Die Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Oktober bringt viele Unternehmen dazu, ihre Preise zu erhöhen. Das ist ein Ergebnis der ifo Konjunkturumfrage. Sie betrifft Unternehmen in fast allen Wirtschaftszweigen. 30,7 Prozent der teilnehmenden Firmen beschäftigen Mitarbeiter für weniger als 12 Euro pro Stunde. 58,3 Prozent planen als Reaktion, ihre Preise hochzusetzen. „Das dürfte die ohnehin schon große Inflation weiter antreiben“, sagt ifo-Arbeitsmarktexperte Sebastian Link. Die Regierung erhöht den Mindestlohn zum 1. Oktober von 10,45 auf 12 Euro pro Stunde.
Damit sind Preiserhöhungen die am häufigsten genannte Folge. Nur 12,7 Prozent der betroffenen Unternehmen planen aufgrund der Erhöhung Stellen abzubauen. 82,7 Prozent wollen die Zahl der Beschäftigten gleich halten, und 5,1 Prozent möchten sie sogar erhöhen.
Die durchschnittliche Arbeitszeit der Beschäftigten wollen 18,3 Prozent der betroffenen Unternehmen verringern, 17,6 Prozent denken über Kürzungen bei zusätzlichen Lohnbestandteilen wie Sonderzahlungen, Boni und geldwerten Vorteilen nach. Außerdem wollen die betroffenen Unternehmen ihre Investitionen sowie Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen eher zurückschrauben (21,3 Prozent und 11,1 Prozent) als ausbauen (4,7 Prozent und 5,0 Prozent). „Die große Mehrheit der betroffenen Unternehmen plant demnach nicht, die teurer gewordenen Arbeitskräfte durch Kapital zu ersetzen oder in das Wissen der Beschäftigten zu investieren, um deren Produktivität zu steigern“, sagt Link.
Viele Befragte vermuten, dass sich ihre Einkaufspreise in Folge der Mindestlohnanhebung erhöhen werden. Von den direkt betroffenen Unternehmen erwartet dies knapp die Hälfte (49,4 Prozent), unter den nicht direkt betroffenen Unternehmen beläuft sich dieser Anteil auf 29 Prozent. Ferner rechnen 52,8 Prozent mit schrumpfenden Gewinnen, 32,4 Prozent mit abnehmender Wettbewerbsfähigkeit, und 23,3 Prozent mit weniger Nachfrage als Folge der Mindestlohnerhöhung.
Wie stark die Unternehmen von der Anhebung des Mindestlohnes betroffen sind, unterscheidet sich stark nach Regionen. In Westdeutschland beschäftigen bisher 29,1 Prozent der teilnehmenden Unternehmen zu weniger als 12 Euro pro Stunde, im Osten jedoch 39,9 Prozent. Unterschiede gibt es auch zwischen den Branchen: In der Gastronomie sind 78,0 Prozent der befragten Firmen betroffen, im Beherbergungssektor 65,1 Prozent der Betriebe. In der Zeitarbeit bezahlen derzeit 63,5 Prozent der Firmen unter dem neuen Mindestlohn, im Landverkehr 46,7. Überdurchschnittlich betroffen sind auch der Einzelhandel mit 57,9 Prozent, die Textilindustrie mit 71,9 Prozent und die Nahrungs- und Genussmittelindustrie mit 61,4 Prozent der Unternehmen.
Zur Anhebung des Mindestlohnes und den geplanten Reaktionen der Unternehmen darauf stellte das ifo im Juni 2022 Sonderfragen in den Konjunkturumfragen. Sie wurden von 6.900 Unternehmen beantwortet.
Quelle: ifo Institut, Pressemitteilung vom 09.09.2022