Neue Verfügung des BayLfSt und aktuelles FG-Urteil schärfen die Grenzen steuerlicher Gestaltung
Immer mehr Steuerpflichtige gründen sogenannte Familiengenossenschaften, um innerhalb des Familienverbunds Vermögen zu bündeln und steuerlich zu gestalten. Doch nicht alles, was auf den ersten Blick clever erscheint, ist steuerlich zulässig. Das Bayerische Landesamt für Steuern (BayLfSt) hat mit Verfügung vom 2. April 2025 (Az. S 7300.2.1-228/10 St33) nun klargestellt, dass private Aufwendungen durch eine Familiengenossenschaft regelmäßig als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu behandeln sind – mit weitreichenden steuerlichen Konsequenzen.
Was sind Familiengenossenschaften?
Bei Familiengenossenschaften handelt es sich meist um Genossenschaften, deren Mitglieder (fast) ausschließlich Familienangehörige sind. Ziel ist in vielen Fällen, Vermögenswerte wie Immobilien, Fahrzeuge oder Beteiligungen innerhalb der Familie gemeinschaftlich zu verwalten – häufig mit dem Argument der „Mitgliederförderung“ im Sinne des Genossenschaftsgesetzes.
Problematisch: Aufwendungen für private Lebensführung
Laut BayLfSt zeigt sich in der Praxis, dass viele dieser Genossenschaften umfangreiche Ausgaben tätigen, die nicht betrieblich, sondern privat motiviert sind. Beispiele:
- Finanzierung von Urlaubsreisen, Restaurantbesuchen oder Thermenaufenthalten
- Anschaffung von Haustieren, inklusive Futter und Tierarztkosten
- Kauf von maßgeschneiderter Kleidung, Lebensmitteln oder Sportbooten
- Errichtung von Garagen, Pools oder Saunen auf Privatgrundstücken von Mitgliedern
Solche Ausgaben mögen zwar satzungsgemäß als „Förderung der Mitglieder“ deklariert sein – aus steuerlicher Sicht sind sie privater Natur.
Steuerliche Einordnung: vGA statt Betriebsausgabe
Das BayLfSt macht unmissverständlich klar:
Solche Aufwendungen sind als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu qualifizieren – und damit nicht als Betriebsausgaben abziehbar.
Eine vGA liegt vor, wenn ein Vermögensvorteil ohne angemessene Gegenleistung zugewendet wird und dies ein ordentlicher Geschäftsleiter nicht gewährt hätte. Das gilt auch bei Genossenschaften, wie das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in einem aktuellen Urteil (vom 15.1.2025, Az. 11 K 11042/24) bestätigt hat. Das Gericht sah keinen Zusammenhang zwischen den Ausgaben (Lebensmittel, Reisen, Bewirtung) und dem satzungsmäßigen Unternehmenszweck.
Die Revision ist zwar nicht zugelassen worden, eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH ist jedoch anhängig (Az. I B 3/25).
Keine Vorsteuer bei privat veranlassten Ausgaben
Auch umsatzsteuerlich zieht das BayLfSt klare Grenzen:
Ein Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen, wenn Leistungen für die private Lebensführung der Mitglieder bezogen wurden.
Ausschlaggebend ist dabei nicht, ob die Satzung diese Ausgaben abdeckt oder ob die Genossenschaft nach außen als wirtschaftlich aktiv erscheint. Entscheidend ist allein, ob die bezogene Leistung dem unternehmerischen Bereich zuzurechnen ist. Ist dies nicht der Fall – etwa bei der Finanzierung eines Familienurlaubs – fehlt es am Recht auf Vorsteuerabzug.
Unseriöse Modelle im Internet
Im Internet kursieren weiterhin Angebote, die Familiengenossenschaften als „legalen Steuerspartrick“ vermarkten. Frei nach dem Motto: „Wer den Familienurlaub aus versteuerten Einkünften bezahlt, ist selber schuld.“ Dabei wird suggeriert, dass nahezu alle Lebenshaltungskosten über die Genossenschaft steuerfrei abgerechnet werden können.
Achtung: Solche Modelle sind nicht nur steuerlich unzulässig, sondern bergen strafrechtliches Risiko. Spätestens mit der Verfügung des BayLfSt besteht in vergleichbaren Fällen eine Offenbarungspflicht, wenn Steuerpflichtige ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung vermeiden wollen.
Fazit: Gestaltungsspielraum ja – Missbrauch nein
Die Gründung einer Familiengenossenschaft kann ein sinnvolles Gestaltungsinstrument sein – etwa zur gemeinsamen Verwaltung von Immobilien oder Beteiligungen. Nicht zulässig ist es jedoch, die Genossenschaft als „Privatkasse“ zu missbrauchen. Wer private Aufwendungen über die Genossenschaft abwickelt, riskiert nicht nur steuerliche Nachteile, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen.
Unser Tipp:
Wenn Sie eine Familiengenossenschaft gründen oder betreiben, lassen Sie Satzung, Geschäftszweck und laufende Ausgaben regelmäßig steuerlich prüfen. Nur so können Sie Haftungsrisiken vermeiden und Gestaltungsspielräume rechtssicher nutzen.
Sie haben Fragen zu Genossenschaften, verdeckten Gewinnausschüttungen oder umsatzsteuerlichen Risiken?
Wir beraten Sie gerne – kompetent, individuell und rechtssicher.
Quellen:
BayLfSt, Verfügung vom 2.4.2025 – S 7300.2.1-228/10 St33
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.1.2025 – 11 K 11042/24
FinMin Sachsen-Anhalt, Erlass vom 19.10.2023 – 42 – S 2702 – 3