Erhöhung der Schwellenwerte für die Größenklassifizierung von Kapitalgesellschaften

Durch das „Zweite Gesetz zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften“ (BGBl I 24, Nr. 120) wurden die monetären Schwellenwerte für die Größenklassifizierung im Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften und für die größenabhängige Befreiung von der Konzernrechnungslegung deutlich angehoben. Der folgende Beitrag zeigt, welche Folgen das für die Jahres- und Konzernabschlüsse haben kann.

Erhöhung der Schwellenwerte

Die Erhöhung der Schwellenwerte basiert auf der Bilanzrichtlinie (Richtlinie 2013/34/EU), die eine inflationsbedingte Anpassung vorsieht. Die EU hat mit der Delegierten Richtlinie (EU) 2023/2775 die Schwellenwerte für kleine, mittlere und große Unternehmen um 25 % und für Kleinstunternehmen um knapp 29 % erhöht. Diese Anpassungen wurden nun in deutsches Recht umgesetzt und sind rückwirkend anwendbar.

Jahresabschluss

Die Größenklassifizierung regeln die §§ 267, 267a HGB. Die Schwellenwerte für die Bilanzsumme und Umsatzerlöse wurden angehoben:

UnternehmensgrößeBilanzsumme bisherBilanzsumme neuUmsatzerlöse bisherUmsatzerlöse neuDurchschnittliche Arbeitnehmerzahl
Kleinstkapitalgesellschaft≤ 350.000 EUR≤ 450.000 EUR≤ 700.000 EUR≤ 900.000 EUR≤ 10
Kleine Kapitalgesellschaft≤ 6.000.000 EUR≤ 7.500.000 EUR≤ 12.000.000 EUR≤ 15.000.000 EUR≤ 50
Mittelgroße Kapitalgesellschaft≤ 20.000.000 EUR≤ 25.000.000 EUR≤ 40.000.000 EUR≤ 50.000.000 EUR≤ 250
Große Kapitalgesellschaft> 20.000.000 EUR> 25.000.000 EUR> 40.000.000 EUR> 50.000.000 EUR> 250

Die neuen Schwellenwerte gelten für Jahresabschlüsse und Lageberichte für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen.

Konzernabschluss

Mutterunternehmen müssen einen Konzernabschluss und -lagebericht aufstellen, wenn sie nicht größenabhängig befreit sind. Die Schwellenwerte für die größenabhängige Befreiung wurden ebenfalls angepasst:

MethodeBilanzsumme bisherBilanzsumme neuUmsatzerlöse bisherUmsatzerlöse neuDurchschnittliche Arbeitnehmerzahl
Bruttomethode≤ 24.000.000 EUR≤ 30.000.000 EUR≤ 48.000.000 EUR≤ 60.000.000 EUR≤ 250
Nettomethode≤ 20.000.000 EUR≤ 25.000.000 EUR≤ 40.000.000 EUR≤ 50.000.000 EUR≤ 250

Wahlrecht zur rückwirkenden Anwendung

Die erhöhten Schwellenwerte können rückwirkend auf Jahres- und Konzernabschlüsse, Lageberichte sowie Konzernlageberichte für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2022 beginnen, angewendet werden.

Folgen für die Aufstellung des Jahresabschlusses durch Umklassifizierung in eine niedrigere Größenklasse

1. Von kleiner Kapitalgesellschaft zu Kleinst-Kapitalgesellschaft

Erleichterungen:

  • Verkürzte Bilanzaufstellung (§ 266 Abs. 1 S. 4 HGB)
  • GuV-Gliederung nach § 275 Abs. 5 HGB
  • Verzicht auf Anhang, wenn Angaben unter der Bilanz gemacht werden (§ 264 Abs. 1 S. 5 HGB)

2. Von mittelgroßer zu kleiner Kapitalgesellschaft

Erleichterungen:

  • Verkürzte Bilanzaufstellung (§ 266 Abs. 1 S. 3 HGB)
  • Verzicht auf Abgrenzung latenter Steuern (§ 274a Nr. 4 HGB)
  • Umfangreiche Erleichterungen im Anhang (§ 288 Abs. 1 HGB)
  • Verzicht auf Lagebericht (§ 264 Abs. 1 S. 4 HGB)

3. Von großer zu mittelgroßer Kapitalgesellschaft

Erleichterungen:

  • Zusammenfassung der GuV-Posten (§ 276 S. 1 HGB)
  • Begrenzte Aufstellungserleichterungen im Anhang (§ 288 Abs. 2 HGB)
  • Keine Pflicht zur erweiterten Nachhaltigkeitsberichterstattung (§ 289b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HGB-E)

Auswirkungen auf die Jahresabschlussprüfung

Kleine Kapitalgesellschaften sind nicht prüfungspflichtig (§ 316 Abs. 1 S. 1 HGB). Die Anhebung der Schwellenwerte kann somit die Prüfungspflicht entfallen lassen.

Auswirkungen auf die Offenlegung

Neue Klassifizierungen können die Anforderungen an die Offenlegung verringern:

  • Kleinstkapitalgesellschaften: Hinterlegung der Bilanz (§ 326 Abs. 2 HGB)
  • Kleine Kapitalgesellschaften: Verzicht auf die Offenlegung der GuV (§ 326 Abs. 1 HGB)
  • Mittelgroße Kapitalgesellschaften: Verkürzte Bilanzstruktur und vereinfachte Anhangangaben (§ 327 HGB)

Auswirkungen aus dem Entfallen der Aufstellungspflicht des Konzernabschlusses

Erhöhte Schwellenwerte können die Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht ermöglichen. Dies entlastet Mutterunternehmen und deren Tochtergesellschaften, die dann nicht mehr die Regelungen für Kapitalgesellschaften anwenden müssen (§ 264 Abs. 3 HGB).


Für detaillierte Beratung und Unterstützung bei der Anwendung der neuen Regelungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.