Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO bei der Einkommensteuer

 Erstattungsberechtigung und Reihenfolge der Anrechnung in Nachzahlungsfällen

 

 

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder richtet sich die Ermittlung von Einkommensteuer-Erstattungsansprüchen nach § 37 Abs. 2 AO bzw. die Erstattungsberechtigung – einschließlich der Reihenfolge der Anrechnung – nach folgenden Grundsätzen:

 

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Allgemeines

1.1  Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

1.2  Einkommensteuer-Erstattungsanspruch

1.3 Annexsteuern

1.4 Lebenspartner und Lebenspartnerschaften

1.5 Getrennte Veranlagung nach § 26a EStG a.F.

  1. Erstattungsberechtigung bei zusammen veranlagten Ehegatten

2.1  Wirkung einer Erstattung nach § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG

2.2  Ausnahmen von § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG

2.3  Ermittlung des Erstattungsberechtigten

2.4  Tilgungsbestimmung

2.5 Zahlungsanweisung

2.6  Bedeutung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen

  1. Aufteilung eines Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs bei Ehegatten

3.1   Steuerabzugsbeträge

3.2   Vorauszahlungen mit Tilgungsbestimmung

3.3   Vorauszahlungen ohne Tilgungsbestimmung

3.4   Sonstige Zahlungen

3.5  Reihenfolge der Anrechnung bei Zusammenveranlagung

3.6  Reihenfolge der Anrechnung bei Einzelveranlagung nach § 26a EStG

3.7 Keine Berücksichtigung der Zeitabfolge von Zahlungen

  1. Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen in Trennungsfolgejahren
  2. Vorläufige Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen für gemeinsame Rechnung
  3. Änderung von Anrechnungsverfügungen oder Abrechnungsbescheiden nach §  218 Abs. 3 AO
  4. Abstimmungsbedarf

 

  1. Allgemeines

1.1  Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

 

  • 37 Abs. 2 AO enthält eine allgemeine Umschreibung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, der einem Steuerpflichtigen dadurch erwächst, dass eine Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis ohne rechtlichen Grund erfolgt ist oder der Grund hierfür später wegfällt (vgl. dazu AEAO zu § 37, Nr. 2).

 

1.2  Einkommensteuer-Erstattungsanspruch

 

Im Bereich der Einkommensteuer können sich Erstattungsansprüche nach § 37 Abs. 2 AO insbesondere ergeben

– infolge der Anrechnung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG),

– infolge der Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen (z.B. Lohnsteuer, Kapital-ertragsteuer, vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG) sowie

– im Falle der Aufhebung der Einkommensteuerfestsetzung oder der Durchführung von Änderungs- bzw. Berichtigungsveranlagungen, wenn die ursprünglich festge-setzte Steuer bereits entrichtet war.

 

1.3 Annexsteuern

 

Die Ausführungen dieses Schreibens gelten für Annexsteuern entsprechend.

 

1.4 Lebenspartner und Lebenspartnerschaften

 

Die nachfolgenden Ausführungen gelten bei Lebenspartnern und Lebenspartner-schaften entsprechend (§ 2 Abs. 8 EStG).

 

1.5 Getrennte Veranlagung nach § 26a EStG a.F.

 

Soweit im Folgenden Ausführungen zur Einzelveranlagung nach § 26a EStG gemacht werden, gelten sie bis Veranlagungszeitraum 2012 für getrennte Veranlagungen nach § 26a EStG a.F. entsprechend.

 

  1. Erstattungsberechtigung bei zusammen veranlagten Ehegatten

2.1 Wirkung einer Erstattung nach § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG

 

  • 36 Abs. 4 Satz 3 EStG, wonach die Auszahlung des Erstattungsbetrags (Überschuss im Sinne des § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG) aus der Einkommensteuer-Zusammenveranla-gung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten wirkt, lässt die materielle Rechtslage hinsichtlich der Erstattungsberechtigung zusammen veranlagter Ehegatten unberührt. In Bezug auf den Erstattungsanspruch sind zusammen veranlagte Ehegatten weder Gesamtgläubiger i. S. d. § 428 BGB noch Mitgläubiger i. S. d. § 432 BGB (BFH-Beschluss vom 17.2.2010, VII R 37/08, BFH/NV S. 1078). Die Regelung, der die Annahme zugrunde liegt, dass bei einer intakten Ehe die Erstattung an einen Ehegatten vom anderen Ehegatten gebilligt wird, will dem Finanzamt für Fälle, in denen diese Annahme zutrifft, Nachforschungen zur Erstattungsberechtigung der Ehe-gatten ersparen (BFH-Urteil vom 5.4.1990,VII R 2/89, BStBl II S. 719). Sie findet ihre Rechtfertigung darin, dass sich Ehegatten, die die Zusammenveranlagung beantragen, durch ihre beiderseitigen Unterschriften auf der Steuererklärung gegenseitig bevoll-mächtigen können, nicht nur den Steuerbescheid, sondern auch einen etwaigen Erstat-tungsbetrag in Empfang zu nehmen. Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG enthält demnach eine widerlegbare gesetzliche Vermutung hinsichtlich einer Einzie-hungsvollmacht.

 

2.2 Ausnahmen von § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG 

2.2.1  Bei zusammen veranlagten Ehegatten kann es trotz der Vorschrift des § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG, wonach die Auszahlung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten wirkt, erforderlich werden, Entscheidungen zur Erstattungs-berechtigung der beiden Ehegatten zu treffen und ggf. die Höhe des auf jeden entfal-lenden Erstattungsbetrags zu ermitteln. Soweit das Finanzamt nach Aktenlage erkennt oder erkennen musste, dass ein Ehegatte aus beachtlichen Gründen nicht mit der Aus-zahlung des gesamten Erstattungsbetrags an den anderen Ehegatten einverstanden ist, darf es nicht mehr an den anderen Ehegatten auszahlen. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Ehegatten inzwischen geschieden sind oder getrennt leben oder wenn dem Finanzamt aus sonstigen Umständen bekannt ist, dass ein Ehegatte die Erstattung an den anderen nicht billigt (BFH-Urteile vom 5.4.1990, VII R 2/89, BStBl II S. 719, und vom 8.1.1991, VII R 18/90, BStBl II S. 442).

 

2.2.2  § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG ist aber auch dann nicht anzuwenden,

– wenn das Finanzamt mit Abgabenrückständen eines der beiden Ehegatten aufrech-nen will oder

– wenn der Erstattungsanspruch nur eines der beiden Ehegatten abgetreten, gepfän-det oder verpfändet worden ist.

 

In solchen Fällen muss die materielle Anspruchsberechtigung nach § 37 Abs. 2 AO selbst dann geprüft werden, wenn die Ehegatten übereinstimmend davon ausgehen, dass der steuerliche Erstattungsanspruch ihnen gemeinsam zusteht (BFH-Beschluss vom 12.3.1991, VII S 30/90, BFH/NV 1992 S. 145). Zahlt das Finanzamt bei der Zusammenveranlagung aufgrund des gegenüber einem Ehegatten ergangenen Pfän-dungs- und Überweisungsbeschlusses auch den auf den anderen Ehegatten entfallen-den Erstattungsbetrag an den Pfändungsgläubiger aus, kann es von diesem jedoch die Rückzahlung dieses ohne Rechtsgrund gezahlten Betrages verlangen (BFH-Urteil vom 13.2.1996, VII R 89/95, BStBl II S. 436).

 

2.3 Ermittlung des Erstattungsberechtigten

 

Der Erstattungsanspruch steht demjenigen Ehegatten zu, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 30.9.2008, VII R 18/08, BStBl 2009 II S. 38 m.w.N.). Unerheblich ist dagegen, welcher der Ehegatten den Steuer-ermäßigungstatbestand verwirklicht hat, der im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zu der Steuererstattung geführt hat. Dies gilt auch in Fällen des Verlustabzugs nach § 10d EStG (BFH-Urteile vom 19.10.1982, VII R 55/80, BStBl II S. 162, und vom 18.9.1990, VII R 99/89, BStBl 1991 II S. 47). Unerheblich ist auch, auf wessen Ein-künften die festgesetzten Steuern (Vorauszahlungen und Jahressteuer) beruhen.

 

2.4  Tilgungsbestimmung

 

2.4.1 Liegen keine Anhaltspunkte oder ausdrücklichen Absichtsbekundungen für eine Til-gungsbestimmung vor, kann das Finanzamt als Zahlungsempfänger, solange die Ehe besteht und die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG), aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft allerdings da-von ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will (vgl. BFH-Urteil vom 15.11.2005, VII R 16/05, BStBl 2006 II S. 453, m.w.N.); das gilt grundsätzlich auch dann, wenn über das Vermögen des an-deren Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (BFH-Urteil vom 30.9.2008, VII R 18/08, BStBl 2009 II S. 38).

Ob die Ehegatten sich später trennen oder einer der Ehegatten nachträglich die Einzel-veranlagung nach § 26a EStG beantragt, ist für die Beurteilung der Tilgungsabsicht nicht maßgeblich, denn es kommt nur darauf an, wie sich die Umstände dem Finanz-amt zum Zeitpunkt der Zahlung darstellten (vgl. BFH-Urteil vom 26.6.2007, VII R 35/06, BStBl II S. 742). Haben sich die Ehegatten vor der Zahlung getrennt, war dies dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Zahlung aber noch nicht bekannt, kann das Finanz-amt weiterhin davon ausgehen, dass der Ehegatte, der ohne individuelle Tilgungsbe-stimmung auf die gemeinsame Steuerschuld (Vorauszahlungsschuld) gezahlt hat, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen Ehegatten begleichen wollte.

 

2.4.2 Die Angabe einer Tilgungsbestimmung muss dabei nicht „ausdrücklich“ erfolgen, sondern kann sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben (als Indiz z.B. Angabe des eigenen Namens im Feld „Verwendungszweck“ einer Überweisung; vgl. BFH-Urteil vom 25.7.1989, VII R 118/87, BStBl 1990 II S. 41). Eine spätere „Interpreta-tion“ (d. h. eine nachträglich geltend gemachte Tilgungsbestimmung) durch den zah-lenden Ehegatten kann keine Berücksichtigung finden.

 

Rechnet ein Ehegatte mit einem ihm allein zustehenden Erstattungsanspruch gegen die gemeinsame ESt-Schuld auf, kann das Finanzamt davon ausgehen, dass der Ehegatte, der ohne individuelle Tilgungsbestimmung auf die gemeinsame Steuerschuld geleistet hat, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen Ehegatten begleichen wollte. Im Fall der Aufrechnung durch das Finanzamt ergibt sich die Tilgungsbestim-mung wegen der nach § 387 BGB erforderlichen Gegenseitigkeit dagegen nach der in-dividuellen Gläubigerschaft des Steuererstattungsanspruchs.

Bei Zahlungen im Wege des Lastschrifteinzugs ist das Finanzamt gesondert über den Tilgungswillen zu informieren. Wird ein Verrechnungsvertrag geschlossen (vgl. AEAO zu § 226, Nr. 5), ergibt sich die Tilgungsbestimmung aus den vertraglichen Vereinbarungen.

 

2.4.3 Die von einem Ehegatten im Vollstreckungsweg beigetriebene Steuerforderung kann nicht als eine auch auf Rechnung des anderen Ehegatten bewirkte Zahlung angesehen werden (vgl. BFH-Beschluss v. 18.4.2013, VII B 66/12, BFH/NV S. 1217). Sie ist wie eine Zahlung mit individueller Tilgungsbestimmung zugunsten des Vollstreckungs-schuldners zu behandeln.

 

2.5 Zahlungsanweisung

 

Bitten die Ehegatten zu einem späteren Zeitpunkt, zum Beispiel bei Abgabe der Steuererklärung, um Überweisung des Erstattungsanspruchs an einen bestimmten Zahlungsempfänger, liegt lediglich eine Zahlungsanweisung vor, die den materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch unberührt lässt. Die auf Wunsch eines der Ehegatten erfolgte Auszahlung des ihm materiell-rechtlich zustehenden Erstattungsanspruchs an den anderen Ehegatten oder einen Dritten führt ihm gegenüber zum Erlöschen seines Erstattungsanspruchs. Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbehörde ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem Rechtsinhaber zu erfül-len.

 

2.6 Bedeutung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen

 

Einkommensteuer-Vorauszahlungen sind nach § 37 Abs. 1 EStG – unabhängig davon, wer sie zahlt oder von wessen Konto sie abgebucht werden – auf die für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich geschuldete Einkommensteuer zu entrichten. Bei Vorauszahlungen ohne Tilgungsbestimmung ist davon auszugehen, dass sich der Ehegatte, der auf einen an ihn und seinen Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbe-scheid leistet, nicht nur bewusst ist, dass seine Zahlungen in Höhe der später festge-setzten Einkommensteuer endgültig beim Fiskus verbleiben sollen, sondern dass er die – wenn auch unmittelbar zur Erfüllung der Gesamtschuld aus dem Vorauszahlungsbe-scheid entrichteten – Zahlungen auch leistet, um damit die zu erwartende Einkom-mensteuer beider Ehegatten zu tilgen. Ist die im Zeitpunkt der Vorauszahlungen nach Kenntnisstand des Finanzamts noch bestehende Wirtschaftsgemeinschaft hinreichen-der Anknüpfungspunkt dafür, die Vorauszahlungen als für Rechnung beider Ehegatten geleistet zu unterstellen, dann ist daraus auch der in diesem Zeitpunkt übereinstim-mende Wille abzuleiten, dass diese Vorauszahlungen später dafür verwendet werden sollen, die auf beide Ehegatten später entfallenden Steuerschulden auszugleichen (vgl. BFH-Urteil vom 22.3.2011, VII R 42/10, BStBl II S. 607).

 

  1. Aufteilung eines Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs bei Ehegatten

 

Übersteigen die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, die geleisteten Vorauszahlun-gen und die sonstigen Zahlungen der Ehegatten die Summe der gegen die beiden Ehe-gatten insgesamt (im Wege der Zusammenveranlagung oder im Wege der Einzelver-anlagung nach § 26a EStG) festgesetzten Steuern, ist wie folgt zu verfahren:

 

Zunächst sind für jeden Ehegatten die bei ihm anzurechnenden Steuerabzugsbeträge sowie seine mit individueller Tilgungsbestimmung geleisteten Vorauszahlungen und sonstigen Zahlungen zu ermitteln. Daneben sind alle übrigen Zahlungen zu ermitteln, die beiden Ehegatten gemeinsam zuzurechnen sind. Die auf diese Weise ermittelten Zahlungen sind dem jeweiligen Ehegatten gemäß den Nrn. 3.1 bis 3.4 an Hand der materiellen Erstattungsberechtigung zuzuordnen.

 

Bei der weiteren Bearbeitung ist zwischen der Zusammenveranlagung (Nr. 3.5) und der Einzelveranlagung nach § 26a EStG (Nr. 3.6) zu unterscheiden.

 

3.1 Steuerabzugsbeträge

 

Hinsichtlich einbehaltener Steuerabzugsbeträge (insbesondere Lohnsteuer, Kapital-ertragsteuer) ist derjenige Ehegatte erstattungsberechtigt, von dessen Einnahmen (z. B. Arbeitslohn oder Kapitaleinnahme) die Abzugssteuer einbehalten wurde (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.1982, VII R 55/80, BStBl 1983 II S. 162); denn diese Steuer ist für seine Rechnung an das Finanzamt abgeführt worden (BFH-Urteil vom 5.4.1990, VII R 2/89, BStBl II S. 719). Wurden für beide Ehegatten Steuerabzugsbeträge einbehalten und wurden keine Vorauszahlungen geleistet, ist die Aufteilung des Erstattungs-anspruchs im Verhältnis des jeweiligen Steuerabzugs des Ehegatten zum Gesamtabzug durchzuführen (vgl. BFH-Urteil vom 1.3.1990, VII R 103/88, BStBl II S. 520).

 

3.2 Vorauszahlungen mit Tilgungsbestimmung

 

Hat der zahlende Ehegatte im Zeitpunkt einer Vorauszahlung kenntlich gemacht, dass er nur seine eigene Steuerschuld tilgen will, ist er im Falle der Erstattung dieses Be-trags allein erstattungsberechtigt.

 

 

Erfolgt eine Vorauszahlung aufgrund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids durch einen Ehegatten ab dem Zeitpunkt, zu dem das dau-ernde Getrenntleben der Ehegatten dem Finanzamt bekannt geworden ist, ist davon auszugehen, dass der Zahlende nur auf eigene Rechnung leisten will. Im Falle einer Erstattung einer solchen Zahlung ist er allein erstattungsberechtigt (BFH-Urteil vom 25.7.1989, a.a.O.).

 

3.3 Vorauszahlungen ohne Tilgungsbestimmung

 

Vorauszahlungen aufgrund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Voraus-zahlungsbescheids ohne individuelle Tilgungsbestimmung sind unabhängig davon, ob die Ehegatten später zusammen oder nach § 26a EStG einzeln veranlagt werden, zu-nächst auf die festgesetzten Steuern beider Ehegatten anzurechnen (BFH-Urteil vom 22.3.2011, VII R 42/10, BStBl II, S. 607). Daher ist nur ein nach der Anrechnung der „gemeinsamen“ Vorauszahlungen verbleibender Überschuss nach Köpfen an die Ehe-gatten auszukehren.

 

Vorauszahlungen ohne individuelle Tilgungsbestimmung aufgrund eines nur an einen Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheids sind nur diesem Ehegatten zuzurech-nen (zur Wirkung siehe Nr. 3.2).

 

3.4 Sonstige Zahlungen

 

Für sonstige Zahlungen (z. B. Abschlusszahlungen) gelten Nrn. 3.2 und 3.3 entspre-chend.

 

3.5 Reihenfolge der Anrechnung bei Zusammenveranlagung

 

Übersteigt die Summe der im Rahmen einer Zusammenveranlagung anzurechnenden Steuerabzugsbeträge (Nr. 3.1), geleisteten Vorauszahlungen (Nrn. 3.2 und 3.3) und sonstigen Zahlungen (Nr. 3.4) der Ehegatten die festgesetzte Steuer und ist die Auf-teilung des Erstattungsbetrages erforderlich (vgl. Nr. 2.2), ist wie folgt zu verfahren:

 

Zunächst sind für jeden Ehegatten die bei ihm anzurechnenden Steuerabzugsbeträge sowie seine mit individueller Tilgungsbestimmung geleisteten Vorauszahlungen und sonstigen Zahlungen zu ermitteln. Daneben sind alle übrigen Zahlungen zu ermitteln, die beiden Ehegatten gemeinsam zuzurechnen sind.

 

Anschließend sind in Abhängigkeit von der Fallgestaltung folgende Ermittlungen und Berechnungen anzustellen:

  1. a) Wurden ausschließlich Steuerabzugsbeträge einbehalten und Zahlungen geleistet, die individuell zuzurechnen sind, ist die Aufteilung des Erstattungsanspruchs im Verhältnis der Summe der jeweiligen Steuerabzugsbeträge und Zahlungen jedes Ehegatten zur Summe der Steuerabzugsbeträge und Zahlungen beider Ehegatten durchzuführen.

 

  1. b) Wurden ausschließlich Vorauszahlungen aufgrund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne Tilgungsbestimmungen geleistet, ist die Aufteilung des Erstattungsanspruchs nach Köpfen durchzuführen.

 

  1. c) Wurden für die Ehegatten sowohl Steuerabzugsbeträge einbehalten und/oder Zah-lungen geleistet, die individuell zuzurechnen sind, als auch Vorauszahlungen auf-grund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne Tilgungsbestimmungen geleistet, ist

 

– zunächst für jeden Ehegatten die Summe der bei ihm anzurechnenden Zah-lungen zu ermitteln (Steuerabzugsbeträge nach Nr. 3.1, direkt zuzuordnende Zahlungen nach Nrn. 3.2 und 3.4 und nach Köpfen ermittelter Anteil an Zah-lungen im Sinne der Nrn. 3.3 und 3.4) und anschließend

 

– der Erstattungsanspruch der Ehegatten im Verhältnis der Summe der bei dem einzelnen Ehegatten zuzurechnenden Zahlungen zur Summe aller Zahlungen aufzuteilen.

 

Beispiel zu Fallgruppe c)

Gegen die Ehegatten M und F hatte das Finanzamt gemeinsam Einkommensteuer-Vorauszahlungen in Höhe von insgesamt 14.000 € festgesetzt. Hierauf wurden 8.000 € ohne Tilgungsbestimmung entrichtet. In Höhe von 5.000 € hat M Vorauszahlungen mit individueller Tilgungsbestimmung geleistet. F hat in Höhe von 1.000 € Voraus-zahlungen mit individueller Tilgungsbestimmung geleistet.

 

Vom Arbeitslohn des M wurden 10.000 € Lohnsteuer einbehalten. Vom Arbeitslohn der F wurden 5.000 € Lohnsteuer einbehalten.

 

Im Rahmen einer Zusammenveranlagung wurde gegen die Ehegatten Einkommen-steuer in Höhe von 20.000 € festgesetzt. Aufgrund der anzurechnenden Lohnsteuer-beträge (10.000 € + 5.000 € = 15.000 €) und der geleisteten Vorauszahlungen (8.000 € + 5.000 € + 1.000 € = 14.000 €) ergibt sich ein Erstattungsanspruch von insgesamt 9.000 €.

 

Lösung:

Die individuellen Erstattungsansprüche der Ehegatten M und F sind wie folgt zu er-mitteln:

 

(1)  individuelle Ermittlung der bei den Ehegatten nach Nr. 3.1 jeweils anzurechnen-den Steuerabzugsbeträge:

 

 

(2)  individuelle Ermittlung der bei den Ehegatten nach Nr. 3.2 jeweils anzurechnen-den Zahlungen mit individueller Tilgungsbestimmung:

 

 

(3)  hälftige Aufteilung der „gemeinsamen“ Zahlungen i. S. d. Nr. 3.3 und Zurechnung des jeweiligen Anteils wie eine Zahlung i. S. d. Nr. 3.2:

 

 

(4)  für jeden Ehegatten sind die nach (1) bis (3) ermittelten Anrechnungsbeträge jeweils zu addieren:

 

 

(5)  Die Aufteilung des Erstattungsanspruchs (9.000€) auf die Ehegatten erfolgt im Verhältnis der Summe der dem einzelnen Ehegatten zuzurechnenden Zahlungen zur Summe aller Zahlungen:

 

 

3.6  Reihenfolge der Anrechnung bei Einzelveranlagung nach § 26a EStG 

3.6.1  Erstattungsüberhang

 

Übersteigen die im Rahmen von Einzelveranlagungen nach § 26a EStG anzurechnen-den Steuerabzugsbeträge (Nr. 3.1), geleisteten Vorauszahlungen (Nrn. 3.2 und 3.3) und sonstigen Zahlungen (Nr. 3.4) der Ehegatten die Summe der gegen beide Ehegat-ten individuell festgesetzten Steuern, ist wie folgt zu verfahren:

 

  1. a) Wurden ausschließlich Steuerabzugsbeträge einbehalten und Zahlungen geleistet, die individuell zuzurechnen sind, sind bei jedem Ehegatten die jeweiligen Steuer-abzugsbeträge und Zahlungen anzurechnen.

 

  1. b) Wurden ausschließlich Vorauszahlungen aufgrund eines an beide Ehegatten ge-meinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne Tilgungsbestimmung ge-leistet und übersteigt deren Summe die Summe der in den Einzelveranlagungen nach § 26a EStG festgesetzten Einkommensteuerbeträge, ist der die Summe der in den Einzelveranlagungen individuell festgesetzten Einkommensteuerbeträge über-steigende Erstattungsbetrag nach Köpfen aufzuteilen.

 

  1. c) Wurden für die Ehegatten sowohl Steuerabzugsbeträge einbehalten und/oder Zah-lungen geleistet, die individuell zuzurechnen sind, als auch Vorauszahlungen auf-grund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne Tilgungsbestimmungen geleistet, ist wie folgt zu verfahren:

 

– Zuerst sind von den gegen die Ehegatten jeweils individuell festgesetzten Einkommensteuerbeträgen jeweils die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge (Nr. 3.1) abzuziehen (Zwischensumme I = Soll);

 

– danach sind von diesen Sollbeträgen (Zwischensumme I) jeweils die (Voraus-)Zahlungen abzuziehen, die der einzelne Ehegatte mit individueller Tilgungsbestimmung geleistet hat (Nr. 3.2), und die für jeden Ehegatten danach individuell verbleibenden Beträge zu ermitteln (Zwischensumme II);

 

– die (aufgrund eines gegen beide Ehegatten gerichteten Vorauszahlungs-bescheids) geleisteten „gemeinsamen“ Vorauszahlungen ohne individuelle Tilgungsbestimmung (Nr. 3.3) werden nun zunächst auf die Steuern beider Ehegatten maximal bis zum vollständigen „Verbrauch“ der jeweiligen (posi-tiven) Zwischensumme II aufgeteilt, der danach verbleibende Restbetrag ist nach Köpfen auszukehren.

 

Beispiel:

Die Ehegatten M und F haben die gegen sie gemeinsam festgesetzten Vorauszahlun-gen (4 x 4.000 € = 16.000 €) ohne individuelle Tilgungsbestimmung entrichtet. Vom Arbeitslohn wurden jeweils folgende Lohnsteuerbeträge einbehalten:

 

 

Es werden Einzelveranlagungen nach § 26a EStG durchgeführt:

 

 

 

Lösung:

 

Der Betrag von 2.000 € ist nach Köpfen auszukehren.

 

Die Zurechnung erfolgt wie folgt:

 

(1)  Bei jedem Ehegatten sind von den festgesetzten Einkommensteuerbeträgen zu-nächst jeweils die anzurechnenden Lohnsteuerbeträge abzuziehen (= Sollbeträge):

 

 

(2)  Im zweiten Schritt werden – mangels Zahlungen mit individueller Tilgungsbestim-mung i. S. d. Nr. 3.2 – die gemeinsamen Vorauszahlungen nun jeweils bis zur Höhe der Sollbeträge (hier identisch mit Zwischensumme II) bei M und F aufge-teilt, der danach verbleibende Restbetrag (2.000€) ist jedem Ehegatten zur Hälfte zuzurechnen:

 

 

 

(3)  Im dritten Schritt werden die nicht verbrauchten gemeinsamen Vorauszahlungen nach Köpfen zugerechnet:

 

 

(4)  Die Abrechnungsverfügungen der Steuerbescheide sehen wie folgt aus:

 

 

3.6.2 Nachzahlungsüberhang

 

Werden Ehegatten nach § 26a EStG einzeln zur Einkommensteuer veranlagt und ist die Summe der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und (Voraus-)Zahlungen gerin-ger als die Summe der individuell festgesetzten Steuern, sind aufgrund eines gegen beide Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheids geleistete Vorauszahlungen ohne individuelle Tilgungsbestimmung (Nr. 3.3) wie folgt aufzuteilen und zuzuord-nen:

 

– Zuerst sind von den gegen die Ehegatten individuell festgesetzten Einkommen-steuerbeträgen jeweils die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge (Nr. 3.1) abzu-ziehen (Zwischensumme I = Soll);

 

– danach sind von diesen Sollbeträgen (Zwischensumme I) jeweils die  (Voraus-)Zahlungen abzuziehen, die der einzelne Ehegatte mit individueller Tilgungsbestimmung geleistet hat (Nr. 3.2), und die für jeden Ehegatten danach individuell verbleibenden Beträge zu ermitteln (Zwischensumme II);

 

– die (aufgrund eines gegen beide Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheids) geleisteten „gemeinsamen“ Vorauszahlungen ohne individuelle Tilgungsbestim-mung (Nr. 3.3) werden nun nach Köpfen – allerdings maximal bis zum vollständi-gen „Verbrauch“ der jeweiligen (positiven) Zwischensumme II – aufgeteilt, ein danach verbleibender Restbetrag ist dem Ehegatten mit der höheren Zwischen-summe II allein zuzurechnen.

 

Beispiel:

Die Ehegatten M und F haben die gegen sie gemeinsam festgesetzten Vorauszahlun-gen (4 x 2.500 € = 10.000 €) ohne individuelle Tilgungsbestimmung entrichtet.

 

Vom Arbeitslohn wurden jeweils folgende Lohnsteuerbeträge einbehalten:

 

 

Es werden Einzelveranlagungen nach § 26a EStG durchgeführt:

 

 

Lösung:

(1) Von den gegen die Ehegatten festgesetzten Einkommensteuerbeträgen sind zu-nächst jeweils die anzurechnenden Lohnsteuerbeträge abzuziehen (= Sollbeträge):

 

 

(2)  Im zweiten Schritt werden – mangels Zahlungen mit individueller Tilgungsbestim-mung i. S. d. Nr. 3.2 – die gemeinsamen Vorauszahlungen nun nach Köpfen – allerdings maximal bis zur Höhe des jeweiligen Sollbetrags (hier identisch mit Zwischensumme II) – aufgeteilt, der danach verbleibende Restbetrag ist dem Ehe-gatten mit dem höheren Soll allein zuzurechnen:

 

 

 

(3)  Die Abrechnungsverfügungen der Steuerbescheide sehen wie folgt aus:

 

 

 

3.7 Keine Berücksichtigung der Zeitabfolge von Zahlungen

 

Bei der Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen auf die Steuerschuld ist der jewei-lige Zahlungszeitpunkt unbeachtlich. Alle bis zum Abrechnungsstichtag geleisteten Zahlungen (Vorauszahlungen, Abschlagszahlungen oder sonstige Zahlungen) sind nach den vorstehenden Grundsätzen zuzuordnen und aufzuteilen. Dies hat zum Bei-spiel zur Folge, dass für die Zuordnung und Aufteilung eines Erstattungsanspruchs, der sich aus einer Änderung einer Einkommensteuerfestsetzung zugunsten des/der Steuerpflichtigen ergibt, die Abschlusszahlung nicht vorrangig zu berücksichtigen ist. Vielmehr ist die Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen im Wege einer Gesamt-aufrollung neu vorzunehmen.

 

Beispiel:

Im Rahmen einer Zusammenveranlagung wurde gegen die Ehegatten M und F Ein-kommensteuer in Höhe von 10.000 € festgesetzt. Nach Anrechnung der vom Arbeits-lohn des Ehemannes einbehaltenen Lohnsteuer von 6.000 € ergab sich eine Abschluss-zahlung von 4.000 €, die von den Eheleuten für beider Rechnung entrichtet wurde.

 

Später wird die Einkommensteuerfestsetzung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert und die Einkommensteuer auf 9.000 € herabgesetzt. Es ergibt sich somit ein Erstattungsanspruch von 1.000 €.

 

Lösung:

Die individuellen Erstattungsansprüche der Ehegatten M und F sind wie folgt zu er-mitteln:

 

 

(1) individuelle Ermittlung der bei den Ehegatten nach Nr. 3.1 jeweils anzurechnen-den Steuerabzugsbeträge:

 

 

(2)  mangels Zahlungen mit individueller Tilgungsbestimmung i. S. d. Nr. 3.2 hälftige Aufteilung der „gemeinsamen“ Zahlungen i. S. d. Nr. 3.3 und Zurechnung des je-weiligen Anteils wie eine Zahlung i. S. d. Nr. 3.2:

 

 

(3)  für jeden Ehegatten sind die nach (1) und (2) ermittelten Anrechnungsbeträge je-weils zu addieren:

 

 

(4)  Die Aufteilung des Erstattungsanspruchs (1.000€) auf die Ehegatten erfolgt im Verhältnis der Summe der dem einzelnen Ehegatten zuzurechnenden Zahlungen zur Summe aller Zahlungen:

 

 

  1. Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen in Trennungsfolgejahren

 

Für die Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen, denen eine an beide Ehegatten als Gesamtschuldner gerichtete Vorauszahlungsfestsetzung für Trennungsfolgejahre zu-grunde liegt, gelten die Regelungen in Nummern 2.3 bis 2.5 entsprechend. War dem Finanzamt die Trennung im Zahlungszeitpunkt noch nicht bekannt und lag zu diesem Zeitpunkt auch keine individuelle Tilgungsbestimmung vor, sind die Zahlungen des-halb genauso als Zahlungen für gemeinsame Rechnung zu behandeln wie im Fall von Einzelveranlagungen nach § 26a EStG (vgl. Nr. 3.6).

 

  1. Vorläufige Zuordnung und Aufteilung von Zahlungen für gemeinsame Rechnung

 

5.1 Kann in den Fällen der Nummer 3.6 nur einer der Ehegatten bereits zur Einkommen-steuer veranlagt werden (sei es auf Antrag oder wegen Veranlagungspflicht), während bei dem anderen Ehegatten, der von Amts wegen zu veranlagen ist, die Veranlagung noch nicht erfolgen kann (z. B. weil die Erklärungsfrist noch nicht abgelaufen ist, so dass auch noch keine Steuerfestsetzung im Wege einer Schätzung möglich ist), kann für Zwecke der vorläufigen Aufteilung der Vorauszahlungen hinsichtlich des Ehegat-ten, für den keine Veranlagung erfolgen kann, eine fiktive Veranlagung auf der Grund-lage der vorliegenden bzw. der Vorauszahlungsfestsetzung zugrunde gelegten Besteu-erungsgrundlagen durchgeführt werden.

 

5.2 Kann in den Fällen der Nummer 4 zunächst nur einer der Ehegatten zur Einkommen-steuer veranlagt werden, während bei dem anderen Ehegatten zu diesem Zeitpunkt weder die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen noch für eine An-tragsveranlagung vorliegen, ist für Zwecke der vorläufigen Aufteilung der für gemein-same Rechnung der Ehegatten geleisteter Vorauszahlungen hinsichtlich des Ehegatten, für den (noch) keine Veranlagung erfolgen kann, eine fiktive Veranlagung auf der Grundlage der dem Finanzamt vorliegenden bzw. der Vorauszahlungsfestsetzung zu-grunde gelegten Besteuerungsgrundlagen durchzuführen.

 

5.3 Bei dem Ehegatten, für den nur eine fiktive Veranlagung durchgeführt wird, ergeht in beiden vorgenannten Fällen (noch) kein Einkommensteuerbescheid, vielmehr bleibt der Vorauszahlungsbescheid ihm gegenüber wirksam, bis ein Einkommensteuer-bescheid oder ein Nichtveranlagungsbescheid ergangen ist.

 

5.4 In den Fällen der Nummern 5.1 oder 5.2 ist die bereits für einen Ehegatten durchge-führte Anrechnung von Zahlungen für gemeinsame Rechnung nach Ergehen des noch ausstehenden Einkommensteuerbescheides oder eines Nichtveranlagungsbescheids des anderen Ehegatten zu korrigieren (§ 130 i. V. m. § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO). Unter den Voraussetzungen des § 218 Abs. 3 AO kann die Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO auch zur Beseitigung einer widerstrei-tenden Anrechnung von Zahlungen geändert werden (vgl. Nr. 6).

 

  1. Änderung von Anrechnungsverfügungen oder Abrechnungsbescheiden nach § 218 Abs. 3 AO

 

6.1 Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) zur Einkommensteuer auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag eines Ehegatten oder eines Dritten zurückgenommen und ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlas-sen, können nachträglich gegenüber beiden Ehegatten durch Änderung der Anrech-nungsverfügungen oder von Abrechnungsbescheiden die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 218 Abs. 3 Satz 1 AO). § 174 Abs. 4 und 5 AO gilt in diesen Fällen entsprechend (§ 218 Abs. 3 Satz 2 AO). Vgl. im Übrigen auch AEAO zu § 218, Nr. 4.

6.2 Gegenüber dem anderen Ehegatten ist nur dann eine für ihn nachteilige Korrektur sei-ner Anrechnungsverfügung oder seines Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 3 AO möglich, wenn er an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung der fehler-haften Anrechnungsverfügung bzw. des fehlerhaften Abrechnungsbescheids des ande-ren Ehegatten geführt hat, beteiligt wurde.

 

6.3 § 218 Abs. 3 AO gilt ab dem 31. Dezember 2014 für alle zu diesem Zeitpunkt noch nicht zahlungsverjährten Anrechnungsverfügungen und Abrechnungsbescheide (Art. 97 § 13a EGAO). Die Regelung gilt damit auch in den Fällen, in denen Anrech-nungsverfügungen bislang unter Widerrufsvorbehalt ergangen sind, soweit noch keine Zahlungsverjährung eingetreten ist.

 

  1. Abstimmungsbedarf

Sind in Fällen der Ehegattenveranlagung mehrere Finanzämter für die Veranlagungen zuständig, haben sich diese – auch länderübergreifend – abzustimmen.

Dieses Schreiben tritt mit sofortiger Wirkung an die Stelle des BMF-Schreibens vom 31. Januar 2013 – IV A 3 – S 0160/11/10001 – (BStBl I S. 70) und wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0160 / 11 / 10001 vom 14.01.2015