Fettabsaugung kann außergewöhnlich sein

Fettabsaugung kann außergewöhnlich sein

Kernproblem
Krankheitskosten sind als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer abzugsfähig, soweit sie zwangsläufig sind und die zumutbare Eigenbelastung überschreiten. Die medizinische Erforderlichkeit von Maßnahmen lässt sich dann schwer beurteilen, wenn diese nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen. Kosmetische Operationen können z. B. infolge psychischer Erkrankung durchaus zwangsläufig sein. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat vor einigen Jahren die Aufwendungen für eine operative Fettabsaugung und Behandlung herabgesunkener Augenlider nicht anerkannt. Damals scheiterte der Abzug jedoch bereits an dem „formalisierten Nachweisverlangen“ durch amts- oder vertrauensärztliches Attest, das vor Beginn der Maßnahme eingeholt werden musste. Mittlerweile kann eine Verordnung des Hausarztes ausreichen, so dass sich die Gerichte zukünftig vielmehr mit dem Krankheitsbild auseinandersetzen müssen. Das muss aber nicht von Nachteil sein, wie ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (FG) zeigt.

Sachverhalt
Die 1968 geborene, 168 cm große und 63 kg schwere Steuerpflichtige klagte über Schwellung und Schmerzen der unteren Extremitäten wegen eines Lip-/Lymphödems beider Beine. Ein Arzt empfahl ihr die frühzeitige Behandlung zur Vermeidung von Folgeschäden. Allein die sportliche Betätigung reichte dafür nicht aus, weil das zu Schmerzen in den Fettpolstern führte. Auch den Erfolg einer Diät schloss der behandelnde Arzt wegen einer diagnostizierten Fettanlagestörung aus. Die heilende Operation und Fettabsaugung kostete 5.500 EUR, deren Berücksichtigung das Finanzamt verweigerte.

Entscheidung
Das FG ließ den Abzug der Aufwendungen zu. Eine berücksichtigungsfähige Krankheit liegt nach Auffassung der Richter dann vor, wenn es sich nicht um einen allenfalls als missliebigen anzusehenden, sondern um einen anormalen Zustand handele, der einer medizinischen Behandlung bedürfe. Liege eine Krankheit in diesem Sinne vor, entscheide allein der Steuerpflichtige, welche Aufwendungen er für die Linderung seiner Krankheit tragen wolle. Berücksichtigungsfähig seien allerdings nur medizinisch indizierte Aufwendungen, also diejenigen diagnostischen oder therapeutischen Verfahren, deren Anwendung in einem Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin vor der Durchführung der Operation keine Kostenübernahme der Versicherung geprüft habe.

Konsequenz
Das Urteil des FG ist rechtskräftig. Die sich wie ein ärztliches Gutachten lesende Urteilsbegründung zeigt, dass sich im Einzelfall mithilfe der Diagnose eines Arztes des Vertrauens ein steuerlicher Vorteil erreichen lässt. Der Amtsarzt ist nur noch in Einzelfällen Voraussetzung für den steuerlichen Abzug, z. B. bei Kuren, Psychotherapie, allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens als medizinische Hilfsmittel oder wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden.