeber hier nur die mit der Kirchenmitgliedschaft eines
Steuerpflichtigen selbst zwangsläufig verbundenen Aufwendungen begünstigen
wollen (so Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 241. Akt. Juni 2013, § 10 B 183
und G 41), hätte er eine von der reinen Zahlung losgelöste, entsprechend eingrenzende
Gesetzesformulierung verwenden müssen. Damit ergibt sich auch,
dass die Wertung der Zuwendungsentscheidung beim Spendenabzug als höchstpersönlicher
Umstand (BFH-Urteil vom 21.10.2008 X R 44/05, BFH/NV 2009,
375) nicht auf den Kirchensteuerabzug übertragen werden kann. Denn im Gegensatz
zur hier maßgeblichen tatsächlichen Zahlung knüpft § 10b Abs. 1 Satz
1 EStG mit den „Zuwendungen“ über die bloße Zahlung hinausgehend an eine
besondere Widmung der Leistung zu einem bestimmten Zweck an.
4. Selbst wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen einen Abzug der
vom Erben für den Erblasser nachgezahlten Kirchensteuer nicht allgemein für
zulässig erachten würde, ist die Klage zur Überzeugung des Senats gleichwohl
begründet.
Denn unabhängig von einer etwaigen Einordnung der hier streitigen Kirchensteuer
als Nachlassverbindlichkeit im Sinne von § 1967 Abs. 2 des Bürgerlichen
Gesetzbuches (BGB) ist diese nicht bereits mit dem Erbfall entstanden.
Vielmehr beruht sie im Streitfall auf der von den Erben mit der Erwerberin im
Jahr 2009 getroffenen Änderungsvereinbarung und damit auf einer eigenen
Entscheidung der Erben. Erst durch diese Abänderung der ursprünglichen Ver-
11 –
kaufsvereinbarung vom 28.12.2007 ist bei ihnen die Möglichkeit zu einer abweichenden
Ausübung des sog. Veräußerer-Wahlrechtes mit der sofortigen vollen
Versteuerung des Veräußerungsgewinns im Jahr 2007 entstanden. Damit
beruht die Entstehung der hier streitigen Kirchensteuernachzahlung in ihrer
Gänze alleine auf einer eigenen Entscheidung der Erben. Insoweit hält der Senat
die Ausführungen des BFH in seinem Urteil vom 14.10.2009 X R 29/08,
BFH/NV 2010, 848 für auf den Streitfall übertragbar.
Bei dieser Sachlage spielt es keine Rolle, dass diese Vereinbarung aus dem
Jahr 2009 verfahrensrechtlich nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO auf das Jahr 2007,
in dem der Erblasser noch lebte, zurückwirkt. Denn durch das rückwirkende
Ereignis wird der zunächst rechtmäßige Steuerbescheid nachträglich rechtswidrig,
so dass mit dieser Änderungsnorm lediglich die steuerrechtlich erforderliche
Anpassung an die materielle Rechtslage herbeigeführt wird (Pahlke/König,
AO, 2. Aufl. 2009, § 175 Rn. 34).
5. Die für 2007 geleistete Nachzahlung ist aber um die im Streitjahr „geflossenen“
Erstattungen für 2008 und 2009 zu kürzen. Dies ergibt sich schon daraus,
dass der Sonderausgabenabzug eine tatsächliche und endgültige wirtschaftliche
Belastung des Steuerpflichtigen voraussetzt. Daran fehlt es, wenn Sonderausgaben
erstattet werden. Bei jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben wie z.B.
der Kirchensteuer hat der BFH daher aus Gründen der Praktikabilität und
Rechtskontinuität eine Verrechnung erstatteter Sonderausgaben mit gleichartigen
(berücksichtigungsfähigen) Sonderausgaben im Jahr der Erstattung zugelassen
(BFH-Urteil vom 07.07.2004 XI R 10/04, BStBl. II 2004, 1058). Insoweit
hat die Kl’in. ihren ursprünglichen Antrag demnach zu Recht reduziert.
6. Es ergibt sich damit im Ergebnis folgende Berechnung: € abzüglich € und
€ = ,- €, die entsprechend der Beteiligung der Kl’in. an der Erbengemeinschaft
zu einem Drittel, mithin i.H.v. ,- € zusätzlich steuermindernd zu berücksichtigen
sind.
– 12 –
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Da für die Wertberechnung des Streitgegenstandes gemäß § 40 des Gerichtskostengesetzes
(GKG) der Zeitpunkt der Klageerhebung maßgebend ist, waren
der Kl’in. die Kosten insoweit aufzuerlegen, als ihr ursprüngliches Begehren
eingeschränkt wurde und auch nicht erfolgreich sein konnte; mithin zu der auf
einem weiteren Kirchensteuerabzug von ,- € ( ,- zu ,-) beruhenden Erstattung.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151
Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten
für das Vorverfahren gründet auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
V. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.
Zum einen erscheint nach der Entscheidung des Großen Senats in Sachen GrS
2/04 eine Klarstellung der dortigen Ausführungen in den Rn. 65 ff., namentlich
des Verhältnisses der Rn. 71 und 77 zueinander wünschenswert. Zum anderen
erfordert nach der Ansicht des Senats die Aussage, dass steuerrechtliche Positionen
mit einem höchstpersönlichen Charakter und ihrer unlösbaren Verknüpfung
mit der Person des Erblassers nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen
können (GrS 2/04 Rn. 58) vor dem Hintergrund der Entscheidung zum
Spendenabzug in Sachen X R 44/05 eine Abgrenzung zur hier streitigen Kirchensteuernachzahlung.