Festsetzung von Verspätungszuschlägen für Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Die Frage, ob das Finanzamt Verspätungszuschläge für verspätet eingereichte Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen festsetzen darf, ist nun durch ein Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg (Urteil 12 K 1945/23 vom 15.11.2023) weiter geklärt worden. Der Fall beleuchtet die Bedingungen und Ausnahmen für die Festsetzung solcher Zuschläge, insbesondere unter Berücksichtigung der Ermessensausübung des Finanzamts.

Ermessensentscheidung oder Pflicht?

Nach den Bestimmungen des § 152 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden, wenn eine Steuererklärung nicht fristgerecht eingereicht wird. Dabei ist es in der Regel eine Ermessensentscheidung des Finanzamts, ob ein Zuschlag verhängt wird oder nicht. In bestimmten Fällen, die in § 152 Abs. 2 AO beschrieben sind, ist die Festsetzung des Zuschlags jedoch zwingend.

Im vorliegenden Fall war der Kläger als Vertreter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) für die Abgabe der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte 2020 verantwortlich. Die Erklärung wurde erst am 18.12.2022, also nach Ablauf der verlängerten Frist, eingereicht, woraufhin das Finanzamt einen Verspätungszuschlag in Höhe von 966 Euro festsetzte.

Rechtswidrigkeit der Festsetzung: Rückausnahme nach § 152 Abs. 3 AO

Das Finanzgericht gab der Klage gegen den Verspätungszuschlag statt. Die Entscheidung stützte sich auf die Rückausnahme des § 152 Abs. 3 Nr. 3 AO, wonach ein Verspätungszuschlag nicht festgesetzt werden darf, wenn die festgesetzte Steuer die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge nicht übersteigt. Das Gericht stellte fest, dass diese Regelung auch für Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gilt, da die entsprechenden Einkommensteuerbescheide der Gesellschafter als Folgebescheide herangezogen werden können.

Praktische Auswirkungen

Dieses Urteil zeigt, dass das Finanzamt auch bei verspäteten Feststellungserklärungen sorgfältig prüfen muss, ob eine zwingende Festsetzung des Verspätungszuschlags gerechtfertigt ist oder ob eine Ermessensentscheidung erforderlich ist. Der Verweis auf die Einkommensteuerbescheide der Gesellschafter als Grundlage für die Rückausnahme nach § 152 Abs. 3 Nr. 3 AO stellt sicher, dass Steuerpflichtige nicht unangemessen durch automatische Verspätungszuschläge belastet werden, wenn die tatsächliche Steuerschuld bereits gedeckt ist.

Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg, Newsletter 1/2024