Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass allein die Gleichstellung der Meisterqualifikation mit einem Bachelorabschluss im Deutschen bzw. Europäischen Qualifikationsrahmen nicht ausreicht, um eine ingenieurähnliche Tätigkeit im steuerrechtlichen Sinne nachzuweisen.
Hintergrund
Ein selbständiger Kfz-Meister und Kfz-Sachverständiger argumentierte, sein Meisterabschluss sei formal einem Bachelor gleichgestellt. Daraus leitete er ab, dass er über eine mit einem Ingenieur vergleichbare Vorbildung verfüge und seine Gutachtertätigkeit somit freiberuflich sei – mit der Folge, dass keine Gewerbesteuer entsteht.
Entscheidung des BFH
Der BFH widersprach dieser pauschalen Gleichsetzung:
- Eine ingenieurähnliche Tätigkeit ist nur dann freiberuflich, wenn
Ausbildung und tatsächliche Tätigkeit in Breite und Tiefe mit jener eines Ingenieurs vergleichbar sind. - Die formale Zuordnung im Qualifikationsrahmen ersetzt nicht den Nachweis der ingenieurähnlichen Kenntnisse.
- Es genügt nicht, abstrakt auf die Gleichwertigkeit „Meister = Bachelor“ zu verweisen.
Was stattdessen erforderlich ist
Der Steuerpflichtige muss konkret belegen, dass er ingenieurtypische Kenntnisse besitzt, z. B.:
✔ detaillierte technische Analysefähigkeiten
✔ Konstruktion, Berechnung, Schadensbeurteilung auf Ingenieurniveau
✔ Nachweis über Spezialausbildungen, Schulungen, Zertifikate
✔ Beispiele eigener komplexer Gutachten und technischer Bewertungen
Der BFH betont zudem:
Diese Kenntnisse müssen nicht zwingend im Rahmen eines Hochschulstudiums erworben worden sein.
Auch Selbststudium, praktische Tätigkeit oder Berufserfahrung können ausreichend sein – aber nur mit belastbarem Nachweis.
Praktische Bedeutung
- Kfz-Sachverständige können freiberufliche Einkünfte erzielen – aber nur, wenn sie ihre ingenieurähnliche Qualifikation belegen.
- Gelingt der Nachweis nicht, gelten die Einkünfte als gewerblich → Gewerbesteuerpflicht.
- Reine Verweisstruktur auf Qualifikationsrahmen genügt nicht.
Empfehlung für die Praxis
Wer als Kfz-Sachverständiger freiberuflich anerkannt werden will, sollte:
📌 die eigene technische Qualifikation schriftlich dokumentieren
📌 Arbeitsproben, Gutachten, Fortbildungsnachweise sammeln
📌 Tätigkeitsbeschreibung auf Ingenieurniveau formulieren
📌 ggf. ergänzende Zertifizierungen einholen (z. B. DEKRA, TÜV)
Fazit
Eine ingenieurähnliche Tätigkeit ist möglich, aber muss individuell nachgewiesen werden.
Der Meistertitel allein schafft keinen automatischen Freibrief in die Freiberuflichkeit.