Das FG Münster (Urteil vom 15.05.2025, Az. 12 K 1916/21 F) hat entschieden: Auch Vermieter können eine „erste Tätigkeitsstätte“ im steuerlichen Sinne haben – zum Beispiel dann, wenn sie regelmäßig persönlich in ihren vermieteten Ferienobjekten tätig sind. Das Urteil betrifft die steuerliche Abzugsfähigkeit von Fahrt-, Unterkunfts- und Verpflegungskosten und bringt Klarheit für alle, die ihre Objekte selbst betreuen.
Worum ging es im Streitfall?
Eine GbR aus Vater und Sohn vermietete zwei Ferienwohnungen. Sie machten in ihrer Steuererklärung Fahrtkosten, Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend – etwa für Reparaturen und Reinigungsarbeiten, die sie selbst vor Ort erledigten.
Das Finanzamt lehnte den Werbungskostenabzug mit Hinweis auf eine private Mitveranlassung ab. Die Vermietung sei fremdorganisiert und die Aufenthalte nicht ausschließlich betrieblich veranlasst gewesen.
Das FG Münster gab der Klage teilweise statt – und definierte dabei Grundsätze mit Signalwirkung.
Erste Tätigkeitsstätte auch bei Vermietung möglich
Kernpunkt der Entscheidung:
Eine erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG kann auch bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vorliegen, wenn der Steuerpflichtige dort mindestens ein Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit tätig ist.
Das Gericht stützt sich auf die Verweisregelung in § 9 Abs. 3 EStG, die den Arbeitnehmerbegriff auf andere Einkunftsarten überträgt. Auch wenn es bei Vermietern keinen „Arbeitgeber“ gibt, könne die erste Tätigkeitsstätte anhand quantitativer Kriterien bestimmt werden.
Im konkreten Fall:
- Die Kläger führten selbst regelmäßig handwerkliche Tätigkeiten durch (Reparatur, Reinigung etc.).
- Die Ein-Drittel-Grenze war laut Gericht deutlich überschritten.
Welche Kosten wurden anerkannt – und welche nicht?
✔ Fahrtkosten
- Entfernungspauschale wurde gewährt,
- Privatanteile mussten herausgerechnet werden,
- keine volle Reisekostenerstattung, da erste Tätigkeitsstätte vorlag.
✔ Unterkunftskosten
- Teilweise anerkannt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung,
- aber ebenfalls Privatanteile abgezogen,
- betrifft eine dritte, nicht vermietete Wohnung.
✖ Verpflegungsmehraufwand
- Nicht anerkannt, da Dreimonatsfrist (§ 9 Abs. 4a EStG) bereits überschritten war.
PRAXISTIPP: Wann wird eine vermietete Ferienwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte?
Ein Objekt gilt als erste Tätigkeitsstätte, wenn:
- es regelmäßig und dauerhaft aufgesucht wird,
- mindestens ein Drittel der Arbeitszeit dort selbst erbracht wird (z. B. Reparaturen, Schlüsselübergabe, Reinigungskoordination),
- der Aufenthalt nicht nur sporadisch oder privat erfolgt.
Folge:
- Kein Reisekostenabzug, sondern nur Entfernungspauschale möglich.
- Verpflegungsmehraufwendungen nur für neue Einsatzorte (max. 3 Monate).
- Unterkunftskosten nur unter engen Voraussetzungen als doppelte Haushaltsführung abziehbar.
Fazit: Relevanz für private Vermieter steigt
Die Entscheidung zeigt: Wer bei seinen Vermietungsobjekten regelmäßig persönlich mitarbeitet, kann steuerlich wie ein Arbeitnehmer mit fester Tätigkeitsstätte behandelt werden – mit entsprechenden Folgen für den Werbungskostenabzug.
Die Revision ist beim BFH anhängig – wir halten Sie auf dem Laufenden!